Sport Schöner als im Büro

Mannheim. Es ist eine Eigenheit der statistikverliebten Sportart Eishockey, dass in der bedeutsamen Scorerwertung eine Torvorlage genauso viel zählt wie der Treffer selbst. Und wenn es sich um einen Assist wie jenen von Mannheims Adler Glen Metropolit am Sonntag im Topspiel bei Red Bull München handelt, dann auch völlig zu Recht.

Dass der technisch perfekte Kanadier flinke Hände hat, ist bekant. Aber wie er vor dem 2:1 durch Andrew Joudrey die Scheibe an der Kelle seines Stocks hin und her flitzen ließ, war schon atemberaubend. „Man übt halt viel, irgendwann wird man besser“, erklärt Metropolit grinsend mit mächtig Understatement sein Können. Dass er nun schon länger auf ein eigenes Tor wartet, nimmt er gelassen: „Darüber mache ich mir keine Sorgen. Die Tore kommen, hoffentlich in den Play-offs.“ Mit sechs Saisontreffern und 33 Vorlagen ist er der mit Abstand erfolgreichste Scorer der Adler. Der NHL-erfahrene Profi stammt aus einfachen Verhältnissen. Er wuchs in einem Problemstadtteil von Toronto auf, seine Mutter war alleinerziehend. Eishockey war und ist sein Leben – und hat ihn auch davor bewahrt, in der Jugend dubiosen Verlockungen zu erliegen oder gar auf die schiefe Bahn zu geraten. Wenn angebracht, drohte seine Mutter damit, dass beim nächsten Spiel der Maple Leafs der Fernseher dunkel bleibt oder dass ein Hausarrest das nächste Training mit seinem eigenen Team durchkreuzt. Metropolit hat letztlich sein großes Talent genutzt und liebt den Sport – deswegen hat er im fortgeschrittenen Alter von 40 Jahren seinen Vertrag bei den Adlern um ein weiteres Jahr bis 2016 verlängert. „Ich genieße es, Teil einer Mannschaft zu sein. Mit ihr vor solch schweren Aufgaben wie jetzt am Wochenende zu stehen, sich zu beweisen, zu gewinnen“, verriet er gestern, nach dem Sechs-Punkte-Wochenende in Ingolstadt und München, der RHEINPFALZ mit hörbarer Begeisterung in der Stimme: „Ist doch viel schöner, als in irgendeinem Büro zu sitzen!“ Metropolit gibt zu, dass die Phase vor der Länderspielpause für das Team hart war. Das Wort Krise wäre bei einem Tabellenführer unangebracht, aber es gab diesen Mangel an Erfolg. „Deshalb haben wir uns als Gruppe herausgefordert“, sagt der Mittelstürmer. Bei den Siegen gegen die „Verfolger“ zeigten die Adler wieder gewohnte Laufbereitschaft, Zweikampfhärte, überdies starkes Unterzahlspiel und Tore in Überzahl. Die Länderspielpause nutzte Metropolit zum Sechs-Tage-Trip nach Hause – nicht ins bitterkalte Toronto, sondern ins wärmere Florida, wo seine Frau und die drei Kinder leben. „Eine mentale Auszeit“, sagt er, „die Batterien aufladen“. Metropolit weiß: „Wir haben keine Zeit, uns zurückzulehnen.“ Heute geht’s zu Hause weiter, gegen die Eisbären Berlin (19.30 Uhr, wieder mit Verteidiger Danny Richmond).

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