Mittagstisch In der Keysermühle kommt fast kein Fleisch mehr auf den Tisch

Servicekraft Jaqueline Bürger sorgt sich um das Wohl der Gäste.
Servicekraft Jaqueline Bürger sorgt sich um das Wohl der Gäste.

Schnitzel mit Pommes und Soße, Bratwurst, Saumagen? Das wird in der Pfalz an jeder Ecke angeboten. Aber da muss es doch noch was anderes geben. Im Stiftsgut Keysermühle ist dies der Fall.

Das Stiftsgut Keysermühle im Herzen von Klingenmünster, ein Inklusionsbetrieb, setzt mit seinem Mittagstisch seit Mitte März konsequent auf vegetarische und vegane Kost. Zwei Gerichte für je 15 Euro stehen montags bis freitags auf der Speisekarte.

So ist es auch an diesem Tag, als ich mit meinem Begleiter im Restaurant Freiraum am Tisch Platz nehme, unter hohem Glasdach mit Blick auf den üppig grünenden Stiftspark. Wir sind – gleich zugegeben – beide keine Vegetarier, aber neugierig genug, uns auf neue Genüsse einzustellen. So wird beides bestellt: Es gibt Risotto mit Kräuterseitling, Ofentomaten und Rucolapesto (vegetarisch) und Mexicana-Bowl mit Bohnen, Quinoa, Salsa und Limettensauce (vegan).

Gerichte mit vielen Kräutern gewürzt

Bevor die Gerichte am Tisch serviert werden, kann man sich am Salatbuffet bedienen. Etwas enttäuscht schauen wir auf drei Schüsselchen mit Blattsalat, Karotten und einer Radieschen-Gurken-Apfel-Mischung. Dieses Angebot sei nachhaltig, wird uns später Christiane Steinmetz, Geschäftsführerin der Keysermühle, erklären. Salat ist nicht wiederverwertbar, man wolle so wenig wie möglich wegwerfen. Nicht gespart wird bei den Hauptgerichten, die schmackhaft sind, mit knackigen Zutaten, mit vielen Kräutern gewürzt. Es schmeckt, wir haben nichts auszusetzen.

Zuständig für die fleischlosen Genüsse ist Xuan Hung Nghiem. Seit einem Jahr arbeitet der freundliche vietnamesische Koch in der Keysermühle. Vom westfälischen Münster, wo er ein Restaurant führte, sei er deswegen nach Klingenmünster gewechselt, weil er hier seine Ideen über vegetarische Ernährung konsequent umsetzen könne, erzählt er. „Und er hat mich überzeugt, ganz auf vegane und vegetarische Gerichte zu setzen“, sagt Christiane Steinmetz.

Zum Bankett gibt es auch Fleisch

In der Keysermühle, die schon früher überwiegend pflanzliche Gerichte auf der Speisekarte hatte, kommt seit Anfang des Jahres also generell kein Fleisch mehr auf den Tisch. Einzige Ausnahme: wenn es zum Bankett bei Familienfesten ausdrücklich gewünscht wird. Denn wenn geheiratet oder Geburtstag gefeiert wird, ist eben immer noch oft der Onkel dabei, der ein ordentliches Stück Braten will.

Aber das ist wie gesagt die Ausnahme. Xuan Hung Nghiem, der gemeinsam mit Monika Drobek in der Restaurantküche das Sagen hat, nimmt es genau mit der pflanzlichen Kost. Die Zutaten dafür kommen häufig aus der Region und manchmal sogar ganz aus der Nähe. Auch wenn das mehr Mühe macht. Im Garten des Stiftsparks werden die Kräuter, zum Beispiel Schnittlauch und Spitzwegerich, selbst gezogen. Dort sprießt auch ein Bäumchen, das demnächst reiche Früchte tragen soll: Chayote ist eine tropische Rankpflanze, deren Früchte wie Kürbisse aussehen und ähnlich wie Kohlrabi schmecken. Bis zu 200 Stück reifen an einem Baum. Der Koch schwört auf Chayote und so wird man die hierzulande unbekannte Frucht wohl bald auf der Speisekarte finden.

Weiterer Koch gesucht

Ein dritter Koch oder eine Köchin wird übrigens dringend gesucht. Erst wenn diese Person, die natürlich Erfahrung mit fleischloser Kost haben soll, gefunden ist, könnten auch abends wieder Restaurantgäste von außerhalb empfangen werden, sagt Steinmetz. Zurzeit werden nur Seminarteilnehmer am Abend verpflegt.

Zurzeit sind 65 bis 70 Prozent der Zutaten regional, sagt Christiane Steinmetz. Das Ziel sei, bis auf 80 Prozent zu kommen. Grundsätzlich wird immer verarbeitet „was gerade wächst“. Das Angebot auf der Karte, das die beiden Köche ausgetüftelt haben, ist also abhängig von der Saison und wiederholt sich ungefähr alle drei Wochen. Manches klingt sehr exotisch und ist es wohl auch: Mariniertes Gemüse, Falafel und Hummus mit grüner Tahini-Sauce; Buddha-Bowl mit Kichererbsen, Tofu, Kohlrabi und Quinoa. Andere Gerichte kommen den Gästen eher bekannt vor: Kohlrouladen mit Kartoffelpüree oder Chili sin carne mit Naturreis.

Man wende sich an „Menschen, die bewusst genießen wollen“, erklärt Steinmetz. Die seien aber auch oft sehr empfindlich und nähmen es genau mit dem Veganismus. So werden sogar unterschiedliche Schneidebretter verwendet: grüne für Gemüse und rote für das Fleisch, das für die Bankette hergerichtet wird.

Erdbeer-Stracciatella-Torte zum Schluss

Wer sind die typischen Gäste? In der Keysermühle finden viele Tagungen und Seminare statt. Die Teilnehmer profitieren von der vegetarischen Mittagspause, bedienen sich selbst vom Buffet. Dann gibt es Besucher aus Städten wie Karlsruhe oder Pirmasens, die bewusst das vegetarische und vegane Angebot suchen. In der Saison hofft Christiane Steinmetz auf touristische Gäste, aber auch auf Einheimische, die gern auf der großen Terrasse im Park sitzen und die grüne Umgebung genießen. „Manche sagen: Das Vegetarische nehm ich halt in Kauf. Aber dann merken sie, es fehlt gar nichts – und kommen wieder“.

Die Speisen können auch abgeholt und mitgenommen werden. Dabei gilt das Rebowl-Pfandsystem. Es handelt sich um wiederverwendbare Behältnisse aus recycelbarem Plastik, die auslaufsicher und spülmaschinenfest sind. Wer nach dem Mittagstisch lange genug im Freiraum sitzen bleibt, kann von dem nachmittäglichen Kuchenangebot profitieren. Eine Mitarbeiterin ist gelernte Konditorin und zaubert süße Genüsse. So bestellen wir zum Abschluss eine Erdbeer-Stracciatella-Torte, die ein wahres Fest für die Geschmacksnerven ist.

 Schmackhaft: Chili sin carne mit Naturreis.
Schmackhaft: Chili sin carne mit Naturreis.
x