Wirtschaft Im Bann der Politik

Wenn die Börsenhändler heute Morgen an ihren Arbeitsplatz kommen, werden sie vor allem das Ergebnis der Präsidentenwahlen in Frankreich im Kopf haben. Bleibt die Europäische Union (EU) was sie ist, oder wird alles anders? Je nachdem, wie das Votum der Wähler ausfällt, könnte es zumindest vorübergehend an den Aktienmärkten zu Turbulenzen kommen. Nach Ansicht der Volkswirte der Commerzbank ist aber auch ein Wahlsieger Emmanuel Macron noch kein Heilsbringer. Dass dagegen eine Wahlsiegerin Marine Le Pen für die EU eine größere Belastung sein dürfte, ist für viele Experten eindeutig. Klarheit darüber, wohin die Reise geht, wird es aber erst nach der Stichwahl am 7. Mai geben. Bis dahin, so schätzen die Börsianer, werden die Märkte im Bann der „politischen Börse“ bleiben und sich weder eine konkrete Aufwärts- noch eine Abwärtsbewegung ausbilden. Der deutsche Leitindex Dax hat sich in der vergangenen Woche rund um die Marke von 12.000 Punkten bewegt. Da wird auch die nächste Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag nicht weiterhelfen, denn die Beobachter sind sich sicher, dass die EZB-Räte abwarten werden. Entscheidungen sind daher nicht zu erwarten, vielleicht kleine Korrekturen an der Konjunktureinschätzung für die Euro-Zone. Eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik der EZB ist auch trotz der Kritik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die er am Wochenende auf der IWF-Frühjahrstagung geäußert hat, noch länger nicht in Sicht. Bisher überwiegen noch die positiven Effekte dieser laxen Geldpolitik. Inzwischen greift die Erholung in der Euro-Zone immer mehr um sich. Auch die Kauflaune der Verbraucher verbesserte sich zuletzt stärker als erwartet. Eine gewisse Zuversicht der Marktteilnehmer machen auch die Experten der Hessischen Landesbank aus: „So hat der Euro in der vergangenen Handelswoche zugelegt, weder waren Gold noch Renten als sicherer Anlagehafen gesucht.“ In der neuen Woche dürfte sich diese Zuversicht dann nach ihrer Einschätzung ins Gegenteil verkehren, falls sich europakritische Kandidaten für die Stichwahl am 7. Mai qualifizieren. Dann würden die Anleger vermehrt die sicheren Häfen nachfragen. Doch selbst wenn aus europäischer Sicht nichts anbrennt, könnte die Zuversicht der Anleger bröckeln. Die Daten zum US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal dürften keinen Anlass zur Euphorie bieten, meint die Helaba, zugleich werde offenbar, dass der Spielraum der US-Regierung in der Finanzpolitik äußerst eingeschränkt ist. Die Enttäuschung über ausbleibende Steuersenkungen dürfte die US-Aktienmärkte belasten und die europäischen in Mitleidenschaft ziehen.

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