Ludwigshafen Walgesang in der Melm! Neue Reihe der Wohnzimmerkonzerte mit Trio Piazzolla

Hat sich ein Buckelwal (hier vor Island) nach Ludwigshafen verirrt? Klingt so im Stück von George Crumb beim Kammerkonzert in de
Hat sich ein Buckelwal (hier vor Island) nach Ludwigshafen verirrt? Klingt so im Stück von George Crumb beim Kammerkonzert in der Melm.

„Meisterwerke des 20. Jahrhunderts für Flöte, Violoncello und Klavier“: In der neuen Reihe der Wohnzimmerkonzerte stellte das Trio Piazzolla am Samstag sein aktuelles Programm vor: Musik hautnah für das begeisterte Publikum in der Altrheinstraße 43 in der Siedlung Notwende/Melm.

Kultur in der Backstubb: Seit vielen Jahren ist dieses Format mit seinen sommerlichen Konzerten bekannt und beliebt. Neben diesen Open-Air-Abenden in einem Garten nahe der Melm etabliert sich nun eine weitere Programmreihe. In halbjährlichen Wohnzimmerkonzerten kann Musik ganz aus der Nähe erlebt werden, diesmal moderne Kammermusik präsentiert von Wolfgang Wendel (Flöte), Martin Bärenz (Violoncello) und Norbert Schubach (Klavier).

Ein Steinway-Flügel aus dem Jahr 1919 dominiert das Zimmer auf der einen Seite, Bierbänke – bequem mit Rückenlehne und Sitzpolster – sind schnell besetzt. Viele aus dem Publikum kennen sich, und sie kennen Wolfgang Wendel, der die Konzerte organisiert: Er hat sein Musikzimmer zum kleinen Konzertsaal umgewidmet; in der Küche warten Getränke und Snacks. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre, die in gespannte Aufmerksamkeit wechselt, als die Musiker ihre Instrumente stimmen. „Wir haben ein Stammpublikum“, erklärt Wendel. „Viele sind aus dem Wohngebiet. Im Grunde bieten wir klassische Musik für die Anwohner hier.“ Wobei Interessierte aus der weiteren Region stets willkommen sind.

Vom fröhlichen Frühling zur Filmmusik

„Wir haben 100 Stunden Arbeit hineingesteckt, aber es hat etwas ganz Besonderes“, berichtet Wendel weiter. „Dieses Programm ist auch für uns ein Highlight.“ Und ein Höhepunkt für das Publikum sowieso. Bohuslav Martinus dreisätziges „Trio für Flöte, Violoncello und Klavier“ beginnt wie ein fröhlicher Frühling, hüpfend und springend. Die Instrumente nehmen sich Melodien gegenseitig ab, treiben sich gegenseitig an. Dann wiederum gleitet die Musik sanft, die einzelnen Stimmen finden einander, reiben sich dann wieder taktweise aneinander, um wieder in getragene Harmonien hineinzuklingen. Nino Rota, der bekannte Filmkomponist, der unter anderem die Scores für Federico Fellinis Meisterwerke geschrieben hat und für „Der Pate – Teil 2“ oscarprämiert wurde, lässt in seinem „Trio per flauto, violoncello e piano forte“ die Instrumente entschieden und akzentuiert einander suchen, einander steigern, zwischen gediegen und rasant – die Melodieläufe gehen aufeinander ein und ineinander über, springen von Stimme zu Stimme. So entsteht eine enorme Dynamik des Spiels, das sich durch die Nähe des Publikums zu den Spielern noch potenziert.

Nostalgisches vom Namenspaten

Astor Piazzollas „Oblivion“ bildet die andere Seite der Bandbreite dieser Trio-Musik: Selbstverständlich darf der Namenspate des Trios – Begründer des Tango Nuevo – nicht fehlen. Sein „Oblivion“, ursprünglich für ein Bandoneon-Trio geschrieben, wurde für Flöte umarrangiert. Es ist ein kurzes, aber prägnantes Stück, in dem die Instrumentalstimmen sich im Einklang bewegen, träumerisch-melancholisch. In der Duo-Komposition „Trois pieces“ von Nadia Boulanger stehen zunächst ergreifende Celloklänge im Vordergrund, bis der Flügel eine größere Rolle einnimmt und sich die gefasste Emotionalität zu schnellem, fast wildem Rhythmus wandelt.

In die Tiefe des Ozeans

Das große Finale des Konzertes ist George Crumbs „Vox Balaenae for three masked players“, gespielt im abgedunkelten Raum in blauem Licht. Inspiriert von den in den 1970ern populären Gesängen der Buckelwale führt das Stück in die Tiefe des Ozeans und zurück in der Zeit, mit speziell präparierten Instrumenten: verstimmtes Piano, Ketten und Meisel auf den Pianosaiten, eine Flöte, die auch mal besungen wird. Experimentell, psychedelisch, zwischen Melancholie und Dramatik, zeigt sich hier, welche Wirkung moderne Musik erzeugen kann, indem sie die Bandbreite der üblichen Klassik erweitert.

Termin

Die Reihe der Wohnzimmerkonzerte wird im Spätjahr mit einem Piano-Abend fortgesetzt. Das sommerliche Open-Air-Konzert findet am 3. August statt.

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