Ludwigshafen Neue Philosophie trägt Früchte

Mannheim

/Kronau. Konrad Hoffmann ist schon Betreuer der Rhein-Neckar Löwen seit sich der Klub im Jahr 2002 aus dem TSV Baden Östringen und der TSG Kronau gegründet hat und zunächst als SG Kronau/Östringen firmierte. Hoffmann, den alle nur Conny nennen, kümmerte sich schon um die Trikots und Trainingswäsche, als noch Michael Roth Trainer war und Christian Zeitz den Klub mit seinen Toren in die Bundesliga warf. Er ist die gute Seele im Verein und kennt das Innenleben wie kaum ein anderer. „Unter Nielsen war es hier schon ziemlich wild, es herrschte immer Unruhe“, sagt Hoffmann heute, wenn er auf die Zeit zurückblickt, in der die Löwen den Anspruch hatten, das beste Team auf dem Erdball zu werden – und diesen auch verbal untermauerten. „Die Rhein-Neckar Löwen sollen die beste Mannschaft der Welt werden“, sagte Jesper Nielsen. Der Däne war als Chef der Schmuckkette „Pandora“ reich geworden und hatte als ehemaliger Handballer Spaß daran gefunden, seine Millionen in die Sportart zu investieren. Und weil Thorsten Storm als Manager der Löwen einen guten Kontakt zu Nielsen aufgebaut hatte, flossen die dicken Überweisungen ab 2008 auf das Konto des badischen Klubs. Eine große Zukunft schien dem Klub bevorzustehen, denn fortan konnten sich die Löwen fast alle Spieler leisten, die sie haben wollten, denn Storm fuhr mit einem dicken Scheckbuch durchs Land, um bekannte Namen an den Verein zu binden. Doch der große Erfolg blieb aus, auch wenn sich die Löwen für die Champions League qualifizierten und das Finale des DHB-Pokals erreichten. Trotz Handball-Weltstars wie Olafur Stefansson oder Gudjon Valur Sigurdsson, trotz Ausnahmekönnern wie Uwe Gensheimer oder Slawomir Szmal hatten die Badener gegen die besten Teams keine Chance, weil sie dem wichtigsten Merkmal beim Aufbau einer Top-Mannschaft nicht genügend Beachtung schenkten. „Die Mannschaft braucht Zeit und muss zusammenwachsen“, sagte Storm mehrmals pro Saison und bat damit um Geduld im ungeduldigen Umfeld der Löwen. Doch er selbst und Nielsen waren letztlich die Personen, die sich an die Vorgabe nicht hielten. Pro Saison tauschten die Macher der Löwen die halbe Mannschaft aus und immer, wenn sich die wichtigsten Mechanismen innerhalb des Teams gerade gefunden hatten, wurde es auseinandergerissen. Die Folge war, dass die Badener in der Liga und ganz Europa verspottet wurden, obwohl sie es 2011 sogar bis ins Final Four der Champions League geschafft hatten, dort aber nur Vierter wurden. Im Rückblick wandelte sich in den kommenden Monaten die scheinbar größte Katastrophe des Klubs zum Glücksfall. Weil Nielsen mit „Pandora“ in finanzielle Schwierigkeiten geriet und zudem die Lust am Spielzeug Rhein-Neckar Löwen verlor, stand der Klub kurz vor dem Kollaps. Der Däne hielt nicht alle finanziellen Vereinbarungen ein und nur durch die Hilfe der Familie Hopp und eiserner Sanierungsschritte wurde das finanzielle Aus im Sommer 2012 verhindert. Bis heute bekommen die Löwen die Folgen der Großmannssucht zu spüren und müssen Altlasten abtragen. Weil fast kein Geld mehr da war, gab es im Frühjahr 2012 allerdings erstmals die Situation, dass der Trainer in Ruhe und mit Bedacht ein Team nach seinen Vorstellungen zusammenstellen konnte. Gudmundur Gudmundsson, ausgerechnet von Nielsen bei den Löwen installiert, bekam Zeit und der Isländer bewies, dass er ein gutes Auge für Spieler hat und taktisch geniale Züge hat. Plötzlich, als der Druck, Erfolg haben zu müssen weg war, hatten die Löwen Erfolg. In die neue Saison starteten die Badener mit 26:0 Punkten, verloren dann zwar gegen den Dominator THW Kiel, spielten aber die bis dahin beste Saison der Geschichte und wurden Bundesliga-Dritter. Und im Mai 2013 gewannen die Löwen in Nantes mit dem EHF-Pokal den ersten Titel in der Klubgeschichte. Es folgte eine noch bessere Saison, in der die Löwen nur wegen minimaler zwei Tore Differenz zum THW Kiel am Gewinn der Deutschen Meisterschaft vorbeischrammten, als Mannschaft aber herausragende Leistungen zeigten. Unter Gudmundsson-Nachfolger Nikolaj Jacobsen sind die Löwen aktuell erneut Tabellenführer der Bundesliga, weiterhin als Mannschaft überzeugend und gehen deshalb trotz aktueller Formdelle als großer Favorit in das Duell bei der TSG Friesenheim (Mittwoch, 19 Uhr, Eberthalle).

x