Karlsruhe Sehr lustig: Pawel Popolski verwandelt mit seiner Satire das Tollhaus in ein solches

Darauf noch einen Wodka löten: Pawel Popolski samt eingespielter Familie.
Darauf noch einen Wodka löten: Pawel Popolski samt eingespielter Familie.

„Kann denn Schwachsinn Sünde sein?“ fragte einst die EAV im Titel einer ihrer Langspielplatten. Die Antwort darauf gab jetzt Achim Hagemann, besser bekannt unter seinem polnischen Alter Ego Pawel Popolski, im ausverkauften Karlsruher Tollhaus.

Nein, Schwachsinn ist keine Sünde, jedenfalls dann nicht, wenn er auf leichte und unbeschwerte Art und Weise beste Unterhaltung bietet. Hagemann/Popolski ist das mit seinem aktuellen Programm „Polka Mania“ vollends gelungen. Wobei sein „Schwachsinn“ nicht mit Niveaulosigkeit zu verwechseln ist. Die Popolski-Show ist eine bunte Mischung aus Musik, Comedy und Satire, wie sie in der Form wohl einzigartig sein dürfte.

Zur Vorgeschichte: Der Legende nach soll Opa Pjotrek Popolski 128.000 Lieder geschrieben haben, die ihm irgendwann einmal alle gestohlen, und später von Stars wie „Modern Talking“, „Prince“, „Michael Jackson“ und vielen anderen veröffentlicht und von denen als ihre eigenen Werke ausgegeben wurden. Achim Hagemann, bzw. Pawel Popolski, versucht nun, mit schlechtem Deutsch und schräger Musik, Gerechtigkeit für seinen Vorfahren zu erlangen und spielt dessen Lieder immer und überall in den Original-Polka-Fassungen. Das tut er bereits seit 2008, damals noch zusammen mit der kompletten Popolski-Familie auf der Bühne stehend. Seit 2014 ist er mit einer Popolski-Wohnzimershow solo unterwegs. Der Rest der Familie ist jedoch längst nicht ganz von gemeinsamen Aktivitäten ausgeschlossen. Doch davon später.

Alles ist Polka

Mit einem bestens gelaunten „Guter Abend, lieber Publikum“ begrüßte Pawel Popolski seine Gäste in der „City of Polka, Karlsruhe“ und gab zunächst einen kurzen Einblick in das was bisher geschehen war. Mit „Ei dobrze, dobrze dralla“ hatte Opa Popolski nach Genuss von 22 Wodka einst den ersten polnischen Popsong gepfiffen. Musikalisch hochgebildet wie er nun einmal war, stellte er schnell fest, dass der Grundrhythmus für einen Popsong der einfach zu spielende „Bum Tschak“-Groove auf dem Schlagzeug ist. So fiel es ihm auch nicht weiter schwer an einem Nachmittag gleich 44 Hits zu komponieren, die alle auf dem gleichen Rhythmus basieren. Sein Enkel Pawel, der im Tollhaus zusammen mit den Konzertbesuchern bereits einige Gläser Wodka „gelötet“ hatte um auf Betriebstemperatur zu kommen, hatte natürlich ein Schlagzeug dabei und spielte Beispiele an, darunter AC/DCs „Highway To Hell“, Queens „Another One Bites The Dust“ oder „Miss You“ von den Rolling Stones. Bei letzterem bat Pawel die anwesenden Polka-Ladies im Saal laut mitzusingen.

Der Text sei relativ einfach, er bestehe nur aus dem Buchstaben „U“. Im Anschluss stellte er das weitere Instrumentarium vor, dass er mitgebracht hatte, um die Ehre seines Großvaters wiederherzustellen. Da waren zum Beispiel drei Apparate die man, wie er sagte, bitte nicht mit Gulaschkanonen verwechseln solle. Vielmehr handele es sich dabei um Kesselpauken, auf denen er eine weitere AC/DC-Nummer, diesmal „Let There Be Rock“, bei ihm „Let There Be Polka“ geheißen, intonierte.

Opa was a Rolling Stone

Nachdem er mit Wodka nachgelötet hatte, fiel es ihm leicht, mit den Pauken den „Putz von der Decke runterzuklopfen“. Weiter ging’s zu „der“ Vibrafon, einem Schlaginstrument, auf dem Opa Pjotr angeblich herzzerreißende Balladen gespielt hat. Eine davon gab Pawel nun zum besten, warnte aber zuvor alle, die nahe am Wasser gebaut sind, schon mal Taschentücher hervorzuholen. Nach einem weiteren Wodka - „auf die Emotionen dazwischen gelötet“ – ging es über zu Pjotr Popolskis vielleicht größter Erfindung, dem „Polkatronek 4“, einem Riesenexemplar von Synthesizer, damals noch dieselbetrieben, mit dem Opa Pjotrek Anfang von 20. Jahrhundert die Entwicklung der elektrischen Tanzmusik revolutioniert hat. Pawel spielte darauf ihm zu Ehren Songs wie „Don´t step on my Polka-Shoes“ und „Opa was a Rolling Stone“. Im Anschluss kam es zu einem weiteren von vielen Höhepunkten der Veranstaltung.

Popolski fragte im Publikum nach, ob jemand Schlagzeug spielen könne. Eine junge Frau zeigte auf ihren neben ihr sitzenden Freund mit dem Namen Alex. Popolski erkundigte sich bei ihr, ob sie die Pressesprecherin von Alex sei, da sie für ihn geantwortet habe. Alex, den er jetzt aufsuchte um mit ihm und seiner Begleiterin einen Wodka zu trinken und um ihn danach mit auf die Bühne zu nehmen, tröstete er mit den Worten: „Pressesprecherinnen sind meistens die, die nach ein paar Wodka schon hackedicht sind. Also mach dir nichts draus, wir beide musizieren jetzt miteinander im Bum Tschak-Rhythmus“. Alex zeigte sich, nach ein paar weiteren Drinks mit Pawel, als herausragendes Talent, genoss die Zeit im Rampenlicht und drosch die Felle zu „Nah Nah Nah“ von Vaya Con Dios „nach der Strich und der Faden“. Seine Freundin durfte auch noch kurz ein wenig Ruhm genießen.

„Ich dreh’ an den Reifen“

Pawel Popolski sang das Lied, mit dem er sich jeden Morgen in Stimmung bringt, wenn er in den Spiegel schaut. Der Song, zu dem die „hackedichte Pressesprecherin“ Pawel den Refrain entgegen singen sollte, nennt sich „You sexy Motherfucker“. Danach hieß es „Get the Polka started“ und dafür wurde sogar die restliche Popolski-Sippe via „Skypek“ aus ihrer Plattenbauwohnung in Zabrze zugeschaltet. Pawel war von der Stimmung im Tollhaus und von der musikalischen Leistung seiner buckligen Verwandtschaft so angetan, dass er den Abend nach mehreren Zugaben mit einem begeisterten „Ich dreh an der Reifen“ abschloss.

x