Film Oscar-Preisträgerin Meryl Streep wird 75 und erklärt, warum sie dreht

Legende zu Lebzeiten: Meryl Streep im Mai bei der Eröffnung der Filmferstspiele von Cannes.
Legende zu Lebzeiten: Meryl Streep im Mai bei der Eröffnung der Filmferstspiele von Cannes.

Wenn sie eine Rolle annimmt, ist sie brillant, sie kann gar nicht anders. Drei Oscars und 18 Nominierungen sprechen für sich. Warum das so ist, erzählte Meryl Streep, die heute 75 wird, bei einem Publikumsgespräch im Mai beim Festival von Cannes.

Damals, 1982, ist es nicht aufgefallen, weil unsynchronisierte Fassungen im deutschen Kinos noch nicht üblich waren: Es gibt einen Film, in dem Meryl Streep Deutsch spricht, wie sie im Mai in Cannes beim Publikumsgespräch bekannte, als sie die Goldene Ehrenpalme erhielt. In dem Film geht um eine Mutter, die sich entscheiden muss, welches ihrer Kinder sie hergibt – und damit ins KZ schickt. „Es gab zwei Takes, im Film ist die zweite. In der ersten Szene wusste das kleine Mädchen nicht, was kommt und schaute den Mann, der sie mitnehmen wird, an ohne eine Reaktion. Bei der zweiten Aufnahme wusste sie es, und die Reaktion des Kindes war herzzerreißend. Ich glaube sie wohnt jetzt in Paris. Ich musste für diese Rolle der Mutter Deutsch mit polnischem Akzent sprechen, also lernte ich Deutsch. Ich las die Szene nur einmal, aber ich konnte sie kaum lesen, weil sie mir so sehr ans Herz ging. Wir haben sie mehrfach geprobt, ich erinnere mich nicht so gerne daran.“ Der Film war „Sophies Entscheidung“, Meryl Streep bekam dafür ihren zweiten Oscar.

Die Amerikanerin mit deutschen Vorfahren (die Ururgroßeltern stammen aus Loffenau in Baden-Württemberg), erzählte, dass sie schon immer gut darin war, mit Akzent zu sprechen und das sie das oft auch privat automatisch tat: „Als zu Hause das Telefon klingelte und ich ranging, fragten meine Kinder: Sprichst du mit jemand aus Indien – du sprichst mit indischem Akzent! Ich greife das auf, was ich vorfinde. Ich bin interessiert an Menschen, die nicht so sind wie ich.“

Sie macht nur das, was sie will

Wohl selten kam Meryl Streep so locker und fröhlich rüber wie bei diesem Gespräch. „Es war schöner als ich dachte“, meinte sie über die Verleihung der Goldenen Palme. „Im Publikum flossen viele Tränen, es war überwältigend. Ich lebe ein sehr ruhiges Leben, zu Hause bekomme ich keine Wertschätzung, umso schöner war es hier im Kino.“

Von der ersten kleinen Rolle in „Julia“ (1977, von Fred Zimmermann) bis zur aktuellen witzigen Gastrolle in der Serie „Only Murders in the Building“ (2021-2024 bei Disney+), sucht sie sich nur Rollen aus, die auch gestalten kann. Das war schon bei ihrem ersten großen Erfolg „Kramer gegen Kramer“ (1979) so, Regisseur Robert Benton ließ sie und Dustin Hofmann den Dialog der Mutter, die vor Gericht um das Sorgerecht ihres Kindes kämpft, selbst schreiben. Streep schrieb die menschlichere Version und setzte sich gegenüber Hofmann durch. Der Film brachte ihr den ersten Oscar. Und niemand hatte mehr Nominierungen als sie.

Wie sie ihre Singstimme ruinierte

Natürlich ist sie ehrgeizig und kniet sich in die Rollen rein: in die energische Whistleblowerin („Silkwood“), in die herrische Modezeitschrift-Chefin „Der Teufel trägt Prada“), in Maggie Thatcher („Die eiserne Lady“), die gelangweilte ältere Hausfrau in der Provinz („Die Brücken am Fluss“) und die krisengeschüttelte US-Präsidentin (in der Satire „Don’t Look Up“).

Sie kann einfach alles – sogar singen („Mamma Mia“), aber nicht so gut, wie sie gerne würde. „Als Kind nahm ich Gesangsstunden. Aber in der High School machte ich Cheerleading und rauchte, das ruinierte meine Gesangstimme“, bekannte sie in Cannes. Natürlich dreht sie weiter. Seltsamerweise stellte sich Meryl Streep, die so gerne starke Frauen verkörpert, nicht auf die Seite der MeToo-Aktivistinnen. Aber im Vorjahr spendete sie mit George Clooney 15 Millionen Dollar, um die streikenden Hollywood-Schauspieler und Drehbuchautoren zu unterstützen.

x