Aus der Redaktion Die RHEINPFALZ verabschiedet Chefredakteur Michael Garthe
Auch ein Chefredakteur kann einmal komplett danebenliegen. An diesem Mittwoch werde das Wetter schlecht sein, das sei am 21. Juni immer so, gab sich Michael Garthe aufgrund einschlägiger vergangener Erfahrungen felsenfest überzeugt. Ob es nun dem Zufall, höheren Mächten oder gar dem Klimawandel zuzuschreiben war – auf alle Fälle schien die Sonne, als sich am Mittwochabend rund 200 Frauen und Männer hoch zum Hambacher Schloss aufmachten, um zu feiern, zuzuhören und zu reden. Miteinander und übereinander – genauer gesagt, vor allem über einen: Michael Garthe.
Diesen habe er als verlässlichen Partner erlebt, der die Zeitung „wie kein anderer“ geprägt habe, betonte RHEINPFALZ-Verleger Thomas Schaub, der Garthe seinen tiefen Dank aussprach. Beide, Schaub und Garthe, waren 1993/94 fast zeitgleich in ihre jeweiligen Positionen gerückt. Die Zusammenarbeit sei von Anfang an gut gewesen, blickte der Verleger auf drei gemeinsame Jahrzehnte zurück. Dieses für das Unternehmen fruchtbare Miteinander hat möglicherweise auch mit einer Eigenschaft Garthes zu tun, die Thomas Schaub so beschrieb: Michael Garthe könne hervorragend widersprechen, ohne dabei gleich in den Kampfmodus zu wechseln.
„Herzenspfälzer“ und „Herzenseuropäer“
Der Chefredakteur einer Tageszeitung leite und manage nicht nur die Redaktion, er sei auch das Gesicht der Zeitung, repräsentiere sie nach außen, gegenüber Politik und Verbänden, Vereinen und Gesellschaft, auch darauf wies Thomas Schaub hin.
Insbesondere Journalisten und Politiker stehen in einem besonderen Verhältnis. Ist es doch in einer Demokratie Aufgabe der Medien, das Tun und Handeln von Politikern eng und zugleich kritisch zu begleiten, zu erklären, zu hinterfragen und zu kritisieren. Michael Garthe habe vorgelebt, was unabhängigen Journalismus ausmache, nämlich Politik zu erklären und zu kommentieren, attestierte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer dem „Herzenspfälzer“ und „Herzenseuropäer“.
Plädoyer für Qualitätsjournalismus
Überhaupt sei ein in der Region verankerter Journalismus das unverzichtbare Rückgrat einer gesunden Demokratie. Dank ihm wüssten die Menschen, „was läuft“, er sorge für ein kollektives Wissen. In diesem Sinne sei die RHEINPFALZ für die Pfalz auch identitätsstiftend. Diese Eigenschaft sei heutzutage besonders wichtig. Denn gerade in einer Zeit, die geprägt sei durch viele Krisen und viel Orientierungslosigkeit, brauche es eine leistungsfähige Medienlandschaft, die Qualitätsjournalismus liefere. Und zwar nicht nur in Städten und deren Umland, sondern auch in den ländlichen Räumen hätten die Menschen Anspruch auf politische Teilhabe und eine entsprechende mediale Versorgung, betonte Dreyer.
Die Mainzer Regierungschefin erinnerte auch an wegweisende journalistische und technische Neuerungen, die Michael Garthe gemeinsam mit Verleger Thomas Schaub angestoßen und umgesetzt habe. So sei die RHEINPFALZ Mitte der 90er Jahre die bundesweit erste Tageszeitung gewesen, die durchgehend vierfarbig gedruckt worden sei. „Da war klar, dass Garthe und Schaub etwas verändern würden“. Gut ein Jahrzehnt später sei mit der RHEINPFALZ am SONNTAG ein weiteres wegweisendes Projekt entstanden. „Sie können stolz sein auf das, was sie geschaffen haben“, bescheinigte Dreyer, an Michael Garthe gerichtet.
Mit Michael Garthe geht ein „Vollblutjournalist“
Die Ministerpräsidentin blickte an diesem Abend nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft. Eine Zukunft, in der mit Yannick Dillinger ein neuer Mann an der Spitze der RHEINPFALZ-Redaktion stehen wird. Dieser Wechsel erfolge in einer Zeit, die es „wirklich in sich hat“, verwies Dreyer auf die vielfältigen Herausforderungen, vor denen Politik und Gesellschaft und insbesondere Medien- und Zeitungshäuser stehen. Yannick Dillinger werde dafür sorgen, dass die RHEINPFALZ weiter jene Rolle spiele, die sie unter Michael Garthe eingenommen habe: die beste Zeitung für die Pfalz zu sein, hatte zuvor schon Verleger Thomas Schaub einen Blick in die Zukunft getan. Dillinger sei ein hervorragender Journalist mit Führungserfahrung, der heute unverzichtbaren digitalen Kompetenz – und Pfälzer.
An Letzterem ließ Yannick Dillinger selbst keinen Zweifel. Für ihn sei die RHEINPFALZ eine „Herzensangelegenheit“, „die Pfalz ist meine Heimat“, bekannte der gebürtige Zweibrücker, der am Anfang seines beruflichen Werdegangs bereits für die RHEINPFALZ Artikel verfasst hatte. Sein Vorgänger Michael Garthe – ein „Vollblutjournalist“ – hinterlasse eine Zeitung, die stark, unabhängig, selbstbewusst und mutig sei.
Bekenntnis zur Familie
Das letzte Wort – zumindest im offiziellen, vom Kurpfälzischen Kammerorchester musikalisch umrahmten Teil – blieb Michael Garthe selbst vorbehalten. Er sei ein „reicher Mensch“, bekannte er – wobei sein Reichtum auf Familie, Vertrauen und Überzeugungen beruhe. Das Wichtigste sei seine Familie, bekannte der vierfache Vater und fünffache Großvater. Ihm sei auch sehr viel Vertrauen entgegengebracht worden, von seinen Assistentinnen und der Redaktion ebenso wie vom Verleger. Und dann umriss Michael Garthe seine Überzeugungen, die ihn durch sein gesamtes (berufliches) Leben begleitet haben: dass die Demokratie die beste aller Staatsformen und die Würde des Menschen unantastbar sei. Außerdem könne man Europa nicht grundsätzlich infrage stellen, denn „das führt uns ins 19. Jahrhundert zurück. Das kann keiner wollen“. Da war er noch einmal, der „Herzenseuropäer“, der sein Bekenntnis zu Europa mit dem Hinweis verknüpfte, dass „Heimat“ für eine „Heimatzeitung“ unverzichtbar sei.
Lang anhaltender, stehender Applaus.