Karlsruhe Am Hofgut läuft nicht alles rund

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Ein kurzer Rückblick: Nach dem Ende der 27-jährigen Pächter-Ära Müllerschön hat die Stadt das ursprünglich dem Haus Baden gehörende Hofgut – Teil des Landschaftsparks Rhein – samt dem lange Zeit geschlossenen Gastronomiegebäude, den Außenanlagen und dem Spielplatz für etwa 2,8 Millionen Euro saniert. 2012 wurde die Pacht neu ausgeschrieben. Zum Zug kam der Agrarunternehmer Rüdiger Stahl aus dem Raum Heilbronn. Der sprang schon sehr bald wieder ab. Bei der erneuten Ausschreibung erhielten im zweiten Anlauf die Karlsruher Norbert Hochmuth und Andreas Schmid doch noch den Zuschlag. Hochmuth, der sich um die Landwirtschaft kümmern sollte, ist seit dem Spätjahr 2016 nicht mehr dabei. Ob auch vom zähen Umsetzungsprozess genervt, steht dahin. Der promovierte Agrarbiologe Schmid, der zuvor lange für große Saatgutfirmen tätig war, führt den Betrieb jetzt als Einzelunternehmer. In der Kommunikation zwischen der Verpächterin Stadt und den Pächtern hat es offenbar immer wieder gehakt, mit Kritik von beiden Seiten. Es redeten halt viele mit, sagt Schmid – vom Wirtschaftsdezernat über die Baubehörde und das Gartenbauamt bis zu Umwelt- und Denkmalschutz. Er stört sich vor allem daran, dass bis in Details hineingeredet werde, das mache unternehmerisches Arbeiten mitunter schwierig. Auf jeden Fall hat es Zeit gekostet. Die Gastronomie konnte erst mit Verzögerung starten und das eher provisorisch. Schmid: „Es fing damit an, dass uns das Gebäude renoviert, aber völlig leer übergeben wurde. Alles musste neu beschafft werden. Das ist wohl die einzige gastronomische Liegenschaft, die ohne Kücheneinrichtung verpachtet wurde.“ Vielleicht hätten er und sein damaliger Partner bei einigem genauer nachhaken müssen. Schmid klagt, nun kollidiere der zu kleine Thekenbereich mit der Ausgabe der Küche, die ihrerseits wieder zu klein für eine vernünftige Außenbewirtschaftung sei. Damit dürfte auch der französische Küchenchef Emanuel Lepert seine Probleme haben. Überhaupt die Außenbewirtschaftung: Im Hofgut wollen auch Spaziergänger und Radtouristen schnell eine Kleinigkeit essen oder nur etwas trinken. Mit dem Restaurant, das dem Slowfood-Gedanken verpflichtet ist und wo auch Familienfeiern stattfinden, geht das nicht recht zusammen. Schmid hofft, dass ihm – neben dem Gästegarten mit Bedienung – ein kleiner Biergarten mit Selbstbedienung genehmigt wird. Die Gaststätte ist derzeit auch nur von Donnerstag bis Sonntag geöffnet. Man möchte das erweitern, aber „wir suchen händeringend Personal“. Das Gesamtkonzept setze auf Regionalität und Saisonalität, betont Schmid. In der Landwirtschaft werden mehrere Sorten Sommer- und Wintergetreide einschließlich Sommerbraugerste wie zwei Sorten Mais angebaut. Inzwischen ist das Hofgut Mitglied der Bio-Erzeugergemeinschaft Kraichgau-Korn, „aber das geht nicht bei jeder Fläche.“ Produziert werden außerdem Heu und Streuobst-Säfte. Die gibt es im an den Wochenenden geöffneten Hofladen ebenso wie den vom Imker Werner Dambach auf dem Hofgut produzierten Honig und interessanterweise Pfälzer Weine aus Kleinniedesheim – Schmids Ehefrau Sonja, eine für einen internationalen Konzern tätige Agrarwissenschaftlerin, die das Hofgut-Projekt „ideell mitträgt“, stammt aus Roxheim. Auch Kartoffeln und Zwiebeln liefert die Pfälzer Verwandtschaft, weiteres kommt aus Baden und der Pfalz. Gewünscht war von der Stadt ein Lehr- und Lernbauernhof. Dafür fehlt es nicht nur noch am pädagogischen Konzept, sondern auch an geeigneten Räumlichkeiten, erklärt der Pächter. Überhaupt: Es fehle an ausreichend Lagerfläche für Ernte und Dünger sowie für Heu und Stroh. „Und wo sollen die Tiere hin, wenn sie mal nicht auf der Weide sind?“, fragt er. Ironisch fügt er hinzu: „Ich habe als Landwirt hier weniger Platz zur Verfügung als der Museumsverein.“ Gegen das Knielinger Museum im Hofgut hat er ansonsten natürlich nichts einzuwenden, er und seine Frau sind dort sogar Mitglied. Über das von städtischer Seite apostrophierte „Leuchtturmprojekt“ sagt Andreas Schmid immerhin tapfer: „Wir sind motiviert und nehmen Fahrt auf.“

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