Sport Die wildernden „Zebras“

Karl Del’Haye, den sie alle „Calle“ nannten, wird im August 60 Jahre alt und kann an seinem Jubeltag auf eine ordentliche, aber keineswegs berauschende Karriere als Profi-Fußballer zurückblicken. Und dennoch gehört der Mann, der einst mit wehenden blonden Haaren die Außenlinie entlang brauste, zu den immer wieder hervorgekramten Beispielen, um die Vorgehensweise des FC Bayern auf den Punkt zu bringen. Nachdem die Münchner im Sommer 1980 1,3 Millionen Mark für Del’Haye an Borussia Mönchengladbach überwiesen hatten, lautete der Vorwurf an den Branchenführer, immer bewusst den aktuell größten Konkurrenten zu schwächen. Erfolgreich halten sich die Bayern seit Jahrzehnten an der nationalen Spitze. Was bei den Kickern der FCB, ist bei den Handballern der THW Kiel. Die „Zebras“ versuchen sich im Moment mit einer ähnlichen Taktik, um sich ihres größten Konkurrenten zu entledigen. Punktgleich kämpfen die Kieler mit den Rhein-Neckar-Löwen um die Meisterschaft, am Sonntag (17.15 Uhr) kommt es in der Ostseehalle zum direkten Aufeinandertreffen – zumindest von der Papierform auf gegenseitiger Augenhöhe. Irgendwo in der Kieler Arena, vermutlich nahe am Spielfeldrand, werden sich dann Thorsten Storm und Ute Krebs aufhalten, die den Kielern die Daumen drücken. Bis vergangenen Sommer schlug in ihrer Brust noch ein Löwenherz, ehe zunächst Manager Storm von den Kielern an die Förde gelockt wurde, um wenig später seine rechte Hand Krebs – Geschäftsstellenleiterin und Pressechefin der Badener – ebenfalls an den Ostseestrand nachzuholen. Für Storm war es „eine Herzenssache“, in den Norden und zu seinem Stammverein nach Kiel zurückzukehren, und der starke Verwaltungsbeirat der Kieler frohlockte ob des Nebeneffektes, dem größten sportlichen Rivalen der Gegenwart die Macher abspenstig gemacht zu haben. Ebenso erfolgreich war der THW auf sportlicher Ebene, denn ab dem 1. Juli wird Niklas Landin seine Paraden im Trikot des THW Kiel zeigen, im Moment ist der Leistungsträger bei den Löwen. „Dann wird sich das Gleichgewicht verschieben“, fürchtet Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen beim Gedanken an die kommende Runde. Die Taktik der Kieler, nicht nur sich selbst zu stärken, sondern gleichzeitig den Konkurrenten auszubremsen, war im Fall des Dänen erfolgreich. Das Gegenbeispiel stellt Uwe Gensheimer dar, der vor anderthalb Jahren widerstand, als die Kieler um ihn buhlten, und den Vertrag bei seinem Herzensklub verlängerte. Es geht auch anders, denn nicht nur Gensheimer widerstand der Kieler Offerte, sondern auch Patrick Groetzki verlängerte seinen Vertrag bei den Löwen gerade erst, obwohl an der Kieler Förde laut über ihn nachgedacht wurde. Und auch der Vertriebschef der Löwen, Sebastian Grüne, sagte „Nein“, als ein Angebot aus dem hohen Norden auf seinen Schreibtisch flatterte. „Das war keine Option für mich, im Handball gibt′s für mich keine bessere Adresse aktuell“, sagt Grüne.

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