Neustadt Ein Versuchslabor der Kunst: Die Ausstellung „Schalttag Vol. 2“ in der „Kantine 16“ am Hauptbahnhof

Kunst mit Witz und Wohlgeruch: „Heaven smells like clean spirit“ von Paul Schuseil.
Kunst mit Witz und Wohlgeruch: »Heaven smells like clean spirit« von Paul Schuseil.

In jedem künftigen Schaltjahr pünktlich am 29. Februar eine gemeinsame Ausstellung eröffnen – dieses „Lebensversprechen“ gaben sie die Kunststudenten Paul Schuseil, Lukas Gartiser und Paul Laakmann 2020 in Mainz. Deshalb steht jetzt, vier Jahre später, „Schalttag Vol. 2“ an – und zwar diesmal in Paul Schuseils Heimatstadt Neustadt.

Der passende Kreativort für das Projekt ist die „Kantine 16“, die zum experimentellen Kunstlabor umfunktionierte ehemalige Mitarbeiterkantine hinterm Neustadter Hauptbahnhof, und weil ein Minimum an Gender-Diversität bestimmt kein Fehler ist, haben sich die drei Herren mit „Imma“ und Michaela Heigl auch noch zwei Damen als Gäste dazugeholt. Die studieren, ebenso wie inzwischen auch Paul Laakmann, an der Kunstakademie in Karlsruhe. Lukas Gartiser ist nach wie vor in Mainz. Paul Schuseil hat mittlerweile sein Atelier im Anwesen seiner Eltern in der Hetzelstraße eingerichtet und unterrichtet nebenbei auch noch an der Uni Kaiserslautern angehende Architekten in Bildhauerei und Zeichnen.

Hochironische Keramikplastiken

Für das Kunstevent in der „Kantine 16“ brennt das Quintett nun ein wahres Feuerwerk an kreativen Ideen ab – mit Skulpturen, Zeichnungen, Performances, Medienarbeiten und Installationen sowie am Eröffnungsabend auch Livemusik, wobei auch das Gebäude, sein Charakter als transitorischer Ort und seine Vergangenheit eine große Rolle spielen. Viele der Arbeiten wurden eigens für diese Ausstellung geschaffen.

Lokalmatador Paul Schuseil ist dabei mit einer Reihe hochironischer Keramikplastiken präsent, etwa „Heaven smells like clean spirit“ im Keller, einer irrwitzigen Konstruktion, die über Sensoren wohlduftende Seife abgibt. „Slowfood beetroot“ oben im Hauptraum ist eine Art Kochtopf, der sogar dampft, und eine weitere Arbeit des 34-Jährigen liest sich fast wie ein Kommentar zur Lokalpolitik, denn sie zeigt den neuen Fußgängersteg Richtung Hambacher Höhe, allerdings – anders als real – mit einem Aufzug für Behinderte.

Ein Herz, das wortwörtlich dahinschmilzt

Ähnlich subversiv zeigt sich „Imma“, mit Jahrgang 2001 die Jüngste der Gruppe: Sie versenkt ein Herz aus Karamellzucker im Pissoir des Männerklos. Es wird also im Laufe der sechs Ausstellungstage wortwörtlich dahinschmelzen. Das Männerrefugium wird aus diesem Anlass natürlich für alle Geschlechter geöffnet. „Immas“ Hauptact bei der Schau soll jedoch eine bewegte Installation werden, die sie bei der Vernissage und auch danach noch mehrfach mit vier Performerinnen vorführen will.

Lukas Gartiser, Jahrgang 1989, zeigt unter anderem einen monumentalen Baum in Acryl und Ölkreide auf Papier, der sich ziemlich naturalistisch im Foyer bis hinauf zur Decke erstreckt – sinnigerweise direkt neben dem Raum fürs Brennholz und dem neuen Ofen, der seit vergangenem Jahr für etwas Wärme in der Kantine sorgt. Michaela Heigl, 1987 geboren, präsentiert im Keller auf einer Leinwand eine rund 30-minütige Dokumentation, die sich mit dem Gebäude befasst. Sie hat dazu sogar Menschen interviewt, die die Kantine noch in ihrer ursprünglichen Funktion kannten. Von Paul Laakmann schließlich kündet schon eine Installation mit Fragezeichen-Flaggen außen am Gebäude. Im Innern offeriert er unter anderem ein „Schalttagmenü“ mit Objekten aus Salzteig, die man mittels einer Speisekarte bestellen kann.

Unterstützt werden die jungen Leute von Olaf E. Bergmann vom „Projekt 51“, der sich als Hausherr darüber freuen kann, dass der Bestand der „Kantine 16“ nun bis mindestens zur Landesgartenschau verbrieft ist. Die entsprechende Zusage habe man im Dezember erhalten, sagt er.

Die Ausstellung

Die Ausstellung „Schalttag Vol. 2“ wird am Donnerstag, 29. Februar, ab 18.30 Uhr in der „Kantine 16“ am Neustadter Hauptbahnhof eröffnet mit Livemusik des Liedermachers Benjasch, von „Spurenelemente“, was niemand anderes als Künstler Lukas Gartiser ist, und der Band „Whiskey Kong“ aus Speyer und Haßloch. Die Schau läuft bis 10. März. Öffnungszeiten: Freitag, 1. März, 15-20 Uhr, Samstag, 2. März, 15-20 Uhr (ab 18 Uhr legt DJ „Lover 33“ auf), Sonntag, 3. März. 10-15 Uhr (ab 14 Uhr Rundgang mit den Kunstschaffenden), Samstag, 9. März, 15-20 Uhr, und Sonntag, 10. März, 10-15 Uhr, sowie nach Vereinbarung unter kontakt@paulschuseil.de.

x