Wörth Hochwasser bedroht Altort: Anfangs Evakuierung geplant

Mit großen Pumpen wird Wasser aus dem Heilbach in den Schauffele-See gepumpt.
Mit großen Pumpen wird Wasser aus dem Heilbach in den Schauffele-See gepumpt.

Weit über 200 Einsatzkräfte aus halb Deutschland bewahrten Altwörth vor einer Evakuierung. Ein Rückhalte-Becken wurde teilweise geöffnet. Ein Dammbruch drohte aber nicht.

Am Freitagabend wurde die Bevölkerung im Altort von Wörth von der örtlichen Feuerwehr mit Durchsagen und einem Klingeln an der Haustür gewarnt, sie sollte ihre Sachen aus den Kellern räumen. Zudem konnten sie sich Sandsäcke an der Ausgabestelle am Lidl-Parkplatz – zehn Stück pro Bürger – abholen. Am Samstagmorgen die nächste Überraschung: Die Zufahrt und der Zugang zum Netto-Markt war nicht möglich. Dieser war deshalb auch ganz geschlossen.

Das Wasser im Heilbach stieg bis an die Rückwand des Aldi-Gebäudes.
Das Wasser im Heilbach stieg bis an die Rückwand des Aldi-Gebäudes.

Was war passiert? Betriebsleiter Wolfgang Reichel vom Zweckverband Untere Rheinniederung hatte Wehrleiter Jürgen Stephany am Freitag angerufen und ihm das Problem mit dem Heilbach in Wörth bei den starken Regenfällen und der bedrohlichen Lage in Hagenbach verdeutlicht.

Der Container ist Teil des „Hytrans Fire Systems“ der Feuerwehr Karlsruhe, ein spezielles Wasserförderngssystem für Katastrophen
Der Container ist Teil des »Hytrans Fire Systems« der Feuerwehr Karlsruhe, ein spezielles Wasserförderngssystem für Katastrophenlagen.

Der Wehrleiter erläuterte der RHEINPFALZ im Gespräch: „Bekannt war, dass der Bienwald voll mit Flächenwasser war und dadurch die Frage aufgeworfen wurde: Wie wirkt sich das aus? Wie agieren wir, um Zeit zu gewinnen, um das Rückhaltebecken nicht volllaufen zu lassen und damit der Ort nicht überschwemmt wird - waren die Überlegungen“, sagt Stephany. Angestellt wurden sie von Führungsstaffel der Wörther Feuerwehr, die sich um 16.20 Uhr im Feuerwehrhaus traf und gegen 17 Uhr zusammen mit der technischen Einsatzleitung des Landkreises einsatzbereit war, so Stephany. Anfangs wurde auch die Evakuierung von 1500 Menschen in Betracht gezogen, so die Kreisverwaltung.

Die Rückwand des Aldi-Gebäudes am Heilbach.
Die Rückwand des Aldi-Gebäudes am Heilbach.

„Pegel in Wörth kontrollieren“

Die Aufgabe lautete: „Die Pegel in Wörth kontrollieren und so hoch wie möglich ansteigen lassen bis zum Schließen des Rückhaltebeckens. Um das soweit wie möglich zu halten, muss aus dem Heilbach Wasser gepumpt werden. Dazu mussten wir das THW (Technisches Hilfswerk) mit ins Spiel nehmen, da die Feuerwehr diese Pumpen in dieser Größe nicht besitzt“, erklärt Stephany.

Eine Pumpe auf der Brücke über den Heilbach in der Hagenbacher Straße.
Eine Pumpe auf der Brücke über den Heilbach in der Hagenbacher Straße.

Das THW erschien dann mit bis zu 15 Ortsverbänden aus den verschiedensten Regionen mit speziellen Fahrzeugen. Noch in der Nacht begannen sie, Wasser aus dem Heilbach in den Schauffele-See zu pumpen. Die Kräfte kamen aus beinahe halb Deutschland: Groß-Umstadt, Neu Isenburg, Erlensee, Lampertheim, Alsfeld, Bad Orb, Germersheim, Frankfurt am Main, Kassel, Melsungen, Wolfhagen, Landau, Geisenheim, Bad Homburg, Homberg.

Mit Schläuchen wird das Wasser von der Rückseite des Aldi-Gebäudes in den Schauffele-See abgeleitet.
Mit Schläuchen wird das Wasser von der Rückseite des Aldi-Gebäudes in den Schauffele-See abgeleitet.

63.000 Liter pro Minute

Am Samstag nach 20 Uhr war der aktuelle Pumpenstand bei 63.000 Liter pro Minute in den Schauffele. Als Präventionsmaßnahme wurde Wasser vom Schauffele auch am Weidegraben in den Wörther Altrhein geleitet. „Weil noch viel Flächenwasser vom Bienwald kommt, wird immer noch gepumpt, der Pegel im Bereich von 1,40 bis 1,50 Meter gehalten, um den Puffer im Rückhaltebecken ebenso zu halten. Dieses ist zu 70 Prozent geschlossen, zu 30 Prozent offen. Am Schluss müssten wir bis Montag einen sicheren Pegel haben,“ sagt Stephany, dessen Feuerwehrleute im Schichtbetrieb im Einsatz sind. Ein Dammbruch oder ein Überlaufen des Rückhaltebeckens drohte laut Feuerwehr nicht. Hier handele es sich um ein Gerücht beziehungsweise eine Falschmeldung.

Vorsichtsmaßnahme: Wenn alle Stricke reißen, bleibt den Anwohner immer noch der Sandsack.
Vorsichtsmaßnahme: Wenn alle Stricke reißen, bleibt den Anwohner immer noch der Sandsack.

Wohnheim geräumt

Im Altort von Wörth habe die Feuerwehr keine Keller-Einsätze gehabt, im Brückfeld kleinere. Da das Wasser auf der Hagenbacherstraße und auf den Wiesen immer höher wurde, wurde in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe das Wohnheim geräumt. 16 Bewohner kamen in der Keltenstraße unter, die anderen in Kandel im Wohnheim, wo sie auch über Nacht blieben. Die THW-Kräfte wurden in der Rheinhalle in Maximiliansau untergebracht. Die Bienwaldhalle wurde für eine eventuelle Evakuierung des Altorts frei gehalten.

„Wir haben Schaden abgewendet und werden bis Montag pumpen“, gibt sich Stephany erleichtert. Am Samstag gegen 21 Uhr waren noch 111 Feuerwehrleute im Einsatz, in der Spitze waren es 180 – unterstützt von allen Feuerwehren der Verbandsgemeinden und der Berufsfeuerwehr aus Karlsruhe sowie vom THW, DRK, den Maltesern und der DLRG. Alleine aus Wörth waren es etwa 60 Feuerwehrleute. Insgesamt müssen es weit über 200 Helfer gewesen sein.

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