Frankfurter Börsen-Info Gehen die EZB und die US-Geldpolitik bald getrennte Wege?

Betrachtet die Geldpolitik in Europa losgelöst vom Vorgehen der Fed in den USA: EZB-Chefin Christine Lagarde.
Betrachtet die Geldpolitik in Europa losgelöst vom Vorgehen der Fed in den USA: EZB-Chefin Christine Lagarde.

Driftet die Geldpolitik in den großen Währungsräumen auseinander, dann gerät nicht nur der Euro unter Druck.

Normalerweise gibt die US-Notenbank Fed der Europäischen Zentralbank (EZB) den Takt vor, doch diesmal könnten die Zinsen im Euroraum früher sinken als in den USA. Für die Finanzmärkte hätte das schwerwiegende Folgen – nicht nur der Euro dürfte weiter unter Druck geraten.

Die Aussage von Christine Lagarde kam einer Unabhängigkeitserklärung gleich: „Was im Euroraum geschieht, wird nicht das Spiegelbild dessen sein, was in den USA geschieht“, verkündete die EZB-Präsidentin nach der Zinsentscheidung. Lagarde machte deutlich, bei der Zinswende nicht auf die Fed warten zu müssen. Die EZB zuerst? Das wäre historisch äußerst ungewöhnlich und riskant. Monatelang gingen Investoren fest davon aus, dass die US-Geldpolitik im Sommer gelockert wird – die Aussicht auf sinkende Zinsen fachte die Börsenparty an. Inzwischen sieht es anders aus.

Zinssenkung nur in Europa?

Die Fortschritte der Fed beim Kampf gegen die Inflation sind ins Stocken geraten – seit Jahresbeginn verstärkt sich der Preisauftrieb in der weltgrößten Volkswirtschaft wieder. Zudem brummt die US-Wirtschaft trotz hoher Zinsen weiter, sie braucht eigentlich keinen Anschub. In Europa hingegen schwächelt die Konjunktur, während die Teuerung sich normalisiert. „Trotz anhaltender Diskussionen wird die EZB wohl im Sommer – erstmals vor der Fed – die Leitzinsen senken“, meint Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Für die Märkte könnte ein Auseinanderdriften der Zinspfade in den großen Währungsräumen folgenschwer sein. Lagardes jüngste Äußerungen drückten den Euro gegenüber dem Dollar bereits auf ein Jahrestief.

An den Aktienbörsen haben die Zweifel an der Zinswende in den USA die Kursrallye bereits ausgebremst. Wenn die Inflation dort weiterhin nicht wie erhofft zurückgeht, sollten Anleger sich fest anschnallen.

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