Kreis Kusel Unmut über Personalentscheidungen

Die Personalentscheidungen am Pfalztheater sorgen für Unruhe nicht nur im Ensemble.
Die Personalentscheidungen am Pfalztheater sorgen für Unruhe nicht nur im Ensemble.

Hinter den Kulissen des Pfalztheaters Kaiserslautern rumort es. Der künftige Chef hat die Verträge zahlreicher Ensemblemitglieder nicht verlängert, so dass deren Engagement zum Ende der Saison 2022/23 abläuft. Das ist in der Theaterbranche nicht ungewöhnlich. Dennoch herrscht Unmut, sogar von sozialen Härtefällen ist die Rede.

Betroffen ist die Hälfte der aktuellen Bühnenbelegschaft. Intern soll ein anonymes Flugblatt kursieren, in dem die Personalentscheidungen scharf kritisiert werden. Zu einer öffentlichen Stellungnahme gegenüber der RHEINPFALZ ist bislang niemand aus dem Ensemble bereit. Der Personalrat ließ eine Rückrufbitte unbeantwortet. Zurzeit befindet sich das Theater in der Sommerpause.

Urheber der Querelen ist Johannes Beckmann, der 2023 die künstlerische Leitung des Lauterer Thalia-Tempels übernimmt. Dann wird auch der neue Schauspieldirektor Stephan Beer sein Amt antreten. Vorerst amtiert ein dreiköpfiges „Interims-Direktorium“, nachdem sich der bisherige Intendant Urs Häberli soeben von Kaiserslautern verabschiedet hat.

Beckmann und Beer, die sich mit Generalmusikdirektor Daniele Squeo abgestimmt haben, stellen bereits jetzt die Weichen fürs kommende Jahr. Die Aufregung um die vorweg genommenen Personalentscheidungen kann Beckmann nicht verstehen. „Es ist etwas völlig Normales am Theater“, sagt er auf RHEINPFALZ-Anfrage. „Es geht nicht um Stellenabbau und es gibt auch keine Kündigungen.“

Vielmehr handele es sich ums Auslaufen befristeter Verträge. Wer länger als 15 Jahre an einem Theater engagiert ist, hat Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung – eine Art Unkündbarkeit, die allerdings nicht zwingend an die bisherige Tätigkeit geknüpft ist. Beckmann räumt ein, von den aktuellen Entscheidungen seien „Leute betroffen, die man lange auf der Lauterer Bühne gesehen hat“.

Ihm sei „klar, dass das für Betroffene nicht angenehm ist“: „Aber für jeden, der geht, kommt ja ein neuer Kollege.“ Nach dem Tarifrecht hätte er die ausscheidenden Bühnenkünstler erst im kommenden Oktober über seine Entscheidung informieren müssen. Er habe frühzeitig Klarheit schaffen wollen, „um ihnen eine neue Orientierung zu erleichtern“.

Beckmann betont, dass es „Anhörungsgespräche mit allen Betroffenen“ gegeben habe. In vier Fällen habe er seine Entscheidung revidiert und sich zur Weiterbeschäftigung entschlossen. Die Mitglieder des Schauspiel- und des Opernensembles seien bereits informiert, mit dem Ballett dauerten die Gespräche noch an.

„Es geht nicht darum, dass bestimmte Kollegen schlecht sind“, bekräftigt der künftige Theaterdirektor. „Aber natürlich spielen unsere Vorhaben und bestimmte Projekte eine Rolle. Am Ende ist die Frage, habe ich ausreichend abgewogen, alle Argumente in die Waagschale geworfen und vernünftige Entscheidungen getroffen.“

Er bemühe sich „um größtmögliche Fairness in einem schwierigen Prozess“, den er „so transparent wie möglich“ gestalten will. „Mit vielen Kollegen, die jetzt schon da sind, werden wir weiter zusammenarbeiten“, sagt Beckmann. „50 Prozent des Ensembles werden ja übernommen.“ Über ein anonymes Flugblatt, das von einer „Kündigung für alle“ spreche, habe er sich „wahnsinnig geärgert“.

Träger des Pfalztheaters ist der Bezirksverband Pfalz. Der hat wegen des Intendantenwechsels allen Theatermitarbeitern eine „Beschäftigungsgarantie bis Sommer 2023“ gegeben, wie Bezirkstags-Vorsitzender Theo Wieder erklärt: „Alle Fragen, die darüber hinaus gehen und den künstlerischen oder betrieblichen Sektor betreffen, obliegen dem neuen Direktorium.“ Der Träger habe „die Rahmenbedingungen zu gestalten, nicht aber künstlerische Fragen“. Zugleich betont Wieder: „Wechsel an einem Theater gibt es immer. Zu den Motiven der aktuellen Wechsel war und ist mir nichts bekannt.“

Zwiespältig äußert sich der Vorsitzende des Fördervereins „Freunde des Pfalztheaters“, Michael Krauß: „Natürlich lebt ein Theater vom Wechsel. Aber es stellt sich die Frage, wie vielen Ensemblemitgliedern der Vertrag nicht verlängert wird.“ Krauß billigt „die Entscheidung einzig und allein dem künstlerischen Direktor“ zu. Über die aktuellen Ereignisse hätten schon „gut informierte Vereinsmitglieder ihren Unmut zum Ausdruck gebracht“, einige ihre Mitgliedschaft in Frage gestellt.

Nach Einschätzung des Vereinsvorsitzenden ist „dieses Vorgehen an deutschen Theatern leider üblich“ und werde von den „Beschäftigten nicht grundsätzlich hinterfragt“. Krauß weiter: „Persönlich berührt es mich zutiefst, wenn langjährige Ensemblemitglieder, die ich als künstlerisch vielseitig erlebe, nun ihren Job verlieren. Kurz vor der Unkündbarkeit ist das besonders tragisch.“

Der Theater-Freundeskreis werde „selbstverständlich mit Beginn der neuen Spielzeit das Gespräch mit Herrn Beckmann suchen“, so Krauß. Darüber hinaus plane der Förderverein eine baldige Podiumsdiskussion im Rahmen des „Talks unter Freunden“, die den aktuellen Personalentscheidungen gewidmet werden soll.

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