Kultur Im Schatten der Brooklyn Bridge

Als recht europäisch empfinden Susanne Königs Kunden das Ambiente ihrer Buchhandlung.
Als recht europäisch empfinden Susanne Königs Kunden das Ambiente ihrer Buchhandlung.

Susanne König hat etwas, wovon viele träumen: einen Buchladen in New York. Das kam eher zufällig. Inzwischen ist die Berlinerin sogar von der Frankfurter Buchmesse geehrt worden. Der Laden hält sich in Zeiten von Amazon – aus besonderem Grund.

Über die Brooklyn Bridge in der Kunstgeschichte schrieb Susanne König einst an der Universität Bochum ihre Magisterarbeit. Ein paar Jahrzehnte später sieht die 51-Jährige die berühmte Brücke jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit. „Ausgerechnet genau im Schatten der Brooklyn Bridge bin ich jetzt mit einem Buchladen gelandet.“ Seit fast 15 Jahren betreibt die in Ost-Berlin geborene König gemeinsam mit ihrem Mann im Szene-Stadtteil Dumbo den Laden „Powerhouse Arena“, der zu den beliebtesten Buchgeschäften der Metropole zählt. „Jedermanns Lieblingsbuchladen“ nennt ihn die Webseite des Stadtviertels, und die Frankfurter Buchmesse ehrte König vor Kurzem mit dem US-Booksellers-Preis. Sie habe in ihrem Laden „viel für die internationale Literatur unternommen“ und sei immer eine „Aktivistin für übersetzte deutsche Bücher“ gewesen, hieß es in der Begründung. „Wenn deutsche Touristen vorbeikommen, lasse ich immer durchblicken, dass ich Deutsche bin, und dann sagen die: ,Wow, Sie haben einen Buchladen in New York? Das ist ja toll’“, erzählt König zwischen Tischen voller Bücher. Durch große Fensterfronten strömt Sonnenlicht in den Laden. An eine Buchhandlung in New York kam König eher zufällig. 1977 in die Bundesrepublik übergesiedelt, studierte sie in Bonn und Bochum, unter anderem Amerikanistik und Kunstgeschichte, lebte dann einige Jahre in Paris und arbeitete für Auktionshäuser, Museen und Kunstbuchverlage. Im Jahr 2000 ging sie schließlich nach New York – aus Liebe zu einem Mann und wegen eines Jobs bei einem Verlag. „Das war eine Riesen-Lernkurve“, sagt König. 2005 eröffnete sie gemeinsam mit ihrem Mann, der einen Verlag vor allem für Kunst- und Fotobücher betreibt, einen Buchladen – dort, von wo aus Brooklyn und Manhattan Bridge über den East River nach Manhattan streben. „Damals war noch nicht viel in Dumbo, aber es gab viel große, unbenutzte Fläche, die einfach cool war. Am Anfang war alles sehr spartanisch und dilettantisch, aber wir haben das alles ganz langsam aufgebaut.“ Tische, Stühle und Regale finden König und ihr Mann auf der Straße oder günstig im Internet. Neben Büchern verkaufen sie bald Brooklyn-Souvenirs, denn der Stadtteil um sie herum entwickelt sich zu einem angesagten Touristen-Magnet. Sie veranstalten Lesungen, und bald gastieren Bestseller-Autoren wie Anthony Bourdain, Salman Rushdie, Al Gore oder Karl Ove Knausgård in Dumbo. Inzwischen hat König rund ein halbes Dutzend Angestellte in Dumbo und sogar noch eine kleine Filiale eröffnet. Die ursprüngliche „Powerhouse Arena“ musste zwar in einen anderen Laden ein paar Straßenecken weiter umziehen, nachdem der Vermieter die Miete im alten Geschäft zu sehr anhob, aber die Buchhandlung hält sich – und das auch in Zeiten des übermächtig erscheinenden Online-Händlers Amazon. „Es gibt besonders an den Küsten in den USA den Trend dazu, ganz bewusst lokal und bei kleinen Händlern einzukaufen, weil man weiß, wenn ich das nicht mache, dann gibt es diesen Buchhändler nicht mehr“, sagt König. „Und ich glaube, dieses quasi generöse Verhalten gibt es in Deutschland nicht so, aber deswegen können hier kleine Buchläden überleben und sogar neue aufmachen.“ Der Trend lässt sich in New York gut beobachten: In den vergangenen Jahren haben mehrere individuell geführte Buchläden neu aufgemacht, während die großen Ketten kämpfen müssen. Einige Buchläden wurden zuletzt sogar spektakulär gerettet. Alle paar Minuten rattert die U-Bahn hoch über dem Buchladen über die Manhattan Bridge. „Das war zuerst eine ganz schöne Herausforderung für uns, aber jetzt mögen wir es. Einige Autoren haben das auch schon kommentiert, zum Beispiel Patti Smith. Sie hat hier Bücher signiert, ist dann rausgegangen, die U-Bahn ratterte, und sie sagte: „Das ist wunderbar, hier will ich meine Musik spielen. Das ist so New York.“

x