Kreis Germersheim Kreisverwaltung: Kein Freispruch für den freien Tag
Vier Tage war die Kreisverwaltung Germersheim zwischen Weihnachten und Silvester 2022 geschlossen. Die Begründung damals: Heizkosten sparen. Der Nachteil: Viele Bürger haben Betriebsferien, wer die freie Zeit für einen Behördengang nutzen wollte, stand vor verschlossenen Türen. Die Kreisverwaltung hatte eben auch Betriebsferien. Aber nicht ganz: Ein Tag wurde nicht auf das Arbeitszeitkonto der gut 500 Beschäftigen angerechnet. Er wurde ihnen von ihrem Dienstherrn Landrat Fritz Brechtel (CDU) quasi geschenkt.
Ausgefallene Arbeitszeit teurer als Heizkosten
Der Haken: Weder im Beamtenrecht noch im Tarifvertrag für die Angestellten im öffentlichen Dienst gibt es eine Rechtsgrundlage für einen solchen freien Tag. Das hat der Rechnungshof festgestellt. Auch die Begründung, es sollten Heizkosten gespart werden, lässt der Rechnungshof nicht gelten: „Losgelöst von den arbeitszeitrechtlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen ist eine Dienstbefreiung ohne Verpflichtung zur Nacharbeit mit dem Gebot einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung nicht vereinbar“, schreibt er.
Selbst wenn durch den arbeitsfreien Tag Minderungen bei den Heizkosten erzielt würden, dürften diese den Betrag bei Weitem nicht erreichen, der dem Wert der ausfallenden Arbeitszeit entspricht, argumentieren die Rechnungsprüfer. Eine Abschätzung, was die verschenkte Arbeitszeit wert war, ist einfach: Bei rund 500 Beschäftigten und 230 Arbeitstagen im Jahr entspricht die ausgefallene Arbeitsleistung dem, was auf etwas mehr als zwei Vollzeit-Stellen in einem Jahr gearbeitet wird.
Personalrat hat sogar 4 Tage gefordert
Öffentlich bekannt wurde all dies im Dezember 2023. Bürgermeister Dennis Nitsche (Wörth, SPD) hatte nämlich beim Rechnungshof nachgefragt und das Thema dann im Kreistag zur Diskussion gestellt. Brechtel nannte darauf neben den Heizkosten weitere Begründungen für den freien Tag:
– die Beschäftigten der Kreisverwaltung hätten nach den Corona-Belastungen eine längere Auszeit gebraucht,
– der freie Tag sollte nach den Corona-Belastungen ein Dankeschön an die Mitarbeiter sein,
– der freie Tag sollte ein Ausgleich für die wegen Corona ausgefallenen Betriebsausflüge sein,
– und der Personalrat hätte sogar 4 freie Tage gefordert.
Darauf wanderte die Angelegenheit zur Oberen Kommunalaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Neustadt. Die hat den Fall jetzt abgeschlossen. „Da für die gewährte Dienst-/Arbeitsbefreiung für die Bediensteten der Kreisverwaltung Germersheim keine entsprechende Rechtsgrundlage vorliegt, wurde diese Vorgehensweise aufsichtsbehördlich ausdrücklich missbilligt und mitgeteilt, dass in Zukunft von solchen Vorhaben abzusehen ist“, so eine ADD-Sprecherin auf Anfrage der RHEINPFALZ.
Brechtel: Mache ich nicht wieder
Landrat Brechtel teilt auf Anfrage der RHEINPFALZ mit, dass er die Missbilligung zur Kenntnis genommen habe. Die Freistellung sei als Ausgleich für den pandemiebedingten Ausfall des jährlichen Betriebsausflugs 2020 bis 2022 erfolgt. „Rechtsauffassung der Kreisverwaltung war es, dass diese Entscheidung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände im Rahmen des Direktionsrechtes des Landrates liegt. Der Personalrat des Hauses war in diese Entscheidung eingebunden“, so Brechtel. Er fügt hinzu, dass er von derartigen Vorhaben künftig absehen wird. Eine Wiederholung wäre auch schwer möglich: Brechtel wird Ende November aus dem Amt ausscheiden.