Speyer Bei der Sparkasse Vorderpfalz werden erneut Jobs gestrichen

Der neue Kapitän auf dem Sparkassenschiff: Thomas Traue.
Der neue Kapitän auf dem Sparkassenschiff: Thomas Traue.

Seit der Fusion vor fünf Jahren sind 140 Stellen abgebaut worden. Bis 2020 fallen weitere 53 weg. Das kündigt der designierte Vorstandschef Thomas Traue im Gespräch mit Steffen Gierescher an. Im April löst er Rüdiger Linnebank ab. Auch das Filialnetz wird wohl weiter ausgedünnt.

Herr Traue, welche Glückwünsche wiegen mehr für Sie am 1. April: die zu ihrem 56. Geburtstag oder die zu Ihrem Amtsantritt?

Sicherlich die Glückwünsche für das neue Amt, das ist eine Zäsur. Mein Geburtstag ist ja kein runder. Inwiefern ist das eine Zäsur? Vorstandsvorsitzender zu sein ist noch mal etwas anderes als ein einfaches Vorstandsmitglied, auch wenn wir ein kollegiales Miteinander pflegen. Aber der Chef steht dann doch etwas stärker im Fokus. Sie übernehmen den Kapitänsposten auf einem Sparkassenschiff in schwieriger See, Stichworte: Nullzinsphase, digitaler Wandel, Stellenabbau. Wohin steuern Sie den Dampfer fünf Jahre nach der Fusion? Nach einer Fusion ist es üblich, dass man anfängt zu optimieren. Diese Optimierungsphase traf auf eine Niedrigzinsphase, die sich zu einer Negativzinsphase zugespitzt hat. Das heißt, die ohnehin vor uns liegenden Anstrengungen sind noch mal deutlich anspruchsvoller geworden. Wir hatten zwar einen klaren Kurs, mussten aber bisweilen – um im Bild zu bleiben – hart am Wind segeln, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Und der Zielhafen ist jetzt in Sicht. Optimierung, Zielhafen – das heißt doch im Klartext: Sie mussten Filialen schließen und über 100 Stellen streichen. Fallen weitere Jobs weg? Ja, das hat eine Kapazitätsanalyse bei Mitarbeitern ergeben, die wir regelmäßig durchführen. Vergleichbar große Sparkassen bewältigen ihre Aufgaben und den Geschäftsablauf mit 53 Vollzeitstellen weniger. Der Sparkurs geht also weiter. Ja. Die seit Jahren unverändert schrumpfende Zinsmarge – unsere nach wie vor wichtigste Ertragsquelle – und die weiter steigenden Kosten der Bankenregulierung werden uns auch in den kommenden Jahren belasten. Darauf haben wir uns eingestellt, müssen uns aber weiterhin effizienter aufstellen, Kosten reduzieren und mit spitzem Bleistift rechnen. Der Service für unsere Kunden wird dadurch aber nicht beeinträchtigt. Der bisherige Stellenabbau wurde sozialverträglich, also ohne Kündigungen, abgewickelt. Bleibt’s dabei? Ja. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Davon halte ich auch nichts. Wir sprechen von Abfindungen, Altersteilzeit- oder Vorruhestandsregelungen. Die bis 2019 gültige Dienstvereinbarung schließt betriebsbedingte Kündigungen aus. Wird sie verlängert? Wir sind auf Wunsch des Personalrats dabei, eine Anschlussvereinbarung auf den Weg zu bringen. Inklusive der von Ihnen genannten 53 Stellen: Wie viele Jobs wird die Sparkasse unterm Strich seit der Fusion Mitte 2013 abgebaut haben? Um die 200 Stellen. Ist das Ende der Fahnenstange damit erreicht? Nein, das wird nicht das Ende der Fahnenstange sein. Den überwiegenden Teil ihrer Bankgeschäfte führen Kunden inzwischen online, mobil oder über Selbstbedienungsgeräte durch. Kunden besuchen etwa 120 Mal im Jahr die Internet-Filiale, nutzen 24 Mal jährlich den Geldausgabe-Automaten, besuchen jedoch nur noch einmal im Jahr ihren Berater für ein umfassendes Gespräch in der Geschäftsstelle. Kunden verlangen individuelle Lösungen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen