Literatur Martina Hefter gewinnt den Deutschen Buchpreis

Das Leben annehmbar machen: Martina Hefter.
Das Leben annehmbar machen: Martina Hefter.

Schon eine kleine Überraschung, die Schriftstellerin, Tänzerin und Performerin Martina Hefter hat mit Ihrem Roman „Hey guten Morgen wie geht es dir?“ den Deutschen Buchpreis gewonnen, dotiert mit 25.000 Euro und – fast wichtiger noch – mit großer Aufmerksamkeit verbunden.

Für den Moment war Martina Hefter außer sich. Mit dem Deutschen Buchpreis hat sie augenscheinlich trotz der Lobeshymnen nicht gerechnet. Sie herzte die Menschen um sich herum. Clemens Meyer, mit seinem tausendseitigen Romanmassiv „Die Projektoren“ war er der große Favorit, saß eher stumm. Lauter werdende Probenmusik drang in Hefters improvisierte Dankesrede. Davon, dass ihr preisgekrönter Roman einen „zermürbenden Alltag mit mythologischen Figuren und kosmischen Dimensionen“ verbinde und „zwischen Melancholie und Euphorie“ navigiere, ist im Jurytext die Rede.

Wohin mit der Einsamkeit? Und wohin mit dem Schmerz? Tatsächlich sind es große Fragen, die der vierte Roman der 1965 im Allgäu geborenen Martina Hefter verhandelt. In „Hey guten Morgen wie geht es dir?“, auf der Folie von Lars Triers epischen Endzeitfilm „Melancholia“ (2011) geschrieben, geht es um eine neuartige Form des Heiratsschwindels. Um die Tänzerin Juno Isabella Flock, die man durch ihren zermürbenden Alltag begleitet. Bei ihrer prekären Arbeit als freiberufliche Tänzerin und Performerin. Wie sie sich um Jupiter kümmert, der chronisch krank ist, Heilung ausgeschlossen. Er sitzt im Rollstuhl. Ihre Tage, „meistens immer das Gleiche“. Zu oft weiß Juno nicht, was sie gebracht haben. Dazu schläft sie nachts schlecht.

Sie beginnt dann im Internet Gespräche mit sogenannten Love Scammern zu führen, Männern, die es auf einsame Frauen abgesehen haben, verwundbar, weich, finanziell abzockbar. Weil Juno zwar einsam, aber alles andere als naiv ist, fängt sie an, mit ihnen zu spielen, belügt die Lügner, betrügt die Betrüger. Bis sie virtuell Bekanntschaft mit Benu aus Nigeria schließt. Es ändert alles.

Martina Hefter hat ein Buch zur Zeit und über das Elend der globalisierten, digitalisierten Welt geschrieben, in einem Ton, der sie als große Künstlerin ausweist. Mit einmal komischen, nicht selten auch ironischen Spitzen und unverhofften kleinen Pointen, die bei der Lektüre das Absurde des Alltäglichen in den Blick nimmt, das Schmerzhafte und Schwierige, das Prekäre und Randständige, das die Erzählerin erlebt – und dadurch annehmbar macht. Man möchte fast verzweifeln und muss es nicht. Ein Roman als Rettung. Der Deutsche Buchpreis ist mehr als verdient.

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