Höheinöd Wo die Kirschkerne weit fliegen: sportlicher Wettstreit beim Dorffest

So wird es gemacht: Sebastian Huber weiß, wie man Kirschsteine weit spuckt. Der Titelverteidiger war lange auf Siegerkurs und mu
So wird es gemacht: Sebastian Huber weiß, wie man Kirschsteine weit spuckt. Der Titelverteidiger war lange auf Siegerkurs und musste sich gegen Ende der Konkurrenz doch noch knapp geschlagen geben.

Spucken ist hier eine Art Sportart. Und die kommt jedes Jahr beim Dorffest in Höheinöd zu Ehren: beim „Kerscheschdääweitspauzwettbewerb“, also beim Kirschensteinweitspuckwettbewerb.

„Du musst den Stein auf der Zunge ein bisschen nach hinten legen, die Zunge ein bisschen rollen und dann mit viel Druck nach vorne“: Das sind Profi-Tipps für Laien beim Kerscheschdääweitspauzwettbewerb, der beim Dorffest in Höheinöd nicht fehlen darf. Die lange Tradition des Kirschensteinweitspuckens hält mittlerweile der Verein „Herzkersch“ aufrecht, der den Wettbewerb am zweiten Dorffesttag organisiert. So auch wieder am vergangenen Wochenende.

Profi-Tipp: Über Bande spucken

Kirschen, in Höheinöd Kersche genannt, und das Sickingerhöhdorf gehören einfach zusammen. Auf der Straße unterhalb des Festplatzes – morgens waren hier noch polierte Bulldogs die Attraktion – ist die Kerscheschdääweitspauz-Arena aufgebaut. Ein Biertisch, der sozusagen die Abspucklinie bildet, und ein langes Maßband, das sich die Straße hinabzieht. Etwa zehn Meter entfernt ein zweiter Tisch. Der nächste Profi-Tipp lautet: „Du musst auf den zweiten Tisch spucken, damit der Kern noch mal richtig abspringt“. Also quasi über Bande. Brauchen die besten Weitspucker nicht. Deren Kerne überfliegen den zweiten Tisch spielend. Zum Beispiel die Kerne, die Sebastian Huber spauzt.

„Frauke, ich nehme noch mal drei.“ Frauke holt drei Kirschen aus dem gut gefüllten Glas. Es darf – erlaubterweise – auf die leicht abschüssige Straße gespuckt werden. Sobald die Weite vermessen und in den Ergebnisblöcken festgehalten ist, werden die Kerne zusammengekehrt. Bevor gespuckt wird, heißt es die Kirsche essen. „Ich esse nicht gerne Kirschen“, sagt ein Zuschauer, der immer wieder aufgefordert wird mitzumachen. Erdbeeren wären in Ordnung, aber die haben bekanntermaßen keine spucktauglichen Kerne.

Titelverteidiger geht in Führung

Sebastian Huber, der Titelverteidiger, hat mit dem Kirschenessen kein Problem. Fruchtfleisch in den Magen, der Kern bleibt im Mund. Und dann wird es knifflig. Nicht zu trocken, nicht zu nass muss es im Mund sein. Huber nimmt nur zwei, drei Schritte Anlauf, spuckt und der Kirschkern fliegt. 13,60 Meter weit. Die Führung, „aber im vergangenen Jahr, habe ich weiter gespuckt“, sagt er. Sein Fanclub – Christian Vatter und Jörg Gabriel – feuert den Kerscheschdääweitspauzer unermüdlich an. Die beiden haben früher aktiv und erfolgreich Fußball gespielt. Kerscheschdää weit spauze kann nur, wer „noch nicht vom Fußball kaputt ist“, bestätigen sie lachend und bleiben in der Fan-Kurve sitzen, die an diesem heißen Tag auch Schatten bietet.

Emil und Anton sind noch jung und fit. Die Zwillinge sind Sebastians Kinder und wie der Papa begeistert vom Kerscheschdääweitspauze. „Papa,, ich will noch mal“, sagen sie. Je ein Euro für drei Kersche aus dem Glas. Emil übertrifft die Fünf-Meter-Marke. „Kann doch nicht sein, dass die Hubers hier alle Kategorien gewinnen“, kommentieren die Fans begeistert. In vier Kategorien – Männer, Frauen, Kinder bis und Kinder ab sieben Jahren, wird gespauzt, was das Kirschglas hergibt. Und es wird viel gelacht.

Die Konkurrenz ruht nicht

Andreas Busch probiert es mal. Mit mehr Anlauf. „Die Zahl brauchst du nicht aufschreiben“, sagt er lachend zum ersten Versuch. Aber dass er den zweiten und dritten Versuch auf den Zentimeter genau jeweils 11,50 Meter weit spauzt, ist schon eine Erwähnung wert.

Sebastian Huber will es noch mal wissen. Während auf dem benachbarten Festplatz die Musik spielt, zahlreiche Kuchen mit und ohne Kirschen über die Theke gehen – nimmt der Spezialist noch mal Anlauf. Der Fan-Club trägt ihn akustisch und ja, das ausgerollte Maßband muss ein ganzes Stück weiter ausgerollt werden. 14,70 Meter wird vermeldet. Freude, aber klar noch nicht der Sieg. Der Wettbewerb – die Frauen haben mittlerweile auch die 11,50-Meter-Marke geknackt – läuft noch weiter. Die Konkurrenz müht sich, den Titelverteidiger vom Thron zu stoßen. Anlauf, gespauzt und ein lautes „oh, oh, oh“ begleitet den Versuch. Der ging weit. Kurzes Zittern, dann atmen die Fans durch. 14,50 Meter.

Ein Kirschbaum für den Sieger

Der Titelverteidiger bleibt erst einmal in Führung und muss die auf der Zielgeraden doch noch abgeben. Patrick Weber zieht die grüne Sonnenbrille ab, nimmt drei Kirschen und lässt die Steine fliegen. 15,10 Meter. Neuer Spitzenreiter. Ein Konter wird versucht: zwei Mal auf die 14,50 Meter. Weber behält die Führung und darf auf den Kirschbaum hoffen, den der Ortsbürgermeister für den Sieger spendiert. „Das Loch gräbst du“, sagt Bürgermeister Lothar Weber lachend, denn Patrick ist sein Sohn.

Kein Weber muss graben. Ingo Weiß weiß auch, wie Kirschsterne weit gespuckt werden. Kurzer Anlauf, ordentlich Druck auf den Kern und der landet bei 15,75 Meter. „Los Patrick, hol den Sieg für Höheinöd-Süd“, fordert der Fan-Club Weber zum Konter auf. Der probiert es noch mal, aber Weiß’ bester Versuch ist nicht zu toppen. Deshalb wird kurzerhand überlegt, wo Weiß wohnt. Höheinöd-Süd oder Nord. Egal. Hauptsache, Spaß gehabt.

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