Wandern in der Pfalz Zeitreise zwischen Raps und Maßwerk: Adolf-von-Nassau-Wanderweg bei Göllheim
Der prominenteste unter den Toten am Wegesrand leiht dem 17 Kilometer langen Prädikatsweg seinen Namen. Adolf von Nassau war deutscher König, am 2. Juli 1298 fiel er in der Schlacht auf dem Hasenbühl westlich von Göllheim. Wie kam es dazu?
1291 war mit Rudolf von Habsburg ein Herrscher gestorben, der nach dem wirren Interregnum die königliche Zentralgewalt wieder gestärkt hatte. Rudolfs Sohn Albrecht zum Nachfolger zu küren, wäre naheliegend gewesen, aber die sieben deutschen Kurfürsten hatten anderes im Sinn. Ihre Wahl fiel auf den Grafen von Nassau, weil sie glaubten, ihn besser kontrollieren zu können. Sie rangen Adolf Zugeständnisse und Wahlversprechen ab, die dieser jedoch nach seiner Krönung im Jahr 1292 relativ schnell brach.
Adolf von Nassau erwies sich mitnichten als schwache Marionette, sondern als selbstbewusster, nach Macht strebender Herrscher, was dazu führte, dass sich die Fürsten, die ihn gewählt hatten, gegen ihn wandten. Im Juni 1298 erklärten sie Adolf für abgesetzt und riefen, nun also doch, Albrecht von Habsburg zum neuen König aus. Bei Göllheim trafen die beiden konkurrierenden Könige mit ihren Truppen aufeinander, sechs Stunden währte die Schlacht. Dass er einem Scheinmanöver Albrechts auf den Leim ging, kostete Adolf schlussendlich das Leben.
Dem Volksmund zufolge war es seine Witwe Imagina, die an der Stelle, an der der glücklose König fiel, ein Kruzifix errichten ließ. Historiker schreiben dieses „Königskreuz“ allerdings eher Adolfs Sohn Gerlach zu. Um 1840 wurde über dem stark verwitterten Kruzifix eine neugotische Kapelle errichtet. Deren stilisierte Silhouette markiert die Rundtour.
Das Zeichen führt uns vom mittelalterlichen „Königskreuz“ durch neuzeitliches Wohngebiet, dann hinaus aufs offene Feld. Landwirtschaft prägt den Auftakt der Wanderung.
In der Maisonne verströmen blühende Rapsfelder ihren süßlichen Geruch, im Gebüsch summen die Bienenvölker eines Imkers, manchmal ist der Weg so umgepflügt, dass man ihn leicht mit einem Acker verwechseln könnte. Stolperte man nicht irgendwann über ein Schild, das detailliert den Ablauf der Schlacht auf dem Hasenbühl schildert – niemals würde man denken, dass hier, in dieser harmlos sanften Landschaft, Blut vergossen wurde, um deutsche Geschichte zu entscheiden.
Einmal die Landstraße überqueren – und schon wechselt man vom Feld in den Wald auf dem Kriegsberg. Vorbei an der Ludwigshalle, einer Schutzhütte, die zwischen 1866 und 1890 in Form eines griechischen Antentempels zu Ehren von Bayernkönig Ludwig II. aus rötlichem Sandstein errichtet wurde. Anschließend eröffnet die Kriegsberghütte des Pfälzerwald-Vereins eine Option auf Schorle und Pfälzer Teller. Wer lieber im Göllheimer Häuschen speisen will, hat noch dreieinhalb Kilometer zurückzulegen, ehe er zu Speis und Trank auch noch eine sagenhafte Räuberpistole serviert bekommt.
Denn in diesem alten, seit 1778 belegten Wirtshaus sollen im frühen 19. Jahrhundert mehrere Gäste vom Wirt und seinem Knecht ausgeraubt und ermordet worden sein. Erst eine vermeintliche Geistererscheinung – der Legende nach ersuchte der Zwillingsbruder eines Opfers ausgerechnet hier um Unterkunft – brachte die infamen Hoteliers zu Fall. Heutzutage geht das Servicepersonal wesentlich netter mit seinen Gästen um, die doppelte Portion Handkäs’ mit Musik lässt alle Gedanken an etwaige Leichen im Keller vergessen.
Gotik für Romantiker
Streuobstwiesen, Buchenwald, Bachwiesengrund mit Pappeln und Erlen – abwechslungsreiche Landschaftsbilder begleiten nach der Rast zum nächsten Hauptziel, der Klosterruine Rosenthal. Weil Albrecht von Habsburg dem toten Adolf von Nassau die Bestattung im Speyerer Dom verweigerte, wurde der gefallene König zunächst hier, im 1241 gegründeten Zisterzienserinnenkloster, beigesetzt. Doch nachdem Albrecht 1308 selbst einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, ließ der nächste König, Heinrich VII. aus dem Hause Luxemburg, Adolf 1309 exhumieren und – Ironie der Geschichte – neben Albrecht im Dom zu Speyer bestatten.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Klosterkirche in Rosenthal im spätgotischen Stil umgebaut. Was davon nach Säkularisation und Ausbeutung als Steinbruch übrig ist, hätte sicher auch dem romantischsten aller Maler, Caspar David Friedrich, gefallen: Ein zierliches Türmchen schraubt sich in die Höhe, durch Maßwerkfenster schaut man ins Himmelsblau, an einer Längswand reihen sich die Grabplatten des Klostergründers Eberhard von Eberstein und diverser Äbtissinnen.
Dass ländliches Idyll und Memento mori auf diesem Rundweg so eng miteinander verwoben sind – aus der Nummer kommt man auch im folgenden nicht heraus. Denn zuerst stößt man auf der Anhöhe gegenüber der Klosterruine auf einen alten Friedhof des 19. Jahrhunderts, dessen teils prächtige Grabsteine erst in den 1990er-Jahren dem Dornröschenschlaf der Vergessenheit entrissen wurden. Und gegen Ende des Wegs, kurz vor Göllheim, passiert man dann auch noch einen alten jüdischen Friedhof.
Melancholie kommt trotzdem keine auf. Dazu ist die Tour viel zu schön. Und im letzten Abschnitt, der über den Kuhberg und den Kriegsberg führt, auch etwas zu sportlich.
Wegweiser
Adolf-von-Nassau-Weg, 17 km, 287 Höhenmeter. Es gibt mehrere Start- und Parkmöglichkeiten: am Königskreuz in Göllheim, Kriegsberghütte, Göllheimer Häuschen, Parkplatz in der Nähe des Klosters Rosenthal, Wanderparkplatz zwischen Göllheim und Kriegsberghütte. Einkehrmöglichkeiten: Kriegsberghütte des PWV (Mi 13-17 Uhr, So/Pfingstmontag 9-17 Uhr), Göllheimer Häuschen (Do 12-18, Fr-So 11.30-19.30 Uhr)