Kultur Geschichten getragen von Menschlichkeit

Iris Berben in „Hanne“ von Dominik Graf. Die 67-Jährige spielt in dem Fernsehfilm eine frisch pensionierte Frau, die auf eine är
Iris Berben in »Hanne« von Dominik Graf. Die 67-Jährige spielt in dem Fernsehfilm eine frisch pensionierte Frau, die auf eine ärztliche Diagnose wartet. Iris Berben erhält am 25. August den Schauspielpreis des Festivals.

78 Filme hat das 14. Festival des deutschen Films auf der Parkinsel Ludwigshafen zwischen 22. August und 9. September im Programm, das diesmal nach thematisch-formalen Sparten strukturiert ist. Neu ist die Reihe „Salon – internationaler Film“. Auch die Preisstruktur ist anders: Es gibt nur einen Schauspielpreis – er geht am 25. August an Iris Berben –, erstmals einen Regiepreis. Hans Weingartner erhält ihn am 7. September. Und den Medienkulturpreis für innovative TV-Filme vergibt ab sofort eine Jury.

Geschichten, die „den Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht auf Kosten anderer gehen“, möchte Festivalleiter Michael Kötz zeigen. „Ich habe einen humanitären Ansatz“, sagt er fast entschuldigend bei der Vorstellung des diesjährigen Programms, das er auch als Reaktion sieht auf aktuelle politische Entwicklungen. Daher auch die neue Reihe mit zwölf internationalen Filmen, die das Publikum mitnehmen möchte auf eine Reise in andere Kulturen. „Filme sind eine tolle Gelegenheit, um in fremde Welten zu klettern.“ Etwa nach Kinshasa, wo die resolute Sängerin „Felicité“, darum kämpft, das ihr Sohn nach einem Unfall die notwendige medizinische Behandlung bekommt. Ein Film, der für offene Herzen wirbt. Wie auch „Styx“, einer von 13 Filmen im Wettbewerb um den Filmkunstpreis: Im Mittelpunkt steht eine Ärztin, die Flüchtlinge in Seenot rettet. Der Film, der im Februar die Berlinale-Reihe „Panorama“ eröffnete, passt damit zu Michael Kötz’ Ziel, Geschichten zu erzählen, „die im Moment wichtig sind“. Das Festival möchte damit auch Diskussionen anstoßen und trotz seiner Fokussierung auf deutsche Filme den Blick weiten. Damit die Besucher im diesmal umfangreicheren Programm, das sich erstmals in drei satt zwei Zelten abspielen wird, nicht den Überblick verlieren, gibt es eine neue Aufteilung in Sparten: 20 Filme laufen unter dem Dach „Stilbewusst und intensiv“, elf unter „Klassisch erzählt“. Dokumentarisch-essayistisch geht es bei den sechs Filmen der Reihe „Erkundungsreisen“ zu, und elf firmieren unter „Kriminell gut“. In TV- und Kinofilme aber unterteilt das Festival bewusst seit Längerem nicht. Und so sind unter den 13 Filmen im Rennen um den Filmkunstpreis auch „Murot und das Murmeltier“ – der neue Hessen-„Tatort“ – und „Mein erster Mord (Schwartz & Schwartz)“. Aber auch drei der vier deutschen Berlinale-Wettbewerbsfilme haben Michael und Daniela Kötz in den Wettbewerb geladen: Christian Petzolds „Transit“, Thomas Stubers „In den Gängen“ und den Lola-Gewinner „3 Tage in Quiberon“. Ebenfalls nominiert für den Filmkunstpreis ist Dominik Grafs Fernseharbeit „Hanne“ mit Iris Berben, die zudem mit dem Schauspielpreis ausgezeichnet wird. Sie spiele eine Chefsekräterin am Tag nach ihrer Pensionierung, die fürchtet, todkrank zu sein, erläutert Michael Kötz. Um die Sorge, womöglich nicht mehr lange leben zu dürfen, geht es auch im Eröffnungsfilm „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“ mit Corinna Harfouch, die bereits 2015 den Schauspielpreis erhielt. In der Tragikomödie „tritt der liebe Gott persönlich auf“, kündigt Kötz den Film an, der ideal zum Festivalprofil passe. Ob Corinna Harfouch erneut auf die Parkinsel kommen wird, ist noch offen, Theaterproben bilden eine Hürde, erläutert Programm-Managerin Daniel Kötz. Dafür haben zwei Stars bereits fest zugesagt: Josef Bierbichler wird am 28. August seinen Film „Zwei Herren im Anzug“ vorstellen. Und Johann von Bülow ist gleich mit drei Filmen vertreten, die alle zur Wahl des Publikumspreises stehen. Insgesamt 48 Filme – alle aus „Stilbewusst und intensiv“, „Klassisch erzählt“, „Kriminell gut“ und „Erkundungsreisen“ – können den Preis gewinnen, der besonders aufgewertet wird: Der Publikumspreis ist künftig – wie der Filmkunstpreis – mit 20.000 Euro dotiert und trägt den Namen „Rheingold“. Er wird am 8. September mit dem Filmkunstpreis und dem neu strukturierten Medienkulturpreis vergeben. Der Medienkulturpreis will „Fernsehfilme rausfischen, die Kinoqualität haben“. Sieben sind nominiert, eine eigene neue Jury wird über den Sieger entscheiden. Neben Iris Berben aber steht schon ein zweiter Preisträger fest: Hans Weingartner, Regisseur von packenden, auch international erfolgreichen Filmen wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Das weiße Rauschen“, wird erster Träger des Regiepreises Ludwigshafen. Ausschlaggebend: sein neuer Film „303“, eine Liebesgeschichte, die ab kommender Woche auch in Programmkinos läuft. „Hallo, hier kann es jemand wirklich“, wolle das Festival mit dem neuen Regiepreis verkünden, sagt Michael Kötz. Die Ehrung erinnert somit etwas an die Auszeichnung „Master Of Cinema“, die beim Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg vergeben wird, dessen Leitung Michael Kötz ja abgeben wird, um sich auf die Arbeit in Ludwigshafen zu konzentrieren. Für die 14. Ausgabe hoffen er und sein Team nun auch auf wärmeres Wetter als im Vorjahr: 2017 waren die Zuschauerzahlen um zwölf Prozent zurückgegangen gegenüber 2016, als rund 100.000 kamen. Da der Etat laut Kötz zu 80 Prozent aus Einnahmen durch Tickets und die Gastronomie bestritten werden muss, ein durchaus spürbarer Verlust, den das Festival mit den neuen Angeboten auffangen möchte. Das Festival Dauer: 22. August bis 9. September; Vorverkauf ab 27. Juli; Programm online unter www.festival-des-deutschen-films.de

x