Jubiläum „Ich liebe das Adrenalin“: US-Schnulzenkönig Lionel Richie wird 75 Jahre alt

Lionel Richie.
Lionel Richie.

Mit Songs wie „Hello“ oder Say You, Say Me“ schmachtete sich Lionel Richie in die Herzen von Millionen Fans. Jetzt wird der ultimative Schnulzenkönig 75 Jahre alt - und ist weiter nonstop auf Tour.

Die vergangenen Jahre brachten für Lionel Richie einen Höhepunkt nach dem anderen: Erst wurde der US-Sänger in die Ruhmeshalle des Rock ’n’ Roll aufgenommen, dann feierte seine Tochter Sofia eine spektakuläre Riesenhochzeit und macht ihn nun erneut zum Großvater – wobei er aber darauf bestehe, von seinen Enkeln nicht „Opa“, sondern „Pop-Pop“ genannt zu werden, wie er in einem Interview sagte. Und dann trat er auch noch bei den Feiern zur Krönung von Charles III. in Großbritannien auf. Und Richie, der am 20. Juni 75 Jahre alt wird, fährt das Tempo einfach weiter und hat seinen Kalender schon wieder voller Konzertauftritte für das ganze Jahr geplant.

Mit Welthits wie „Hello“, „Truly“, „Say You, Say Me“ oder „Three Times a Lady“ wurde Richie zum Star. Viele seiner Songs sind längst Klassiker und laufen weltweit im Radio rauf und runter. Sogar er selbst höre seine Lieder „die ganze Zeit“ zufällig im Radio, sagt Richie – und freue sich jedes Mal wieder. „Ich höre dann weg für eine Minute oder so, rede mit jemandem und denke plötzlich: ,Oh, was für ein guter Song.’ Und dann: ,Oh, das ist ja meiner.’“

Bescheidenheit war noch nie Richies größte Stärke, aber dafür haben ihm seine eigenen Songs sogar durch Lebenskrisen geholfen. „Ich bin durch eine schmerzvolle Zeit in meinem Leben gegangen, als ich gleichzeitig meinen Vater verloren und mich scheiden lassen habe“, erzählte er einmal dem britischen „Mirror“. „Dann sagte ein Freund zu mir: ,Lionel, ich will, dass du dir ein paar inspirierende Platten anhörst.’ Er gab mir meine eigenen Lieder, einige waren unterstrichen, und ich habe angefangen, den Texten zu lauschen – dieses Mal aus der Sichtweise von jemandem, der die Botschaft braucht.“

Das habe ihm geholfen. „Mein Freund sagte: ,Du hast die Antworten doch schon. Seit Jahren tust du es für andere Menschen, es wird Zeit, dass du dir selbst zuhörst.’ Früher habe ich die Zuschauer angeschaut und mich gewundert, warum sie weinen, wenn sie meine Songs hören, aber jetzt verstehe ich es – die Lieder treffen dich einfach ganz tief drinnen.“ Seine Ziele habe er längst erreicht. „Ich habe meine Ziele sogar schon vor einer langen Zeit übertroffen, als jemand zu mir gesagt hat: ,Du hast 40 Jahre voller Alben, die dich überleben werden.’“

Geboren wurde der Sänger als Lionel Brockman Richie Jr. 1949 in der Stadt Tuskegee mit rund 12.000 Einwohnern im US-Bundesstaat Alabama. Die ganze Kleinstadt habe ihn aufgezogen, sagte der Sänger einmal und widmete ihr 2012 auch ein gleichnamiges Album. Während der Schulzeit, die Richie unter anderem auch im Bundesstaat Illinois verbrachte, spielte er so gut Tennis, dass er ein Stipendium für die Universität in Tuskegee bekam. Dort lernte er die Soul-Band Commodores kennen und wurde ihr Saxofonist und Sänger.

„Ich war zu klein für Basketball, zu dünn für Fußball, zu langsam fürs Sprinten. Der einzige Sport, den ich machen konnte, war Tennis. Aber auf dem Tennisplatz gab es keine Mädels. Dann bin ich die Bühne gekommen und in der ersten Reihe schrien die Mädels. Da wusste ich: Das ist es.“ Die Commodores spielten als Vorgruppe der „Jackson Five“, und Richie schrieb die größten Hits der Band: Songs wie „Easy“, „Three Times a Lady“ und „Sail On“ sind noch heute Klassiker.

Zwischendurch hatte der tief religiöse Sänger auch überlegt, Priester zu werden. „Aber um die Geschichte kurz zu machen: Ich bin Mitglied der Commodores geworden und ein Mädel in der ersten Reihe hat geschrien: „Sing, Baby!“ Danach habe ich die Seelsorger angerufen und ihnen gesagt, dass ich doch nicht dafür geschaffen bin, Priester zu werden.“ Als Songschreiber wird Richie aber immer erfolgreicher und nimmt bald auch Aufträge anderer Sänger an. Für den 2020 gestorbenen Country-Star Kenny Rogers schreibt er „Lady“, für den Film „Endless Love“ den gleichnamigen Titelsong – und beide landen ganz vorne in den Charts.

Die Beziehung zu den anderen Mitgliedern der Commodores zerbricht über Richies Songschreiber-Triumphen, aber solo wird der Sänger sogar noch erfolgreicher. Mit drei Erfolgsalben – „Lionel Richie“, „Can't Slow Down“ und „Dancing on the Ceiling“ – wird der Balladen-König in den 80er Jahren weltweit bekannt. Vier Grammys und ein Oscar für den Song „Say You, Say Me“ aus dem Film „White Nights - Die Nacht der Entscheidung“ besiegeln seinen Status als Superstar. In seinem Haus in Los Angeles sammelt er heute teure Kunst und hat sechs Regale voller Preise und Auszeichnungen.

Privat lief es dagegen holprig. Nachdem eine Affäre mit Diane Alexander ans Licht kommt, lässt sich Richies College-Freundin Brenda Harvey 1993 nach fast 18 Jahren Ehe von ihm scheiden. Kurz darauf heiratet Richie seine Geliebte Alexander und bekommt mit ihr einen Sohn und eine Tochter. 2004 zerbricht auch diese Ehe.

Mit Ex-Frau Harvey hatte Richie 1983 bereits die damals zweijährige Nicole, Tochter eines seiner Bandkollegen, bei sich aufgenommen und später adoptiert. Nicole Richie ist inzwischen als TV-Sternchen und ehemalige beste Freundin von Hotelerbin Paris Hilton zumindest bei einer jüngeren Generation fast bekannter als ihr Vater. Verheiratet mit dem Good Charlotte-Sänger Joel Madden hat sie Lionel Richie bereits zum zweifachen Opa gemacht.

Die Pflichten als Opa

Neben seinen Opa-Pflichten sitzt Richie unter anderem in der Jury der Show „American Idol“, vertreibt Parfüms, die die Namen seiner Songs tragen und setzt sich für den Kampf gegen Brustkrebs ein. An Rente denke er überhaupt nicht, sagt der Sänger. „An jedem Tag, an dem ich Sport mache, merke ich, dass mein Sohn Miles immer besser aussieht. An jedem Tag, an dem ich denke, dass ich der hippste Typ bin, bringen mich meine Töchter Nicole und Sofie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie erinnern mich daran, dass die Zeit vergeht. Aber das Business hält mich auf Trab. Ich bin süchtig nach Erschöpfung. Ich liebe das Adrenalin.“

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