Karlsruher Fächer Barrierefreiheit: Neue Ansagen in der Bahn

Der Pfälzer Bahnhof in Karlsruhe.
Der Pfälzer Bahnhof in Karlsruhe.

Muss das sein? Das fragten sich in dieser Woche einige Stadtbahnnutzer, als sie erstmals im Karlsruher Tunnel die Durchsagen mit Hinweisen zu den gerade einfahrenden Bahnen hörten.

Tatsächlich braucht Mensch, sofern er oder sie gesund ist und lesen kann, keine zusätzliche Durchsage. Doch Menschen mit Sehbehinderung begrüßen den neuen Service ausdrücklich. Gerade in Karlsruhe, wo im Gegensatz zu vielen anderen U-Bahnen der Welt, viele verschiedene Bahnen das gleiche Gleisnetz nutzen. Allein schon, dass die Frage nach Sinn und Unsinn von Durchsagen gestellt wird, versehen mit einem „ich brauche es nicht“, zeigt, wie ich-orientiert manche Menschen ticken. Sich in Bedürfnisse anderer Menschen hineinzuversetzen, scheint altmodisch. Natürlich können Sehbehinderte andere Fahrgäste fragen, welche Bahn denn da gerade einfährt – und das machen sie recht oft – doch gerade „wir“ Männer wissen doch auch, wie schwer wir uns tun, jemand anderes nach dem richtigen Weg zu fragen.

Zu viel Betrieb?

Für Unruhe sorgen aktuell auch die türkischen Präsidentschaftswahlen. Vor dem türkischen Generalkonsulat in der Oststadt gibt es erhöhtes Verkehrsaufkommen – und damit Klagen über einen vermeintlichen „Ausnahmezustand“. Nun sieht echter Ausnahmezustand sicherlich ganz anders aus, als die verstärkte Suche nach Parkplätzen und sicherlich hätte das Generalkonsulat wohl verträglichere Lösungen finden können, doch letztlich geht es hier um die Wahrnehmung demokratischer Rechte. Das kann durchaus unbequem sein. Fünf Tage lang, so lange dauert die Stichwahl, sollte das aber auszuhalten sein. Selbst wenn es aus Sicht vieler Deutscher ärgerlich ist, wem da die in Deutschland lebenden Türken mehrheitlich die Stimme geben. Besorgnis erregender sollte eigentlich sein, dass Menschen aufgrund im Internet kursierenden Informationen und Manipulationen ihre Meinung bilden und entsprechend abstimmen. Mehrheitlich anders als jene, die unter den herrschenden Verhältnissen tatsächlich leben müssen. Dieses bedenkliche Phänomen, dass Menschen den meinst ungeprüften Äußerungen und Meinungen im Internet mehr Glauben schenken, als dem, was beispielsweise täglich in der Zeitung steht. Das muss, wenn uns unsere freiheitlich demokratische Grundordnung etwas wert ist, zu denken geben.

Aus ohne Applaus

Viele Jahre lang saß Paul Kaufmann im Minfelder Gemeinderat, in Karlsruhe ist er aber vor allem als Buchhändler bekannt. Seit 1986 bis Dezember vergangenen Jahres leitete er die Stephanus-Buchhandlung in der Herrenstraße, außerdem war er von Beginn an Mit-Organisator der Karlsruher Bücherschau. Am Dienstag war eine Lesung mit Schriftsteller Rafik Schami der letzte offizielle Termin Kaufmanns als Literaturvermittler. Schami gilt als begnadeter Erzähler und hat bereits gut drei Dutzend Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, darunter auch den Kunstpreis Rheinland-Pfalz. Schon vor über 40 Jahren lernten sich Schami und Kaufmann kennen und der syrisch-deutsche Schriftsteller war einer der ganz frühen Autoren, mit denen Kaufmann eine Lesung veranstaltete. Jetzt hat sich der Kreis also geschlossen. Kaufmann nutzte die Chance, um nochmals Frust abzulassen. Im vergangenen Jahr musste die Bücherschau abgesagt werden, weil die Stadt Karlsruhe sich nicht in der Lage sah, die Traditionsveranstaltung finanziell stärker als bisher zu unterstützen. Ob es je eine Neuauflage geben wird, steht in den Sternen. Kaufmann ärgert dies. Es sei „lächerlich, ein Unding“, dass die Stadt für alle möglichen und unmöglichen Dinge sehr viel Geld ausgebe, einer Literaturveranstaltung, die jährlich über 30.000 Menschen anzog und die kostenlose Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche anbot, aber die kalte Schulter zeigt. Das kann man so stehen lassen.

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