Ludwigshafen Dem Kämmerer keine schlaflosen Nächte

In der Adventszeit öffnen wir täglich ein Türchen und stellen Menschen aus Ludwigshafen, ihre Wünsche sowie ihre Geschenktipps vor. Heute: Rudolf „Rudi“ Müller, 62, seit fünf Jahren Vorsitzender der „Eisenbahner“ (ESV), mit knapp 3200 Mitglieder der größte Verein in Ludwigshafen.

Wer einen Verein mit 22 Abteilungen führt, der muss mit Menschen umgehen können. Und wer sich mit Rudi Müller unterhält, der merkt schnell, dass er das kann. Er ist eine Frohnatur, ein aufmerksamer Zuhörer und ein Kenner der Stadt, der klare Ansichten vertritt: Eigenschaften, die ihn für das Ehrenamt prädestinieren. Wie der Umstand, dass er auch in beruflicher Hinsicht seit 43 Jahren eingefleischter „Eisenbahner“ ist, aktuell als Gruppenleiter im Mannheimer Rangierbahnhof, dem nach Maschen bei Hamburg zweitgrößten bundesweit. Ans Herzen gewachsen ist ihm die Stadt auf der anderen Rheinseite: „Ludwigshafen ist zu meiner Heimat geworden“, sagt der gebürtige Kaiserslauterer, „weil die Menschen hier sehr liebenswert sind.“ Der Stadt wünscht er mehr Belebung im Zentrum, speziell in der Fußgängerzone, die er noch aus besseren Tagen kennt. Der sanierte Bürgerhof könne dazu beitragen. „Ein ganz toller Platz“, schwärmt er. Mit dem Entwurf fürs Stadthaus am Berliner Platz fremdelt Müller hingegen. Er ist ein Fan der alten „Tortenschachtel“, sagt aber auch: „Lasst uns neue Wege gehen.“ Ein Satz, der auch für den ESV gilt, wenn es dort um Reformen oder neue Kursangebote geht. Mit Blick in die Zukunft hofft Müller, dass die Kosten für die „lange Stadtstraße“ realistisch kalkuliert sind. Sie wird die Hochstraße Nord ersetzen, die ab 2018 zum Abriss steht. 330 Millionen Euro sind veranschlagt. „Ich befürchte, dass das nicht reichen wird“, meint Müller, der Kämmerer Dieter Feid der chronischen Finanznot der Stadt wegen keine schlaflosen Nächte wünscht. Für sich und seine Familie – Ehefrau, Sohn, Tochter und vier Enkel – ist dem gelernten Einzelhandelskaufmann vor allem die Gesundheit wichtig, was nach seinem zweijährigen Kampf gegen eine schwere Krankheit nachvollziehbar ist. Nachvollziehbar ist auch, dass ihn „seine“ Bahn selbst in der Freizeit beschäftigt, ihn im wahrsten Wortsinn Zug für Zug bereichert. Historische Schmöker zur Geschichte von Gleisen und Lokomotiven stapeln sich bei dem Mann vom Fach inzwischen zu einer richtigen Sammlung. Müller macht aber keinen Hehl daraus, dass er lieber schenkt, als beschenkt zu werden. So beteiligt er sich jedes Jahr an einer Wunschbaumaktion für Kinder. Der ESV spendet in der Adventszeit regelmäßig für den Kinderschutzbund. Für die 46 Ehrenmitglieder des Vereins veranstaltet der Vorsitzende im Clubraum eine Weihnachtsfeier. „Keine Jahresabschlussfeier“, weil dieser Begriff seinem christlichen Selbstverständnis widerspricht, wie der in Süd lebende Protestant betont, dessen Berufswunsch ursprünglich mal Pfarrer war. Mit einem Gotteshaus hat auch sein (vorweihnachtlicher) Geschenktipp zu tun: Karten für den Auftritt der Schwarzmeer-Kosaken mit Peter Orloff am 12. Dezember in der Friedenskirche. Unter anderem der guten Akustik wegen, gönnt sich Müller das Konzert. Ansonsten liest er gerne Bücher über Geheimdienste oder über Ludwigshafen – und beweist am Ende des Gesprächs Humor. Denn Witze erzählen kann der Rudi auch, etwa zum Thema Streik. Sagt einer: „Stell dir vor, ich muss nie mehr arbeiten.“ Fragt der andere: „Warum?“ Antwort: „Ich bin Lokführer bei der Lufthansa.“

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