Kaiserslautern Die Kunst der Verzögerung

Frank Dupree ist derzeit Artist in Residence der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Am Samstagabend begeisterte der vielfach preisgekrönte 25-jährige Pianist in der Fruchthalle Kaiserslautern mit einer elektrisierend spannenden Darstellung des Klavierkonzerts von Edvard Grieg.

Der gebürtige Rastatter mit dem perfekten Taktgefühl wirbelt die Klassikszene zur Zeit ordentlich auf. Seine frühen Erfolge als Pianist, Dirigent, Komponist und Schlagzeuger in Personalunion scheinen sich unmittelbar auf sein Klavierspiel auszuwirken. Haben wir jemals eine so prickelnde Fassung des braven Klavierkonzerts von Edvard Grieg gehört? Noch ein junger Tastenlöwe also? Nein, es ist nicht der auftrumpfende Virtuosenglanz, der mitreißt. Sondern vielmehr die federleichte, über alle technischen Zweifel erhabene Nonchalance, mit der der 25-jährige, von jeglichen Entertainer-Allüren befreite Musiker beeindruckt. Sein rhythmisches Spektrum erweist sich als unendlich vielschichtig – fast gerät der Steinway-Flügel zu einer Art Schlagzeug. Wären da nicht die lyrischen Momente des Innehaltens, seine zuweilen bis an die Grenzen und diese manchmal fast ein wenig überschreitende Kunst der Verzögerung. Es ist eine rhythmische Achterbahnfahrt, auf die sich die vom Spiel Duprees deutlich mitgerissene Staatsphilharmonie begibt. Denn durch die Entdeckung der Langsamkeit entpuppen sich die Momente der Beschleunigung als umso intensiver. Dabei behält Dupree in jeder Sekunde die Kontrolle zwischen auftrumpfendem Tastendonner und zartester Lyrik, zwischen geballter Energie und poetischer Sanglichkeit. Eine Zugabe wird gefordert: „Noch ist der Frühling bei uns nicht angekommen“, sagt Dupree und präsentiert mit der Klavierminiatur „An den Frühling“einen herrlich elegischen Grieg. „Lyrisches, Zyklisches“ lautete das Konzertmotto des Ludwigshafener Orchesters unter der Leitung des aus Argentinien stammenden Gastdirigenten Alejo Pérez. Der 42-Jährige servierte zum Auftakt mit Aribert Reimanns „Sieben Fragmente in Memoriam Robert Schumann“ (1988) schwere Kost, die dem Publikum, den überschaubaren Beifallsbekundungen zufolge, offensichtlich nicht so richtig schmeckte. Immerhin zeigte sich das Orchester deutlich um Transparenz bemüht, so dass die 1:1 zitierten Schumann’schen Melodiefragmente eine gewisse Orientierung im ansonsten atonalen Dschungel boten. Dafür ist der Staatsphilharmonie mit der 1. Sinfonie B-Dur op. 20 erneut eine aufregend schöne und publikumswirksame Entdeckung gelungen. Wunderbar farbenreich kitzelten der temperamentvolle Pérez und die begeistert aufspielende Staatsphilharmonie die vielfältigen harmonischen, melodischen und klanglichen Details aus der Partitur des bekennenden Wagnerianers heraus. „Tristan und Isolde“ lassen grüßen, auch wenn die Staatsphilharmonie zu einem zwar nicht ganz so tiefschürfenden, dafür aber umso schwelgerischen Sound findet.

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