Rheinland-Pfalz Punkte in Flensburg abbauen

SPEYER (pet). Dass sich der Punktestand in Flensburg durch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar (FES) reduzieren lässt, hat sich nach Ansicht des Fahrlehrerverbandes Pfalz bundesweit noch nicht herumgesprochen. Im Mai 2014 hat das FES das bisherige Aufbauseminar für punkteauffällige Kraftfahrer (ASP) abgelöst. Seitdem wird es auch von Pfälzer Fahrschulen angeboten.

Der Speyerer Fahrlehrer Thomas Adam hat in den vergangenen Monaten schon erste Erfahrungen mit dem Fahreignungsseminar gesammelt. Sein bisheriger Eindruck ist nicht schlecht. Dennoch ist er skeptisch, ob sich das neue Angebot bewähren wird. „Beim ASP hatten wir eine Erfolgsquote von 53 Prozent“, sagt er. „Beim FES müssen wir erst mal abwarten, wie es sich entwickelt.“ Als Mitglied des Fahrlehrerverbandes mit fast 30 Jahren Berufserfahrung sieht Adam Vor- und Nachteile. Schade findet er, dass die Praxis beim Fahreignungsseminar keine Rolle mehr spielt. Beim ASP habe es zwischen dem ersten und zweiten Gruppentreffen einen Praxisteil gegeben, bei dem die Beifahrer den Fahrer auf seine Fehler aufmerksam machten. „Davon haben alle profitiert. Man hat auch gesehen, wie viel man seit der Fahrprüfung schon wieder vergessen hatte“, so Adam. Beim Fahreignungsseminar vermitteln die Fahrschulen reine Theorie: Zweimal 90 Minuten lang schulen sie bis zu sechs Teilnehmer, die sich mit ihren bisherigen Verkehrsdelikten auseinandersetzen müssen. Gezielt über die individuelle Fahrerkarriere zu sprechen und darüber zu diskutieren, was geändert werden müsse, sei vor allem in Einzelseminaren sinnvoll, meint der Speyerer Fahrlehrer. „Wenn man den Leuten den Spiegel vor die Nase hält, merken sie schnell, wo ihre Probleme liegen. Bei den meisten ist es die Geschwindigkeit.“ In erster Linie soll das FES also sicherheitsrelevante Mängel im Fahrverhalten der Teilnehmer erkennen und abbauen. Für Thomas Adam ist vorausschauendes Fahren das A und O: „Wenn man etwas übersieht, rumpelt es. Wenn jemand innerhalb von zwei Jahren fünfmal geblitzt wird und zwei Unfälle hatte, ist der Sachverhalt klar. Dann heißt es: Runter vom Gaspedal!“ Wer an einem FES teilnimmt, kann laut Fahrlehrerverband sein Punktekonto um einen Punkt abschmelzen. Dies könnte zum Beispiel eine Hilfe für Eltern sein, die der 17-jährigen Tochter oder dem Sohn das begleitete Fahren ermöglichen wollen. Als erwachsene Begleiter im eigenen Auto dürfen sie nicht mehr als einen Punkt in Flensburg haben. Neben der Verjährungsfrist ist das Fahreignungsseminar die einzige Möglichkeit, das Punktekonto abzuschmelzen. Genutzt wird sie überwiegend von Männern. „Frauen fahren vorsichtiger und fallen in Flensburg seltener negativ auf“, so Adam. Laut Fahrlehrerverband verjähren Verstöße, die mit einem Punkt bestraft wurden, nach zweieinhalb Jahren. Was mit zwei Punkten geahndet wurde, erlischt erst nach fünf Jahren, während drei Strafpunkte ein ganzes Jahrzehnt stehen bleiben. Ein FES kann allerdings nur belegt werden, wenn sich in Flensburg nicht mehr als fünf Punkte angesammelt haben. Außerdem weist der Verband darauf hin, dass so ein Seminar nur einmal innerhalb von fünf Jahren besucht werden kann. Das Ganze ist nicht gerade billig: Während das ASP noch zwischen 390 und 500 Euro kostete, müssen für das neue Angebot in der Pfalz 650 bis 700 Euro berappt werden. Davon gehen zwischen 300 und 350 Euro an den Verkehrspsychologen. Zweimal 75 Minuten seien für den psychologischen Part fast zu knapp bemessen, findet die Ludwigshafener Verkehrspsychologin Angelica Jenneve. Sie hat festgestellt, dass die Gesprächsanalyse bei den Seminarteilnehmern etwas in Gang setzt. Die Zeit reiche manchmal kaum aus, um ausführlich darüber zu sprechen. „In der ersten Stunde analysieren wir, was dem Fahrer passiert ist und welche Faktoren dazu beigetragen haben“, so Jenneve. Hausaufgabe sei dann, zu überlegen, wie weitere Delikte vermieden werden können und was Sicherheit bedeutet. Dabei stelle sich oft heraus, dass der Fahrstil durchaus etwas mit dem Privatleben zu tun habe. In Stresssituationen erhöhe sich die Unfallgefahr. Beim Verkehrspsychologen lernen die Teilnehmer, wie sie Hektik abbauen und sich vor der Fahrt beruhigen können.

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