Bahnverkehr Pünktliche Züge: Die Schweiz ist zu beneiden

Zwischen Zürich und München fahren nun Schweizer „Astoro“-Züge. Deren Pünktlichkeit lässt aber zu wünschen übrig – vor allem, we
Zwischen Zürich und München fahren nun Schweizer »Astoro«-Züge. Deren Pünktlichkeit lässt aber zu wünschen übrig – vor allem, weil große Teile der Strecke in Deutschland nur eingleisig sind.

Deutsche Bahnkunden beneiden die Schweiz um ihre pünktlichen Züge. Der Vergleich von Zahlen erfordert aber ein Mindestmaß an Fairness.

In der Schweiz fahren die Züge pünktlich, in Deutschland gibt es jede Menge Verspätungen. Dieses Bild ist nicht nur weit verbreitet, sondern auch richtig. Wenn man sich um ein Mindestmaß an Fairness bemüht, muss man allerdings aufpassen, welche Zahlen man vergleicht. Wer die DB schlecht aussehen lassen will, vergleicht gern die Gesamtzahlen der Schweiz mit deutlich über 90 Prozent pünktlichen Zügen mit den schlechten Daten des DB-Fernverkehrs, der nur 64 Prozent pünktliche Züge aufweist. Das ist allerdings unfair. Wenn man, wie in der Schweiz, nicht nur den Fernverkehr, sondern alle Züge zum Vergleich heranzieht, kommt auch die DB auf über 90 Prozent pünktliche Züge – allerdings, und das muss natürlich auch berücksichtigt werden, gilt in der Statistik der Schweizer SBB ein Zug schon ab drei Minuten Abweichung vom Fahrplan als verspätet, bei der DB dagegen erst ab sechs Minuten. Bei der DB wird also ein vier Minuten verspäteter Zug als pünktlich gewertet, bei den SBB dagegen als verspätet.

Eine Verspätung von vier Minuten ist per se in aller Regel noch kein Problem. Anders sieht es allerdings aus, wenn deswegen ein Anschluss verpasst wird und dadurch aus vier Minuten eine ganze Stunde wird. In der Schweiz wird auch deshalb so viel Wert auf Pünktlichkeit gelegt, weil es dort ein hochperfektioniertes System von schnellen Anschlüssen in Knotenbahnhöfen gibt, das nur funktioniert, wenn die Züge pünktlich sind. Da die Reisenden in der Schweiz daran gewöhnt sind, dass auf dieses System normalerweise Verlass ist, werden verspätete Fernzüge aus Deutschland zunehmend als inakzeptables Ärgernis empfunden. Deshalb fahren inzwischen weniger Züge als früher aus Deutschland über Basel hinaus zu Zielen in der Schweiz, oft enden nun stark verspätete Züge aus Deutschland auch außerplanmäßig in Basel und die SBB legen einen Ersatzzug ein, um das Einhalten des Schweizer Taktfahrplans sicherzustellen.

Direktzüge sind bei Kunden gefragt

Die theoretisch nahe liegende Konsequenz, überhaupt keine Fernzüge aus Deutschland über Basel hinaus fahren zu lassen, wäre in der Praxis allerdings auch für die Schweiz schmerzhaft, denn vor allem Tourismusdestinationen wie Graubünden legen großen Wert auf ihre Direktzüge aus Deutschland.

Umsteigefreie Verbindungen wie die ICE von Mannheim nach Berlin und Hamburg sind bei Bahnkunden sehr gefragt, nicht zuletzt gerade deswegen, weil sich damit Anschlussrisiken vermeiden lassen. Fernzüge leiden in Deutschland besonders unter den vielen Engpässen im DB-Netz. Um dieses Problem nachhaltig zu lösen, ist neben einem Abbau des Sanierungsrückstands im Bestandsnetz auch ein Ausbau nötig, der Engpässe entschärft und zusätzliche Kapazitäten schafft. Leider hat der Bund dafür vorgesehene Investitionsmittel gerade erst deutlich gekürzt. Die gute Pünktlichkeit in der Schweiz ist die Frucht von jahrzehntelangen, kontinuierlichen Investitionen ins Schienennetz.

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