Speyer „Liedermacher sterben nie aus“

In der „Nacht der Lieder“ treten Saxophonist Richard Wester und Liedermacher Manfred Maurenbrecher gemeinsam mit ihren Gästen wie der Sängerin Julia Neigel am 30. März um 20 Uhr beim Speyerer „Kulturbeutel“-Festival im Alten Stadtsaal auf. Im Gespräch mit Anne Kirchberg verrät Maurenbrecher, welches außergewöhnliche Experiment die Zuschauer an diesem Abend erwartet.

Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einem Liedermacher und dem modernen Singer-Songwriter?

Das sind doch alles nur Verkleidungen! Der Begriff „Singer-Songwriter“ ist meiner Meinung nach eine Erfindung von jüngeren Kollegen, weil sie mit der Bezeichnung „Liedermacher“ häufig angeeckt sind. Vor allem Journalisten gaben ihnen eine Zeitlang das Gefühl, ein Liedermacher zu sein, wäre peinlich. Dabei entsteht ein Lied nicht am Reißbrett oder am Mischpult. Ein Liedermacher besitzt die Fähigkeit, aus dem Moment heraus etwas festzuhalten, an das sich alle gerne zurückerinnern. Das ist eng mit der Ursprungsidee des Liedes verknüpft. Ich glaube, die jüngere Generation besinnt sich gerade auf den Begriff zurück, und aussterben wird er niemals. Es werden sich weiterhin Menschen neue Lieder ausdenken, egal ob für eine Show, eine Familienfeier oder unter Studenten, von denen einer zur Klampfe greift.

Was genau ist die „Nacht der Lieder“?

Die Idee dazu stammt von meinem Kollegen Richard Wester, der Saxophon spielt und Musikveranstaltungen organisiert. In seinem Wohnort Flensburg führt er dieses Format regelmäßig seit 1996 auf, und ich bin jedes Mal der Mitgastgeber. Zusammen laden wir zwei weitere Kollegen ein, die einen relativ bekannten Namen haben, und nehmen noch einen oder zwei Musiker hinzu.

Wie gestalten sie alle gemeinsam das Konzert?

Im ersten Teil des Abends stellt jeder der Beteiligten drei bis vier Lieder von sich vor, und für den zweiten Teil haben wir allen im Vorfeld Informationen zu Titeln geschickt, bei denen jeder mitspielen soll. Einer übernimmt die zweite Stimme, der andere bestimmte Strophen; alle musizieren gemeinsam. Das ist immer eine sehr aufregende Sache, weil wir diese Stücke nur kurz am Abend zuvor proben; manches klappt auf Anhieb, anderes nicht ganz so wie geplant. Gerade das hat einen bestimmten Charme und zieht in Flensburg pro Konzert zwischen 400 und 1000 Zuschauer an, die unsere Veranstaltungen mit großer Spannung verfolgen.

Nach welchen Kriterien stellen Sie die Musiker zusammen?

Ja, bei der Formation, mit der wir nach Speyer kommen, wussten wir, dass sich Dirk Zöllner und Julia Neigel ein bisschen kennen. Auch Julias Gitarrist, der in Mannheim lebende Joerg Dudys hat mit Dirk sowie dem Pianisten André Gensicke bereits gemeinsam gespielt. Somit besteht zwischen allen ein gewisses musikalisches Grundgefühl. Uns war klar, es sind alles charismatische Sänger und Musiker, mit einer großen Ausstrahlung und tollen Stimmen, die bestimmt sehr gut zusammen passen.

Erhalten Sie von prominenten Musikern wie Neigel direkt eine Zusage?

Manchmal ist es natürlich etwas schwierig, da die Original-Veranstaltung in Flensburg immer kurz vor Weihnachten durchgeführt wird. Viele Musiker sind zu dieser Zeit im Urlaub oder möchten nicht auftreten. Aber große Lust haben eigentlich alle darauf, weil man solche Konzerte sehr selten angeboten bekommt, sobald man ein wenig berühmt ist. Und der Auftritt ist definitiv etwas anderes als bei gewöhnlichen Festivals, wo man höchstens hinter der Bühne mit den Kollegen mal ein paar Worte wechselt.

Neigel hatte also sofort Lust auf den Auftritt?

Ja, und es machte allen so großen Spaß, dass wir in dieser Besetzung nun in Speyer erneut auftreten. Solch eine Wiederholung gibt es nicht oft, vielleicht in all den Jahren sechs oder sieben Mal. Denn würden wir zu häufig in der gleichen Formation spielen, würden sich garantiert die alten Verhaltensweisen wie bei einer typischen Band einschleichen. Aber wir alle freuen uns nun sehr auf die erneute Zusammenarbeit in Speyer.

Was bereitet Ihnen Spaß an diesem Live-Experiment?

Ich schreibe sehr viel, und meine Soloauftritte sind immer ein Gemisch aus rhythmischer Lesung mit Liedern. Darum freue ich mich an diesem Abend vor allem auf den musikalischen Teil, den ich in meinem Berufsalltag sonst weniger erlebe. Musik ist bei meinen Veranstaltungen meist eher auf die Begleitung ausgerichtet oder um etwas satirisch zuzuspitzen. In Speyer kann ich musikalisch ein bisschen mehr aus mir herausgehen.

In welche musikalische Richtung wird der Abend gehen?

In vollkommen unterschiedliche! Es gibt ausgesprochene Groove-Nummern, bei denen es richtig abgeht. Außerdem bekommen die Besucher wunderbare Instrumentaltitel zu hören – voller Melodiebögen und Gefühlsausdruck. Daneben werden ein paar innige Balladen sowie politisch harte, kurze Zeitkommentare zu hören sein. Es ist also für jeden etwas dabei! Wir freuen uns sehr auf Speyer, denn bei unserem letzten Auftritt fühlten wir uns in dieser Stadt gut aufgehoben, die Akustik war hervorragend und das Publikum äußerst freundlich.

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