Reportage Winzer für ein Jahr: Kai Sommer erörtert, worauf es beim Winterrebschnitt ankommt

Andrea Saase lauscht den Ausführungen von Winzer Kai Sommer.
Andrea Saase lauscht den Ausführungen von Winzer Kai Sommer.

Ein Kurs ermöglicht es den Laien, sich unter Anleitung als Winzer für ein Jahr zu versuchen. Der Jahreskreislauf des Winzers beginnt mit dem Rebschnitt, der die Wuchskraft und den Ertrag der Pflanze reguliert. Zu Gast im Weingut Hammer-Sommer.

Kai Sommer ist an diesem Nachmittag ein gefragter Ratgeber. Der Winzer kommt kaum zur Ruhe. Er hat eine Reihe von wissbegierigen Helfern um sich, die sich gerade mit der Schere an die Arbeit machen sollen. Um die ersten Arbeiten im Weinberg, nachdem die Weinlese lange vorbei ist, das letzte Blatt von den Rebstöcken gefallen ist und die Rebstöcke zur Ruhe gekommen sind, dreht sich auch Teil eins des Projekts „Winzer für ein Jahr“, das die Pfälzer Kultur- und Weinbotschafter alljährlich ausschreiben.

Kai Sommer vom Weingut Hammer-Sommer im Neustadter Stadtteil Königsbach hat dafür einen besonderen Weinberg in der Lage Königsbacher Ölberg ausgesucht, einen knapp 40 Jahre alten und mit Riesling bestückten Wingert. „Bei so älteren Weinbergen ist der Rebschnitt eine ganz besondere Herausforderung, aber auch eine gute Möglichkeit sich die Kenntnisse anzueignen. Denn hier ist nicht jede Rebe gleich“, sagt Sommer. Das von ihm geführte Weingut bewirtschaftet 15 Hektar Rebfläche mit einem vielfältigen Sortenspiegel.

Rebschere mit Bedacht ansetzen

Die Winzerinnen und Winzer auf Probe, die sich dem Projekt angeschlossen haben, sind neugierig, fragen mehrfach um Rat, ehe sie sich an den Rebschnitt machen. Es wird schnell klar: Gute Kenntnisse und ein feines Gespür dafür, wie die Rebe sich in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird, sind notwendig. Mit dem kontrollierten und korrekten Rebschnitt kann der Winzer nicht nur Wuchskraft und Ertrag, sondern auch die Qualität des Weines beeinflussen. Ohne den Rebschnitt würde der Rebstock unkontrolliert wuchern und aus den Knospen des letztjährigen Triebes alljährlich neue Stockwerke aufbauen. Da die Trauben immer nur am einjährigen auf dem zweijährigen Holz gebildet werden, soll die Pflanze nicht zu viel altes und damit unproduktives Holz erzeugen.

Alte Reben eine besondere Herausforderung

Brigitta Heyl ist mit Leib und Seele bei der Sache, blickt aber – die Schere in der Hand – etwas ratlos zum Fachmann. Er zeigt ihr, wie sie stets vom Stamm ausgehend diejenige Fruchtrute – auch Zapfen genannt – ausfindig macht, die sich dafür eignet, den nächsten Ertrag zu bilden. Das ist bei den knorrigen und unregelmäßig gewachsenen alten Reben alles andere als einfach. Susanne Gaa und Andrea Saase sind in ihrer Rebzeile schon ein Stück weiter, betrachten die älteren Rebstöcke aber auch kritisch, ehe sie beherzt zum Schnitt ansetzen. „Die älteren Rebstöcke sind sehr individuell“, erläutert Sommer auch Thomas Hocker und Bernd Kaiser. Am einsetzenden Regen stört sich niemand. Alle sind mit großer Begeisterung und Leidenschaft beim ersten Teil „ihres Winzerjahres“ dabei.

Alte, knorrige Reben stellen beim Rebschnitt vor besondere Herausforderungen.
Alte, knorrige Reben stellen beim Rebschnitt vor besondere Herausforderungen.

Die Hobbywinzer erfahren zudem, wie wichtig es ist, die Anzahl der Augen (Knospen) im Blick zu behalten, um den Rebstock später nicht durch übermäßigen Behang zu überlasten. Aus den am einjährigen Holz belassenen Augen gehen nämlich im Frühjahr neue Fruchttriebe hervor. Es handelt sich um sogenannte „schlafende Augen“, also Knospen, die von der Rinde halb überwachsen sind. „In der Regel sind es zwischen zehn und 14 Augen, die die verbleibende Fruchtrute haben soll“, erörtert Sommer. Dabei richte sich die Zahl der Knospen nach der Wuchskraft des Rebstockes.

Verhältnis zwischen Qualität und Ertrag steuern

Kai Sommer kennt auch eine Faustregel bei der Frage des optimalen Verhältnisses zwischen Qualität und Ertrag: „Man spricht von fünf bis sieben Augen pro Quadratmeter Rebenstandraum“, so Sommer. Beim älteren Holz entstehen keine Triebe, aus denen später Trauben reifen.

Am Ende des Rebschnitts verbleiben nur eine, maximal zwei kurze Fruchtruten, die übrigen werden vollständig entfernt. Beim Winterschnitt, wie die Winzer den Arbeitsschritt nennen, der in der Zeit von Januar bis März erfolgt, werden 80 bis 90 Prozent des einjährigen Holzes entfernt und zwischen den Weinbergzeilen abgelegt – es wird später zerhäckselt und dient als Düngung für den Boden. Manche Winzer beginnen schon im Dezember mit dem Rebschnitt, doch Sommer hat dazu eine klare Meinung: „Man soll dem Rebstock auch mal die nötige Ruhe geben.“ Für den sympathischen Winzer gilt die Devise: „So spät wie möglich, es geht nur mit der Natur, die man als Partner sehen soll.“

„Immer mit dem Wind biegen“

Der Rebschnitt steht auch stets in Verbindung mit der Reberziehung. So werden die stehengelassenen Trieben in einem späteren Arbeitsschritt an den Drahtrahmen befestigt. Deshalb ist es auch wichtig, diejenigen Fruchtruten zu finden, die sich im flachen Halbbogen biegen lassen, um dann am Drahtrahmen angebunden zu werden. „Immer in die gleiche Richtung biegen, weist Sommer auf die Bruchgefahr hin. Und bald ist es geschafft. Mit einer gemütlichen Weinprobe klingt Tag eins von „Winzer für ein Jahr aus“. Und alle freuen sich aufs nächste Weingut, bei dem weitere Arbeitsschritte erklärt werden.

Weitere Informationen zum Projekt und zu weiteren Angeboten der Pfälzer Wein- und Kulturbotschafter

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