an den verschiedensten Orten. Darauf müssen wir die Sparkasse, unseren Service und unsere Produkte weiter ausrichten. Schließen weitere Filialen? Wir haben das dichteste Servicenetz in der Region. Diesen Status wollen wir behalten. Nun kommt es darauf an, wie sich das Nutzerverhalten ändert. Wenn man sich die demografische Entwicklung anschaut, wird es auch in diesem Bereich Veränderungen geben. Da bin ich mir sicher. Dem müssen wir Rechnung tragen, deshalb werden wir das Netz von aktuell 51 Standorten in regelmäßigen Abständen auf Wirtschaftlichkeit und Perspektiven überprüfen. Ist die Digitalisierung in Ihren Augen Fluch oder Segen? Unsere Kunden sollen am technologischen Fortschritt und der Digitalisierung teilhaben, ohne davon überfordert zu werden. Heute können sich viele Menschen ein Leben ohne Smartphone schwer vorstellen. Darauf müssen wir unseren Service ausrichten, damit unsere Kunden die analoge und digitale Welt so vorfinden, wie sie es sich wünschen. Am Mittwoch legt die Sparkasse ihre 2017er-Bilanz vor. Würden Sie diese im Vorgriff eher mit einem Grinsegesicht kommentieren oder mit einer eher nachdenklichen Miene? (lacht). Das Jahr 2017 war gut. Gemessen woran? Es gibt Sondereffekte, die günstig für uns waren. Wir haben zum Beispiel ein positives Wertberichtigungsergebnis. Das ist eher außergewöhnlich, normalerweise ist das negativ. Wir haben einen Zuwachs im Kreditgeschäft um 136 Millionen Euro. Der Wertpapierumsatz hat sich um 215 Millionen Euro gegenüber dem Jahr zuvor gesteigert. Die Bestände sind um 83 Millionen Euro gewachsen. Alles aber kein Grund, um selbstzufrieden zu sein. Wie läuft die Entwicklung Umbau des Sparkassen-Areals um die Hauptstelle in Speyer? Unsere Hauptstelle in Speyer wird einer unserer Hauptvertriebsstandorte bleiben, mit allen dazugehörigen Angeboten. Die internen Marktfolgeeinheiten werden wir in Ludwigshafen zentralisieren. Derzeit laufen die Vorbereitungen für einen Investorenwettbewerb. Ich gehe davon aus, dass wir am Ende des zweiten Quartals so weit sind, mit dem Wettbewerb zu starten. Wie dieser aussieht, ist noch in der Diskussion. Sind denn alle Fragen zum Denkmalschutz mit der Stadt schon geklärt? Das wird dann die Aufgabe der Investoren sein. Ich gehe davon aus, dass man nicht wahnsinnig tief in die Erde reingeht, weil man da sehr sicher auf irgendetwas Historisches stoßen wird. Das würde ich als Investor nicht tun, aber letztlich muss das der Investor entscheiden. Sie sind passionierter Läufer – welche Eigenschaft ist für einen Sparkassenchef die wichtigste: Kondition, Disziplin oder Ehrgeiz? Man braucht von allem etwas. Das Laufen brauche ich, um über das eine oder andere nachzudenken. Wie lange gibt’s noch Bargeld? Super Frage (lacht und überlegt). Ökonomisch betrachtet ist es ja absurd, dass Sie an einem Automaten Geld ziehen, es zum Händler bringen, bei dem Sie etwas kaufen, und er das Geld möglicherweise am selben Automaten noch am gleichen Abend wieder einbezahlt. Dieser Prozess ist überflüssig. Das könnte man per Kartenzahlung machen. Aber? Das ist natürlich eine sehr nüchterne Betrachtung. Ich bin da etwas anders unterwegs. Mir würde ohne Bargeld etwas fehlen. Auf lange Sicht wird sich der Umlauf schrittweise reduzieren und verschwinden. In den nächsten zehn Jahren wird das aber nicht der Fall sein. Sie sind also wie Ihr Vorgänger eher der Cash- und nicht der Kartentyp? Das kann man so sagen. 

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