Kultur Ein Fanal für den Frieden

Am Ende läuten die Glocken. Dann die Stille nach einem der aufwühlendsten, erschütterndsten Werke der neuen Musikgeschichte. Ein klingendes Fanal für Frieden, Freiheit, Demokratie: Benjamin Brittens gewaltiges „War Requiem“, das jetzt auf dem Programm von drei Akademiekonzerten des Mannheimer Nationaltheaterorchesters stand.

Ein Auftragswerk, komponiert für die Weihe der 1962 eröffneten neuen Kathedrale im englischen Coventry. Der mittelalterliche Vorgängerbau fiel den deutschen Bomben zum Opfer, wurde nach 1945 aber auch zu einem Symbol der englisch-deutschen Aussöhnung. Daran hatte auch der Komponist Britten einen Anteil. Er vertonte außer dem liturgischen Text noch Gedichte des im Ersten Weltkrieg gefallenen Wilfred Owen. Schonungslose, erschütternde Texte, die das ganze Grauen, die Barbarei des Tötens und Getötetwerdens in den Schützengräben des Krieges aufzeigen. Britten legt diese Worte einem deutschen (bei der Uraufführung gesungen von Dietrich Fischer-Dieskau) und einem englischen Soldaten (verkörpert von Peter Pears, dem Lebensgefährten des Komponisten) in den Mund. „Lass uns nun schlafen“, ist das Letzte, was sie gemeinsam singen. Ein friedlicher Abschied von einem Leben, das nur aus Schlachten und Abschlachten bestand. Britten betreibt einen gewaltigen Aufwand für dieses Werk, das zu seinen bekanntesten Kompositionen gehört: großes Orchester, Kammerorchester, Chor, Kinderchor, drei Solisten (Sopran, Tenor, Bariton). Mannheims Generalmusikdirektor Alexander Soddy steht vor der ungemein anspruchsvollen Aufgabe, diesen Klangapparat zu koordinieren. Es gelingt ihm mit Bravour, indem er hochkonzentriert und sehr konsequent Einsätze gibt, Tempi und Dynamik reguliert und vor allem den unterschiedlichsten, zum Teil völlig gegensätzlichen Ausdrucksebenen dieser großartigen Komposition nachgibt. Dem Werk wird keine Interpretation aufgezwungen, es steht für sich, spricht für sich – und hat auch eine Menge zu sagen. Unberührt kann man einer Aufführung des „War Requiems“ nicht zuhören. Da wären zum einen die nachgerade infernalischen Klangballungen im „Dies Irae“ oder im „Libera me“. Das ist ein einziger, markerschütternder Schrei nach Erlösung, immer wieder durchbrochen von der wunderbaren Sopranistin Heather Engebretson. Die intimeren, gleichwohl von ihrer Aussage noch hoffnungsloseren Aussagen aus den Owen-Gedichten hat Britten den Männersoli zugeordnet: Allan Clayton (Tenor) und Raymond Ayers (Bariton) gestalten das mit höchster Intensität. Bis hin zum finalen „Lass uns nun schlafen“.

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