Rheinpfalz Forderung mit Zündstoff

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MAINZ. Seit Beginn des Jahres verhandeln das Land und die Kommunen einmal mehr um die Verteilung des lieben Geldes. Dabei fordern die Kommunen auch eine Ausweitung des 2010 vereinbarten Entschuldungsfonds. Er verfehlt in vielen Kreisen und Städten sein ursprüngliches Ziel, die sogenannten Kassenkredite abzubauen.

Hauptgegenstand der Gespräche ist der kommunale Finanzausgleich. Anfang 2012 hatte der Verfassungsgerichtshof das Land dazu verurteilt, den Kommunen spürbar mehr Geld zu geben. Städte, Kreise und Gemeinden finanziell knapp zu halten, behindere die Selbstverwaltung und verstoße gegen die Verfassung, so die Urteilsbegründung. Als Konsequenz regelte das Land Anfang 2014 den kommunalen Finanzausgleich neu, also die Verteilung des Geldes zwischen Land und Kommunen sowie unter den Kommunen. Nach damaliger Darstellung der Regierung sollten die Kommunen bis 2016 in drei Schritten fast eine halbe Milliarde Euro mehr erhalten. Profitieren sollten dabei vor allem die kreisfreien Städte und Landkreise, weil sie die Last der Sozialleistungen zu tragen haben. Das Gesetz sieht vor, dass Land und Kommunen die Reform des Finanzausgleichs nach drei Jahren gemeinsam unter die Lupe nehmen. Diese Gespräche haben Anfang des Jahres begonnen und werden nach Einschätzung von Ernst Beucher, Geschäftsführender Direktor des Landkreistags, bis nach der Sommerpause andauern. Aus Sicht der Landesregierung hat sich die Finanzlage der Kommunen positiv entwickelt. So hat das SPD-geführte Finanzministerium darauf verwiesen, dass die Kommunen in den vergangenen beiden Jahren unter dem Strich ungefähr so viel Geld eingenommen wie ausgegeben hätten. Allerdings hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wiederholt eingeräumt, dass vor allem Kreise und Städte mit hohen Lasten durch Sozialausgaben weiterhin tief in den roten Zahlen stecken. Sie dürften auf mehr Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich hoffen. Die kommunalen Spitzenverbände stehen hingegen auf dem Standpunkt, das Land müsse den Kommunen mehr Geld überweisen, um die Vorgaben der Verfassungsgerichtshofs zu erfüllen. Beucher bezifferte die Finanzierungslücke auf rund 300 Millionen Euro jährlich. Mehr Zündstoff dürfte eine weitere Forderung der Kommunen bergen: Sie wollen den Entschuldungsfonds ausweiten. Er greift seit 2012. Der Grundgedanke: Teilnehmende Gemeinden verpflichten sich zu strenger Sparsamkeit, dafür erhalten sie Unterstützung beim Abbau der Kassenkredite. Es handelte sich dabei um Darlehen, die eigentlich nur zur kurzfristigen Überbrückung von Finanzierungsengpässen erlaubt sind, von den klammen Kommunen seit Jahren jedoch zur Finanzierung der laufenden Ausgaben aufgenommen werden. Als der Fonds 2010 beschlossen wurde, hatten sich die Kassenkredite der rheinland-pfälzischen Kommunen auf 4,6 Milliarden Euro summiert. Dieser Schuldenberg sollte bis 2026 weitgehend abgetragen werden. Zahlen müssen die teilnehmenden Gemeinden. Sie erhalten allerdings je ein Drittel „Zuschuss“ vom Land beziehungsweise aus dem Topf des kommunalen Finanzausgleichs. Rund 680 Kommunen haben sich an dem Fonds beteiligt. Ende 2015 hatten 72 davon ihre Kassenkredite bereits zurückgezahlt. Unter dem Strich verfehlt der Entschuldungstopf allerdings sein Ziel. Es sei dennoch nicht wirkungslos, sagen Beucher und Bernhard Matheis (CDU), Präsident des Städtetags und Pirmasenser Oberbürgermeister. Pirmasens zum Beispiel blieben durch den Fonds bis 2026 rund 150 Millionen Euro zusätzlicher Schulden erspart. Von Abbau auf breiter Front kann jedoch keine Rede sein. Bei vielen Kommunen wächst das Defizit schneller, als die Entschuldung durch den Fonds vorangeht. Insgesamt summieren sich die Kassenkredite inzwischen auf knapp sieben Milliarden Euro. Im Ländervergleich ist nur im Saarland die Verschuldung pro Einwohner mit Kassenkrediten höher. Aus Sicht der Kommunen muss dieses Thema nun wieder mit auf den Tisch. Alle Kassenkredite sollten in einen Topf, die betroffenen Kommunen also mit einem Schlag davon befreit werden, fordert Matheis. Die Übernahme von Schulden der Kommunen durch das Land sei nicht geeignet, die Finanzsituation von Städten und Kreisen nachhaltig zu verbessern, konterte das Finanzministerium. Unterstützung bekamen die Kommunen von der CDU-Opposition im Mainzer Landtag. Die kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion, Anke Beilstein, forderte einen „echten Entschuldungsfonds“, für den die Regierung Geld des Landes in die Hand nehmen müsse. Bisher würden zwei Drittel der Entschuldung von den Kommunen selbst getragen, sie sollten sich also am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, kritisierte die Abgeordnete.

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