Neustadt Abenteuerliche Tour mit Aleppo-Seife

Beim Deidesheimer Advent gibt es Vorweihnachtliches und Orientalisches. Am Marktplatz kann Kunsthandwerk aus Syrien, allem voran die Aleppo-Seife gekauft werden. Die Zustände im Bürgerkriegsland Syrien verhinderten erneut, dass der bisherige Standbetreiber Hassan Kharat selbst vor Ort ist. Stattdessen übernimmt ein Freundeskreis, der sich um Kharat formierte, ehrenamtlich den Verkauf.

Neben Gewändern, aufwendig verzierten Silber- und Messingtabletts, Intarsienschmuckkästchen, orientalischen Leckereien und vielem mehr, führt der Stand auch in diesem Jahr wieder den „Verkaufsschlager“. Schon in den vorangegangenen Jahren seien Menschen nur nach Deidesheim gekommen, um Aleppo-Seife zu kaufen. Hierbei handelt es sich um eine Seife, die hauptsächlich aus Olivenöl und Lorbeerbutter besteht und in Syrien noch immer nach jahrtausendealter Tradition in Handarbeit hergestellt wird. Leider habe man voriges Jahr viele Kunden enttäuschen müssen, weil der Vorrat bald ausverkauft war, so Heiner Bieling. Auch der Haßlocher lernte Kharat am Stand kennen und gehört mit seiner Frau zu den ehrenamtlichen Standbetreibern. Man sei ins Gespräch gekommen und habe Freundschaft geschlossen, Kharat und Bieling sind beide Ingenieure. Hört man die Unterstützer erzählen, glaubt man eine moderne Weihnachtsgeschichte zu hören. „Es hat sich alles hier zusammengefunden“, so Bieling, und mittlerweile fühle man sich verpflichtet, den Stand fortzuführen. Ebenfalls zum Kreis der Ehrenamtlichen gehört Jalal Metwally. Er lebe nach eigenen Angaben seit 45 Jahren in Deutschland. Er reist nur für die Zeit des Deidesheimer Advents aus Hamburg an. Besonders abenteuerlich ist die Odyssee, die Metwally in diesem Jahr auf sich nahm, um den Nachschub der begehrten Aleppo-Seife zu organisieren. Fragt man den freundlichen Mann mit der Fellmütze, berichtet er gerne von seiner ereignisreichen Reise. Mit dem Flugzeug von Hamburg aus in den Libanon, von dort mit dem Auto nach Damaskus und schließlich wieder auf demselben Weg, nur 20 Kilogramm schwerer, zurück. Metwally berichtet lebhaft vom stundenlangen Herumstehen im Regen am Flughafen – mit bis auf die Unterwäsche durchweichter Kleidung. Dabei hatte er immer seinen Stoffkoffer, in dem sich die Seife befand, deren Kartonumverpackung sich allmählich auflöste. Er erzählt von Grenzern, die ihn verständnislos fragten, was er denn mit so viel Seife wolle. Einer Seife, die im Herkunftsland gewöhnlich und bei uns aufgrund ihrer natürlichen Zusammensetzung besonders gefragt ist. Man merkt sofort, dass alle Unterstützer mit Freude bei der Sache sind. Auch die Stadt Deidesheim unterstützt das Projekt. Insbesondere die Tourist Service GmbH Deidesheim stand über die sozialen Netzwerke mit Kharat in Kontakt. Alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt, um den Standbetrieb aufrechtzuerhalten. Auch das Hotel Ritter von Böhl ist Unterstützer des Projekts. Es bietet Metwally während der Zeit des Deidesheimer Advents kostenlos Unterkunft. Stefan Wemhoener, Geschäftsführer der Deidesheimer Tourist Service GmbH erinnert sich, dass es Kharat bei seinem Stand um mehr ging: „Herr Kharat wollte ein Symbol für die Freundschaft zwischen den Völkern setzen.“ Diese Idee wollte man am Leben erhalten, so Wemhoener. In den ersten Jahren, als er noch selbst vor Ort war und die Situation in Syrien noch einfacher war, hätte er Kunsthandwerker am Stand gehabt. Sie hätten Intarsienarbeiten hergestellt und Kharat selbst habe Märchen aus seiner Heimat vorgelesen. Ebenfalls zum Freundeskreis gehört Ulla Els. Die ehemalige Reiseredakteurin reist jedes Adventswochenende aus Bonn an. Sie hatte einst den Kontakt zwischen Kharat, der in Syrien als Reiseleiter arbeitete, und Metwally hergestellt. Die Erlöse des Standes kommen der Familie Kharat zugute. Im letzten Jahr konnte eine lebenswichtige Herzoperation von Kharat finanziert werden. Auch in Zukunft sei finanzielle Unterstützung für die Familie Kharat, die in Syrien alles hinter sich ließ, wichtig. Mittlerweile gelang dem Syrer, seiner Frau und der Tochter die Flucht in die Türkei. Derzeit bemüht er sich um Einreisepapiere für Schweden, wo der Sohn lebt. Wer den Stand besucht, kann vielleicht hautnah miterleben, wie die Geschichte des Standes als „Ort der Begegnung“ fortgeführt wird. Metwally ist in Deidesheim zum Ansprechpartner für syrische Flüchtlinge geworden. Sie kommen mitunter am Stand vorbei und besuchen ihn. An den Wochentagen unterstütze er sie bei Papierkram und bringe ihnen Deutsch bei, so Bieling.

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