Pirmasens Den Blick weiten

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Eine Welt in Grau- und Ockertönen eröffnet sich seit gestern in der Dahner Kreisgalerie, wo der Hornbacher Künstler und Architekt Bernd Janes seine „Zeitfenster“ präsentiert. Mit der Ausstellung macht es der aus dem Saarland stammende Künstler den Besuchern nicht leicht. Die von Janes servierte Kost braucht ihre Zeit, liefert dafür aber eine Wirkung mit langem Nachhall.

Der frühere Polizist und erst seit wenigen Jahren in Hornbach lebende Janes arbeitet fast ausschließlich mit Naturmaterialien. Pflanzenteile und Baumscheiben werden gedruckt. Lehm verteilt der Künstler auf Holzplatten, vermengt alles mit Holzasche und klebt Pflanzen in den so vorbereiteten Untergrund. Und manchmal wird noch ein altes Bleiblech in das Ergebnis genagelt. Stundenlang sammelt Janes in Hornbach und Umgebung auf seinen Spaziergängen Stengel, Blätter und Holzstücke, die dann in ebenso stundenlanger Arbeit zu Bildern und Skulpturen zusammengefügt werden. Der Besucher der Dahner Ausstellung könnte fast genauso gut vor 10.000 Jahren in eine ähnliche Ausstellung gekommen sein. Bernd Janes arbeitet mit den gleichen Mitteln wie in frühen Jahrtausenden die künstlerisch berufenen Ureinwohner gearbeitet haben könnten. Was wohl auch Absicht sein dürfte. Janes sucht sehr ursprüngliche Erfahrungen in seiner künstlerischen Arbeit, geht einige Schritte zurück, um besser erkennen zu können. Was er erkennen will, formuliert er seitenlang in einem Text, der in der Ausstellung ausliegt. Janes lässt aber auch vieles im Ungefähren oder besser ungesagt und agiert auf einer sprachlosen Ebene. Das Lesen des Textes ist nicht die Voraussetzung, um mit seiner Kunst etwas anfangen zu können. Wer die Kreisgalerie besucht, sollte auf jeden Fall Zeit mitbringen. Die haben auch die Werke von Janes schon mitgebracht. So wie die Bleibleche auf seinen Bildern aus einer sehr alten Dacheindeckung stammen und der Künstler versichert: „Ich kaufe kein neues Blei.“ Deshalb arbeitet Janes auch mit den Erdfarben und Holzasche. Grellbunte Farben, wie sie der Frühling derzeit präsentiert, interessieren ihn nicht. Die Erdfarbe habe noch so viel Kraft, dass sich damit sehr vielschichtig gestalten lasse, erklärte er gestern den Besuchern der Vernissage. Mit einem Schwarzweißfoto ließ sich früher schließlich auch die Welt abbilden. Hat sich der Betrachter erst auf die reduzierte Farbpalette und Formensprache von Bernd Janes eingelassen, wird er reich belohnt. So beispielsweise in der vierteiligen Arbeit „Archetypen“, die eher skulpturalen Charakter haben, denn als Tafelbild durchgehen. Allein die Tiefe des Bildträgers von sieben Zentimetern macht aus dem Bild mehr ein Objekt als ein zweidimensionales Werk. Das Quartett an den Wänden wirkt geradezu physisch auf den Betrachter. Mit Bleiblechen hat Janes noch sehr einfache Formen auf die Lehmschicht mit Kohlenasche und Pflanzenteilen gebracht. Wer will, kann ein Haus erkennen oder auch eine Handtasche oder ganz rudimentäre Figuren. Wer will, kann aber auch ganz anderes sehen. Die Form soll den Denkprozess in Gang setzen. Die Richtung bleibt jedem selbst überlassen. Denkprozesse will Janes initiieren mit seiner Kunst und der damit um sich greifenden Denkfaulheit entgegen treten. Die Horizonte öffnen. Die Rauminstallation „Die Parabel von Eddington oder Descartes Irrtum“ ist so eine Arbeit, die einen ganz weiten Bogen in die moderne Wissenschaft spannt. Hölzer, Stahlstangen und Pflanzenteile ergeben eine Art Gitter oder Raster im Raum, mit dem gemessen oder erfasst werden kann. So wie in der Parabel von Eddington mit dem Wissenschaftler, der alles andere verneint, was sein Erfassungsnetz nicht fangen kann und den Blick auf die Realität damit auf einen Teilbereich verengt. Bernd Janes fordert einen weiteren Blick, bietet metaphysische Kontexte und transformiert mit Lehm oder Asche Gedanken auf eine andere Ebene. Seine Kunst ist nicht plakativ und springt den Betrachter auf keinen Fall an. Womit seinen Bildern mehr Kraft innewohnt als in manch gefeierter Pop-Art oder anderen Werken, die mehr der Dekoration dienen als künstlerischen Wert haben. Öffnungszeiten —Bis 21. Mai täglich von 15 bis 18 Uhr.

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