Filmfestival Venedig Im Wettbewerb trifft der Joker auf Maria Callas

Bei einem Werkstatttermin im Berliner Museum für Fotografie wurden 2018 Teile aus dem Nachlass von Leni Riefenstahl gezeigt. And
Bei einem Werkstatttermin im Berliner Museum für Fotografie wurden 2018 Teile aus dem Nachlass von Leni Riefenstahl gezeigt. Andres Veiel sichtete die 700 Kisten und machte einen Film daraus.

Mit der späten Fortsetzung „Beetlejuice, Beetlejuice“ von Tim Burton – 36 Jahren nach dem ersten Film – beginnen am Mittwoch, 28. August, die 81. Filmfestspiele von Venedig. 21 Filme sind im Wettbewerb um den Goldenen Löwen. Darunter ist zwar kein deutscher, aber zwei wichtige deutsche Filme laufen trotzdem auf dem Lido.

Im Vorjahr litt Venedig darunter, dass wegen des Hollywoodstreiks kaum Stars kamen, diesmal geht es wieder rund: George Clooney, Angelina Jolie, Nicole Kidman, Daniel Craig, Cate Blanchett, Brad Pitt, Joaquin Phoenix, Lady Gaga sowie Michael Keaton und Winona Ryder aus dem Eröffnungsfilm „Beetlejuice, Beetlejuice“ – beide spielten auch im ersten Film.

Angelina Jolie – hier 2019 bei einer UN-Rede – kommt nach Venedig.
Angelina Jolie – hier 2019 bei einer UN-Rede – kommt nach Venedig.

Pedro Almodovar zeigt seinen ersten englischsprachigen Film „The Room Next Door“ über zwei New Yorker Freundinnen mit Julianne Moore und Tilda Swinton. Adrian Brody spielt einen den Holocaust überlebenden Architekten, der in die USA auswandert, in „The Brutalist“ von US-Regisseur Brady Corbet. Angelina Jolie ist die Opern-Diva Maria Callas in „Maria“ von Pablo Larrain, der ein Spezialist für Filmbiografien über berühmte Frauen ist.

Jurypräsidentin: Isabelle Huppert

Die Gilde der Autorenfilmer im Wettbewerb umfasst Gianni Amelio, Wang Bing, Walter Salles, Emmanuel Mouret – und Todd Philipps: Der US-Amerikaner gewann mit „Joker“ 2019 den Goldenen Löwen (und danach zwei Oscars). Nun kommt die Fortsetzung „Joker: Folie à deux“. Joaquin Phoenix ist wieder dabei, neu im Enseble ist Lady Gaga als Jokers Freundin. Bisher haben noch nie Filme der verschidenen Batman-Reihen ein Festival gewonnen, aber Jurys sind unberechenbar. Präsidentin ist Isabelle Huppert, die deutsche Regisseurin Julia von Heinz ist ebenfalls dabei. Tendenziell gewinnt in Venedig eher der künstlerisch beste Film als ein politisch motivierter.

In „Babygirl“ zu sehen: Nicole Kidman.
In »Babygirl« zu sehen: Nicole Kidman.

Daniel Craig, der bisherige Bond-Darsteller glänzt in der Verfilmung von William Burroughs Roman „Queer“ von Italiens Regiestar Luca Guadagnino, dessen Tennisfilm „Challengers“ (2023) schon seit Wochen erfolgreich in den deutschen Kinos läuft. Immerhin ein Drittel der Wettbewerbsregisseure (Doppel-Regie inklusive) ist weiblich. Zwar gehören Athina Rachel Tsangari, Maura Delpero, Dea Kulumbegashvili, Giulia Luisa Steigerwalt, Delphine und Muriel Coulin und Halina Reijn noch nicht zur Klasse der A-Regisseure, aber sie sind auf dem Weg dahin. Und Reijn konnte für ihren Erotikthriller „Babygirl“ immerhin Nicole Kidman und Antonio Banderas gewinnen.

Olympia 1936, Olympia 1972

Deutsche Filme haben es nicht in den Wettbewerb geschafft, Tsangaris Western „Harvest“ und Larrains „Maria“ sind jedoch deutsche Co-Produktionen. Dabei hätte man es vor allem „Riefenstahl“ von Andres Veiel und „September 5“ von Tim Fehlbaum gewünscht. Veiel hat auf Bitten von Sandra Maischberger 700 Kisten Nachlass von Leni Riefenstahl durchgesehen und daraus eine Dokumentation gemacht, die Riefenstahl so zeigt, wie sie selbst sich sah oder wie man es anhand dessen, was sie an Fotos, Texten, Film- und Fernsehaufnahmen aufgehoben hat, sich vorstellen kann.

Der Film ist nicht nur wegen des Inhalts politisch, sondern auch wegen Riefenstahl, die zur NS-Zeit drei Mal Filme in Venedig zeigen durfte, zuletzt „Olympia“, der sich gegen Disneys „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ durchsetzte und den Siegpreis holte, der 1938 noch nicht Goldener Löwe hieß.

Noch mal Olympia: Der von Edgar Reitz mitfinanzierte Spielfilm „September 5“ von Tim Fehlbaum, einem zu Unrecht unterschätzten deutschen Regisseur („Hell“, „Tides“), behandelt den Tag des Attentats der Palästinenser 1972 auf die Olympischen Spiele in München und die Geiselnahme – aus der Sicht der Sportreporter des US-Senders ABC, die Schüsse aus dem Olympischen Dorf hören, und beschließen, live über die 21-stündige Geiselnahme zu berichten. So etwas gab es vorher noch nie im Fernsehen. Dabei geht es um ein Problem, das immer noch aktuell ist: Wie berichtet man über eine solche Situation, wenn die Täter die mediale Aufmerksamkeit für ihre Zwecke nutzen? Die Hauptrollen spielen Peter Skarsgard und Leonie Benesch („Das Lehrerzimmer“) als Dolmetscherin.

x