Ludwigshafen „Spielen bedeutet für sie Freiheit“

Für unsereins ist Eishockey nicht unbedingt eine einfach zu erlernende Sportart. Wie ist das mit dem E-Hockey für Behinderte?

Es ist schon ein langer Prozess, die Einstiegshürde ist sehr hoch, immerhin müssen sie gleichzeitig mit einem Elektrorollstuhl, der immerhin 10 km/h schnell fahren kann, fahren und dabei etwas anderes machen, nämlich mit dem Hockeyschläger umgehen. Haben Sie eigentlich schon mal selbst Elektro-Hockey gespielt? Ja, ich spiele im Training schon hin und wieder mit, wenn Spieler fehlen. Das ist immer ganz witzig. Dann merkt man selbst, was man von denen verlangt. Man merkt, dass es gar nicht so einfach ist, wie es von außen oftmals aussieht, sondern motorisch sehr anspruchsvoll ist. Das heißt, manche Anweisung, die Sie zuvor von außen hereingerufen haben, würden Sie in solchen Momenten am liebsten vergessen machen? (lacht) Ja. Dann hat man wieder mehr Verständnis für einen Spieler, der den Ball nicht im leeren Tor unterbringt. Stichwort Tor erzielen. Steht für Ihre Spieler eigentlich der Spaß am Sport oder der Erfolg im Sport im Vordergrund? Als wir vor einem Jahr aus der Bundesliga abgestiegen sind, waren Jürgen und ich schon sehr enttäuscht. Die Jungs weniger, sie haben auf der Rückfahrt fröhlich die Radioreportage der Fußball-Bundesliga verfolgt. Allerdings ist es für sie schon sehr wichtig, sich mit den anderen Teams zu messen. Das haben die meisten so nicht in ihrem Alltag. Zu schauen, wer der Bessere ist, ist das für die Spieler genauso wichtig wie für Nicht-Behinderte? Es ist für sie ein Lebensinhalt. Die wenigsten haben eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle. Umso mehr fokussieren sie sich dann auf den Sport. Das Spielen bedeutet für sie Freiheit, hilft ihnen in ihrer Entwicklung, stärkt ihr Selbstvertrauen, bringt sie raus aus ihrer gewohnten Umgebung, in der sie oftmals doch sehr fremdbestimmt sind.Turniere sind Abwechslung für sie. Wenn sie auf dem Spielfeld sind, geht es ihnen wie jedem anderen Sportler auch. Und so vergessen sie für einige Minuten ihr Schicksal. Es sind ja viele dabei, die eine verminderte Lebenserwartung haben – und das auch wissen. Die Spiele sind für sie ein Highlight in ihrem Alltag. Ganz so viele Höhepunkte bei den Highlights hat die Mannschaft diese Saison allerdings nicht erlebt. Sie haben mit Ihrem Team eine eher durchwachsene Spielzeit hinter sich ... Nach dem Abstieg in der Vorsaison war bereits nach dem ersten Spieltag klar, dass es mit einem direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga nichts werden würde. Wir konnten wegen Spielermangels nicht antreten, die drei Partien wurden daher als verloren gewertet. Mit Tabellenplatz zwei in der Endabrechnung sind wir aber dennoch zufrieden. Vor zwei Jahren hatte der Verein ein Team in der Ersten und eines in der Zweiten Bundesliga, nun spielen beide jeweils eine Spielklasse tiefer. Hat der Verein seine Glanzzeiten also schon hinter sich? Das war sicherlich die bislang erfolgreichste Zeit. Aber wir wollen wieder hoch. Und ich denke, dass wir es im kommenden Jahr auch packen. Den Nachwuchs für Ihren Verein gewinnen Sie vor allem aus eine AG an der Mosaikschule, einer Ludwigshafener Förderschule. Ausgerechnet die Inklusion, die es behinderten Schülern mittlerweile ermöglicht, an Regelschulen zu gehen, erschwert Ihnen dabei die Nachwuchssuche. Dass behinderte und nicht-behinderte Kinder und Jugendliche zusammen gefördert werden, finde ich einen sehr tollen Gedanken. Aber die Realität sieht halt oftmals anders aus. Und solche Kinder machen dann die bittere Erfahrung, dass sie auf den Regelschulen nicht so gefördert werden könnten, wie sie das bräuchten. Beispielsweise ist oftmals noch gar nicht klar, wie der Sportunterricht für behinderte Schüler organisiert werden soll. Wir kennen ein Mädchen, das im Rollstuhl sitzt und auf dem Gymnasium war. Am Sportunterricht hat sie nicht teilgenommen, sie war davon befreit. Sie ist stattdessen zu uns an die Schule gekommen, wenn sie mal schwimmen oder sich anders sportlich betätigen wollte. Das ist leider noch die traurige Realität.Und die Folge ist, dass wir massive Probleme haben, Nachwuchs zu finden. Wir kommen an mögliche Spieler gar nicht mehr ran, wissen gar nicht mehr, wo die jetzt zur Schule gehen. Wir bluten langfristig aus.

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