Kultur Prinzip Vertrauen

„Pamina“ heißt die Stahlskulptur von Karlheinz Zwick, die vor einem Jahr am Schulzentrum Pamina in Herxheim enthüllt wurde.
»Pamina« heißt die Stahlskulptur von Karlheinz Zwick, die vor einem Jahr am Schulzentrum Pamina in Herxheim enthüllt wurde.

Vor zwei Wochen berichteten wir über die Kritik an der Vergabepraxis öffentlicher Kunstaufträge in der Ära der Ex-Landrätin des Landkreises Südliche Weinstraße, Theresia Riedmaier. Jetzt sind neue Vorwürfe aufgetaucht. Es geht um Kunst am Bau. Die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier hat sie genehmigt. Und Riedmaier (SPD) und ihr Amtsnachfolger Dietmar Seefeldt (CDU) haben der ADD vorliegende Schlussverwendungsnachweise unterschrieben. Aber niemand kann die Kunst finden. Stattdessen steht vor einer Schule ein Werk von Riedmaiers Lebensgefährten Volker Krebs im öffentlichen Raum.

Die gesetzliche Vorgabe regelt die Verwaltungsvorschrift des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen zur „Künstlerischen Ausgestaltung öffentlich geförderter Hochbauten“ vom 12. November 2003: Für den Neu- beziehungsweise Erweiterungsbau einer Schule ist Kunst am Bau zu installieren. Die Höhe des Betrages, der dafür zur Verfügung steht, richtet sich nach den förderfähigen Bauwerkskosten. Der ausführende Künstler muss in einem Wettbewerb ermittelt werden. Liegen die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben für die zu fördernde Hochbaumaßnahme unter 2,5 Millionen Euro, kann eine „freihändige Vergabe“ erfolgen. Aber auch dann sollen der Berufsverband Bildender Künstler Rheinland-Pfalz und fallweise der Berufsverband Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz gehört werden. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann eine Befreiung von der Kunst am Bau beantragt werden. Zuständige Behörde für die Mittelvergabe von Neu- und Erweiterungsbauten an Schulen des Landkreises ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier. Sie wurde durch die Berichterstattung in der RHEINPFALZ über die kritisierte Kulturpolitik der Ex-Landrätin aufmerksam und hat die Vorgehensweise der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße in Sachen Kunst am Bau in der Ära Riedmaier überprüft. Das Ergebnis: Die ADD spricht „von der Nicht-Einhaltung der Verwaltungsvorschrift Kunst am Bau und der Landeshaushaltsordnung“. Tatsächlich ist bisher unauffindbar, wofür zweckgebundene Geldbeträge aus Steuermitteln verwendet worden sind. So hat die Dienstaufsichtsbehörde festgestellt, dass an den Landkreis Kunst am Bau-Fördergelder von insgesamt 146.930 Euro für drei Schulen ausgezahlt wurden, die Kunst am Bau dort aber nie realisiert wurde. Konkret handelt es sich um 70.300 Euro für das Gymnasium Edenkoben, 53.130 Euro für die Realschule plus in Maikammer und 23.500 Euro für das Pamina-Schulzentrum in Herxheim. Für alle drei Baumaßnahmen liegen der ADD, so die Auskunft, aber sogenannte Schlussverwendungsnachweise vor, mit denen die korrekte Ausführung der Baumaßnahme einschließlich der Kunst am Bau von der Kreisverwaltung dokumentiert wurde – offensichtlich falsch oder lückenhaft. Die ADD, so erklärt Pressereferentin Miriam Lange auf Anfrage, nimmt selbst keine Prüfungen vor Ort vor, es gelte das „Vertrauensprinzip“. Im Klartext: „Mit der Unterschrift der Behördenleitung wird die Einhaltung aller Rechtsvorschriften bestätigt.“ Die Schlussverwendungsnachweise für die Baumaßnahmen in Herxheim und Edenkoben hat die damalige Landrätin Theresia Riedmaier unterschrieben, den Nachweis für die Realschule Plus in Maikammer ihr Nachfolger Dietmar Seefeldt, weil die letzte Bauabrechnung erst in seine Amtszeit fiel. Zeitspannen von bis zu zehn Jahren zwischen Baugenehmigung und Schlussabrechnung sind nach Aussage der ADD durchaus üblich. Die ADD prüft nun, wie sie die zweckgebundenen Mittel für die Kunst am Bau, die ihren Zweck nie erfüllten, zurückfordern kann. Sie hat Kontakt zur Kreisverwaltung Südliche Weinstraße aufgenommen. Dort ist man einigermaßen aufgeschreckt. „Auf Grund der neuen Erkenntnisse“ lässt Landrat Seefeldt die Vorgänge im Zusammenhang mit Kunst am Bau „insgesamt überprüfen“ und hat „eine gründliche Aufarbeitung“ veranlasst, Dauer offen. Zu der Tatsache, dass er selbst im Fall der Realschule Plus in Maikammer einen Schlussverwendungsnachweis unterschrieben hat, sagt er, er sei „selbstverständlich“ davon ausgegangen, „dass Vorgänge vor seinem Amtsantritt korrekt angeschoben und abgearbeitet wurden“. Es habe zum Zeitpunkt seiner Unterschrift weder interne Hinweise noch Beanstandungen seitens der ADD gegeben, dass „Unregelmäßigkeiten bei der Mittelverwendung vorliegen“. Auch das Rechnungsprüfungsamt als interne Prüfstelle des Landkreises hat bisher nichts Derartiges festgestellt. Wo aber sind die Gelder für die Kunst am Bau geblieben? Theresia Riedmaier betonte in ihrer Zeit als Landrätin gerne die Kunst inmitten der Gesellschaft als wesentlichen Demokratiefaktor. Kann es sein, dass sie selbst aber vergessen hat, die bereits bezahlte Kunst am Bau in ihrer Amtszeit zu realisieren? In einer gestern aus ihrem Spanien-Urlaub verschickten Mail an uns schreibt Riedmaier: „Ich kann die Vorwürfe von hier aus leider nicht tiefergehend klären. Den Vorwurf, ich habe Kunst am Bau bei den Gymnasien Herxheim und Edenkoben sowie der Realschule plus Maikammer vernachlässigt, muss ich mir anlasten lassen. Mir ist nicht mehr gegenwärtig, dass Landesmittel für Kunst am Bau abgerufen wurden. Sollte es so sein, werden die Mittel im Kreishaushalt vereinnahmt worden und dort verblieben sein. Sie wurden nicht für Kunst ausgegeben. Dem Landkreis kann daraus kein Nachteil oder materieller Schaden entstanden sein.“ Vor den Schulen in Edenkoben und Herxheim jedenfalls steht mittlerweile Kunst, bezahlt aus Mitteln der Kulturtage Südliche Weinstraße. Wie berichtet, hat Riedmaier beide Künstler dafür selbst bestimmt. Gute Bekannte: ihren Lebensgefährten Volker Krebs und ihren langjährigen Kunstberater Karlheinz Zwick.

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