Kultur Ein Mann mit vielen Eigenschaften

Schneyder 2008 vor dem Deutschen Kabarettarchiv in Mainz.
Schneyder 2008 vor dem Deutschen Kabarettarchiv in Mainz.

Die Liste seiner Talente war lang: Autor, Sänger, Sportkommentator, Schauspieler, Regisseur, Ringrichter. Der Österreicher Werner Schneyder hat aber vor allem die Kabarett-Szene in Deutschland viele Jahre mitgeprägt. Im Alter von 82 Jahren ist er am Wochenende gestorben.

Jahrzehntelang hat der „Universaldilettant“ Werner Schneyer als Satiriker die Verhältnisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufs Korn genommen. Mehr als 1000 Auftritte auf den Bühnen in Österreich und Deutschland, eine legendäre Zusammenarbeit mit Dieter Hildebrandt bei der Münchner „Lach- & Schießgesellschaft“ und viele Ausflüge in die Sportwelt – unter anderem als Box-Kommentator – haben Schneyder bekannt gemacht. Er passte in keine Schublade – eine gute Voraussetzung für originelle und tiefschürfende Analysen. Er selbst sah sich politisch als vielfarbig. „Ich bin in einigen Punkten erzkonservativ, in anderen tief grün, flächendeckend liberal und sozialpolitisch sehr links“, so Schneyder über Schneyder. 2016 stand er wie andere Künstler im Bundespräsidentenwahlkampf in Österreich auf der Seite des Grünen-nahen Alexander Van der Bellen. Den rechtspopulistischen FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer fand er schwer erträglich. Dabei gehörte Schneyder zu den Intellektuellen mit starker Abneigung gegenüber dem Islam. Die oftmals aus politischer Korrektheit gepflegte Toleranz gegenüber dieser Religion hielt er für falsch. Der gebürtige Grazer mit Doktortitel in Publizistik war zunächst Lokal-Sportreporter und Werbetexter. Wenig später arbeitete er in Salzburg als Theaterdramaturg und schrieb auch Theaterkritiken, bevor er selbst auf der Bühne stand. Meist verfolgte er seine Interessen parallel, war gleichzeitig Autor und Kabarettist, Schauspieler und Aphoristiker oder Regisseur und Drehbuchautor. Zeitweise schrieb er Kolumnen im Männermagazin „Playboy“. Rund 20 Bücher hat er verfasst. Bekannt wurde Schneyder in Deutschland als kongenialer Partner von Kabarett-Legende Hildebrandt. „Es war eine politische Seelenverwandtschaft“, sagte Schneyder über die Jahre mit dem 2013 gestorbenen Künstler. Musik und die Kunst gehörten zu den Eckpfeilern in Schneyders Leben. Er sammelte voller Begeisterung Bilder und war ein großer Opernfan. Diese Musikgattung sah er allerdings bedroht. Sein Verjüngungsrezept: Konsequentes Übersetzen der Texte in die jeweilige Sprache des Publikums. Nachdichtungen könnten viel besser sein als die italienischen, französischen, russischen Originale. Seine Lieblingsoper war Verdis „Falstaff“. Erschütternd war für Schneyder der Krebstod seiner ersten Frau Ilse. Deren Leidensweg erzählte er 2008 im Buch „Krebs. Eine Nacherzählung“ auf drastische Weise. Das Buch geriet zur Anklage gegen die ärztliche Kunst. Die könne auch als Folter begriffen werden, meinte Schneyder. Die weiche Seite des Satirikers kam zum Vorschein, wenn er bei seinen Auftritten zum Sänger wurde. Unter dem Titel „Das war`s von mir“ präsentierte er 2017 seine besten Kabarettnummern in aktualisierter Version und mit vielen Chansons. „In der zweiten Hälfte singe ich Liebeslieder. Das ist der andere Schneyder“, so der Künstler damals zum Auftakt des Programms.

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