Elsass Offene Denkmäler in Frankreich: Eine Kirche für den Frieden

Ein neogotischer Turm, der in den Himmel ragt und zum Frieden mahnt.
Ein neogotischer Turm, der in den Himmel ragt und zum Frieden mahnt.

„Journées du patrimoine“ bei unseren französischen Nachbarn: Hunderte Denkmäler laden am 21. und 22. September zu Besuchen ein. Ein ganz besonderes mit großer deutsch-französischer Symbolkraft steht im kleinen nordelsässischen Froeschwiller.

Wie ein mahnender Finger streckt sich der Turm der Église de la Paix, der Friedenskirche im nordelsässischen Froeschwiller in den Himmel. Er erinnert an den deutsch-französischen Krieges 1870/71 und sollte mit dem Bau der Kirche gleich danach schon ein Symbol des Friedens sein. Am 21. September singt nun dort, anlässlich der „Journées du patrimoine“, der deutsch-ukrainische Fächerchor aus Karlsruhe „Lieder des Friedens“.

Rund um Froeschwiller führt der Weg vorbei an Grabstätten unzähliger deutscher und französischer Soldaten, die am 6. August 1870 ihr Leben auf dem riesigen Schlachtfeld vor den Toren des Dorfes verloren. An diesem einen Tag standen sich 80.000 deutsche Soldaten und 40.000 schlecht vorbereitete französische Soldaten gegenüber. 20.000 blieben tot zurück, das Elsass wurde deutsch.

Die Dorfkirche war während der Schlacht Lazarett und stand in Flammen. Der Kaiser ordnete den Wiederaufbau an. Zahlreiche Adelsfamilien aus ganz Deutschland, evangelische Frauenvereinigungen, Städte, Religionsgemeinschaften sowie die Gustav-Adolf-Stiftung spendeten Gelder. Am 30. Juli 1876 wurde die neue Kirche in Anwesenheit des Kaisers eingeweiht. 2020 wurde die Friedenskirche in die Liste der historischen Kulturdenkmäler aufgenommen.

Es ist insbesondere dem großen persönlichen Engagement von Marc Bastian, Bürgermeister von Froeschwiller, zu verdanken, dass in den vergangenen vier Jahren viele Studien und geotechnische Untersuchungen zur Restaurierung der Kirche durchgeführt wurden. In einer ersten Bauphase konnte nun die Restaurierung des Chors, der Sakristei und des Altars abgeschlossen werden. Die Kosten hierfür betrugen 1,4 Millionen Euro, an denen sich auch Spender aus Deutschland, unter anderen das Gustav-Adolf-Werk der Pfalz, beteiligten. In einer zweiten Bauphase sollen nun die Turmspitze und das Kirchenschiff restauriert werden. Bis 2026, dem Jahrestag der Einweihung, soll die Église de la Paix vollständig in neuem Glanz erstrahlen.

Der Wiederaufbau der Friedenskirche in Froeschwiller und die Spendenbereitschaft aus Deutschland und Frankreich, damals und heute, zeigen, wie aus ehemaligen Feinden Freunde geworden sind und eine Aussöhnung realisiert werden konnte. „Aufgrund dieser Geschichte sind unsere beiden Kirchen ein idealer Ort, um in Froeschwiller ein Europäisches Kulturzentrum der Versöhnung und des Friedens zu errichten“, so der große Wunsch von Marc Bastian.

„Nicht eine perfekte Welt, sondern eine lebendige Welt, in der Bücher und Brot auf dem Tisch liegen, in der es ein Land zum Leben gibt“, schrieb Opern- und Schauspielregisseur Pascal Paul-Harang in seinen Text zur Musik von Gabriel Fauré. Es sind spirituelle und weltliche Lieder, die der aus rund 40 Sängerinnen und Sängern bestehende Chor in der Friedenskirche an diesem Samstag in deutscher, französischer, ukrainischer und englischer Sprache singen wird. Bereits im vergangenen Jahr gestaltete der deutsch-ukrainische Fächerchor aus Karlsruhe ein Friedenskonzert mit großer Resonanz. Schirmherr ist die KulturRegion Karlsruhe, finanziell unterstützt wird die Veranstaltung von der Josef David Stiftung zur Förderung der deutsch-französischen Freundschaft.

Es ist ein besonderer Tag für die kleine, rund 500 Einwohner zählende Gemeinde Froeschwiller, gelegen zwischen Woerth und Reichshoffen. Sowohl die evangelische Friedenskirche mit ihrer prägenden deutsch-französischen Geschichte, als auch die katholische Kirche Saint-Michel aus dem 19. Jahrhundert werden an den diesjährigen „Journées européennes du patrimoine“ (Europäische Denkmaltage) offen sein.

Die Kirche St. Michel wurde im Herbst 1874 eingeweiht. Ihr Marien-Altar ist den französischen Soldaten gewidmet, der Josef-Altar den deutschen Soldaten. Aus den Flammen gerettet werden konnte der Tabernakel. Kaiser Wilhelm I. schenkte 1500 Kilo Bronze von französischen Kanonen, aus denen die Glocken gegossen wurden. Die beiden Kirchen können am 21. und 22. September von 14 bis 19 Uhr besichtigt werden. Zudem wird in der Friedenskirche eine Ausstellung über Robert Schuman, den „Vater Europas“, gezeigt.

Termin

„Jounées du patrimoine“, Tage des offenen Denkmals, vom ins Leben rief, finden in Frankreich generell eine oder zwei Wochen nach dem deutschen Tag des offenen Denkmals statt und nicht nur an einem, sondern an zwei Tagen.
Allein im Elsass öffnen in diesem Jahr von Wissembourg im Norden bis in den Sundgau im Süden am 21. und 22. September mehrere Hundert Kulturstätten und bieten eine Reise durch die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte. Gleiches gilt für das lothringische Département Moselle. Informationen zu allen geöffneten Sehenswürdigkeiten und ihren Programmen in ganz Frankreich gibt es im Internet unter https://journeesdupatrimoine.culture. gouv.fr.

Für den Bau der Kirche von Froeschwiller spendeten im deutschen Kaiserreich viele Honoratioren.
Für den Bau der Kirche von Froeschwiller spendeten im deutschen Kaiserreich viele Honoratioren.
 Der Altarraum ist bereits restauriert. Bis 2026 sollen Turmspitze und Kirchenschiff folgen.
Der Altarraum ist bereits restauriert. Bis 2026 sollen Turmspitze und Kirchenschiff folgen.
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