Kultur Südpfalz Stille Welt

Eine stille Welt, vornehmlich in Schwarz und Weiß, erwartet die Besucher im Forum der Städtischen Galerie Karlsruhe. Der Ausdruck, die innere Spannung, der Witz der ausgestellten Fotografien erschließt sich auf den zweiten Blick. „Ohne Auftrag. pe wolf – Fotografien“ eröffnet auf konzentriertem Raum einen weiten Blick auf das künstlerische Schaffen von Peter Wolf.

Der hat an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe studiert und dort jahrzehntelang die Werkstatt für Fotografie geleitet. Wolf selbst hat die Fotografien für die Ausstellung ausgewählt, rund 100 Aufnahmen von den 1960er-Jahren bis heute. Seine zeitlosen Aufnahmen richten sich nicht nach Jahreszahlen. Zeit und Raum rücken in den ohne Auftrag entstandenen Fotografien auf subtilere Weise in den Mittelpunkt. Pe Wolf setzt gern zwei oder mehr Aufnahmen desselben Motivs zu einem Bild zusammen, so dass der Betrachter schon genau hinsehen muss. Hat das Straßburger Münster plötzlich zwei Türme? Oder ist es die Doppelung in der Fotografie, die dem Straßburger Münster scheinbar den zweiten Turm verleiht? Was hier zählt ist nicht der Standpunkt des Betrachters, der kann ruhig stehen bleiben. Innerhalb einer Aufnahme verschiebt sich bereits der Blickwinkel, präsentiert das Motiv von der einen und von der anderen Perspektive. Am diskretesten und zugleich am spannendsten zeigt sich diese Arbeitsweise in den Porträtaufnahmen von Studentinnen und Studenten der Karlsruher Kunstakademie. Auf den ersten Blick schauen alle ganz biometrisch in die Kamera: geradeaus, möglichst ohne Mimik. Aber jedes Gesicht ist zweimal abgebildet. Liegt nur ein Wimpernschlag zwischen beiden Aufnahmen oder eine ganze Stunde oder ein Tag? Sind bei der einen Aufnahme die Konturen nicht stärker als bei der anderen? Das, was heute weit verbreitet ist, die digitale Nachbearbeitung von Fotografien, steckt jedenfalls nicht hinter den fast unmerklichen Veränderungen. Pe Wolf arbeitet mit rein fotografischen Mitteln, ohne Computer. Die Kunst des Fotografen besteht unter anderem darin, einen besonderen Blickwinkel zu entdecken, der etwas völlig Alltägliches in ein neues Licht taucht. Blumensträuße in Schwarz-Weiß sind herzlich unspektakulär, es sei denn, man setzt sie aus einzelnen Teilen wie ein Mosaik zusammen. Und was Hobbyfotografen zum Wahnsinn treiben kann wie der Lichteinfall, der die Aufnahme von Gemälden im Museum schier unmöglich macht, wird bei Wolf zum eigenen Stilmittel. Munter rückt er den Lichtstrahl in den Vordergrund, der die Porträtierten aus längst vergangenen Jahrhunderten wie Geistererscheinungen wirken lässt. Sogar rostende Blechdosen entfalten in den Fotografien von Pe Wolf eine ungeahnte Schönheit. Hier verzichtet der Fotograf auf das strenge Schwarz-Weiß. In überdimensionaler Großaufnahme kommen die schillernden Farbnuancen des sich zersetzenden Materials zur Geltung. Wolfs hintersinniger Humor zeigt sich im „Mann ohne Kopf“. Der durch den Bildrand abgeschnittene Kopf ist schon vorhanden, nur nicht da, wo man ihn vermutet. In dem Fernsehgerät, das der Mann in der Hand hält, schaut der Kopf heraus, mit einem vorwurfsvollen Blick als sei der Betrachter an dem Malheur schuld.

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