Jubiläum Zum 80. Geburtstag von Elke Heidenreich

Die Literatursendung „Lesen“ war Heidenreichs größter Erfolg.
Die Literatursendung »Lesen« war Heidenreichs größter Erfolg.

Elke Heidenreich, die heute 80 Jahre alt wird, hat Fernsehsendungen moderiert und Bücher geschrieben, vor allem aber hat sie Bücher empfohlen. Im dpa-Gespräch blickt sie auf ihr Leben zurück und zieht Bilanz – von ihrem einstigen Streit mit dem ZDF bis zu verflossenen Lieben.

Treffpunkt für das Gespräch mit ihr ist die Wolkenburg, ein kleiner barocker Gutshof mitten in der spröden Nachkriegsarchitektur der Kölner Innenstadt. Elke Heidenreich mag dieses Schmuckkästchen, sie hat hier oft Lesungen abgehalten. „Die Frauen in unserer Familie altern nicht“, sagt sie. „Wir kriegen keine grauen Haare, wir kriegen keine Falten. Wir fallen eines Tages um.“ Aber natürlich, auch sie spürt ihr Alter. „Ich spüre es beim Aufstehen. Ich spüre es bei Anstrengungen. Ich spüre es auch seelisch, ich breche viel öfter in Tränen aus bei traurigen Sachen. Ich habe nicht mehr die Kraft von früher.“

Elke Heidenreich - was ist sie eigentlich genau? Journalistin, Kolumnistin, Moderatorin, Schriftstellerin, Rezensentin, Kabarettistin, Librettistin ...? In erster Linie ist sie Elke Heidenreich. Sie definiert sich nicht über eine bestimmte Funktion, sie ist einfach sie selbst. Für viele Menschen in Deutschland, vor allem für ältere und da wiederum ganz besonders für ihre Leserinnen, ist sie eine Institution. Sie hat sie durch ihr Leben begleitet. Bekannt wurde sie in den 70er und 80er Jahren als Moderatorin von Talkshows wie „Kölner Treff“, vor allem aber mit einer der ersten weiblichen Comedy-Figuren, der Metzgersgattin Else Stratmann aus Wanne-Eickel.

Die Literatursendung „Lesen“

Ihren größten Fernseherfolg hatte sie mit der Literatursendung „Lesen!“. Damals konnte sie unbekannte Bücher in die Kamera halten und sagen „Leute, kaufen und lesen!“ Und die Leute taten das dann. Doch nach gut fünf Jahren ging sie 2008 im Streit mit dem ZDF auseinander. „Ich fühlte mich nicht gut behandelt, unter anderem weil der Sendeplatz ständig gewechselt wurde. Inhaltlich hatte ich recht, finde ich nach wie vor, aber ich habe das zu undiplomatisch gesagt. Meine Art war zu pampig. Ist bei mir oft so. Danach habe ich eine Weile geschmollt und getrauert, aber im Rückblick war ich froh. Denn ich war auch erschöpft. Ich konnte nicht mehr.“

Schon als Kind im Ruhrgebiet war Lesen ihr „großes Glück“. So konnte sie die raue Welt um sich vergessen. „Meine Eltern waren getrennt, meine Mutter musste arbeiten, und ich war immer allein. Ich habe mich zu Hause einfach nicht wohlgefühlt.“ Von Anfang an traf sie aber auch Menschen, die ihre besonderen Fähigkeiten erkannten und sie förderten. Zum Beispiel ihre Handarbeitslehrerin, die die Parole ausgab: „Alles häkelt, Elke liest!“ Sie hat dann laut vorgelesen. „So hab ich das gelernt - gut zu lesen.“

Der Blick zurück

Im Alter blickt man zurück, und wenn sie das tut, macht sie das, was sie sieht, nicht unbedingt froh. „Ich sehe jetzt mit großem Kummer, dass die goldenen, sicheren Jahre vorbei sind und überall Regierungen an die Macht kommen, die weit entfernt sind von dem, was wir Demokratie nennen. Das ist schon traurig.“ Sogar nach Italien, wo sie früher ein Ferienhaus hatte, zieht es sie nicht mehr, solange dort die Rechtspopulistin Giorgia Meloni regiert.

Im persönlichen Bereich ist die Bilanz positiver. „Man nimmt Glück ja immer erst im Rückblick wahr. Auch bei Lieben, die auseinandergehen. Erstmal ist man froh - oder wütend. Und wenn es lange vorbei ist und geheilt, dann sieht man die glücklichen Jahre. Ich denke an meinen Mann, von dem ich geschieden bin. Wir haben keinen Kontakt mehr, wir sind auch keine Freunde mehr, aber wir hatten 25 Jahre eine wunderbare Ehe. Das weiß ich jetzt, und dafür bin ich ewig dankbar.“

x