Kultur Der liebe Gott in Wien

Querdenker, Querulant, Theater-Berserker, -Magier, Altvorderer, Anarchist – kein deutscher Theatermann passt in so viele Rollenfächer wie Claus Peymann. Heute feiert der nach 18 Jahren scheidende Intendant des Berliner Ensembles seinen 80. Geburtstag.

Zum Ende dieser Spielzeit muss Peymann den Berliner Intendanten-Posten räumen. Es passt ihm gar nicht. Was er, seit das Datum steht, ja, geradezu herausgeschrien hat. Sein selbst gestelltes Ziel dort hat er nicht erreicht, der „Stachel im Fleisch der Mächtigen“ zu sein. Seine Zeit in dem einst von Bertolt Brecht zu Weltruhm geführten Theater wurde von solidem Handwerk geprägt. Was die Zuschauer mochten. Peymann verbuchte Besucherrekord auf Besucherrekord. Die Kritiker allerdings haben oft gemäkelt und seine Produktionen, zuletzt Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“, als zu konservativ abgetan. Das war einmal anders. In seinen Chefjahren am Stuttgarter Staatstheater und am Schauspielhaus Bochum gehörte Claus Peymann zu den wichtigsten Impulsgebern des deutschsprachigen Theaters. In den 1970er und 80er Jahren stand er für eine moderne Schauspielkunst. Unvergessen auch: sein Wirken am Burgtheater Wien von 1986 bis 1999. Er selbst sagte einmal dazu: „Ich war der liebe Gott in Wien!“ Klappern gehörte für ihn immer zum Geschäft. Künstlerisch punktete er in Wien mit modernem Gesellschaftstheater. Am besten in Erinnerung: die Uraufführung von Thomas Bernhards „Heldenplatz“ 1988. Die kluge Auseinandersetzung des Stückes mit dem Faschismus in Österreich wurde als das empfunden, was sie war: eine Provokation wider alle verlogene Selbstgefälligkeit. Ähnlich Aufrüttelndes gelang Claus Peymann am Berliner Ensemble, nicht. Bereut hat er die Zeit aber nicht. Und, ganz klar: Ruhestand kennt der gebürtige Bremer nicht. Er wird als freier Regisseur arbeiten. In der nächsten Spielzeit will er in Stuttgart Shakespeares „König Lear“ inszenieren.

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