Film Schöner als das Leben: Sophia Loren wird 90

 Sophia Loren mit Ehemann Carlo Ponti bei der Ankunft am Flughafen Berlin Tempelhof während der Berlinale 1959.
Sophia Loren mit Ehemann Carlo Ponti bei der Ankunft am Flughafen Berlin Tempelhof während der Berlinale 1959.

Die Fiktion sei manchmal realer als das Leben, das Leben oft seltsamer als die Fiktion sagte Sophia Loren vor Kurzem in einem Interview. Kein Satz könnte wohl besser das Leben der Filmdiva beschreiben, die es aus einem Armenviertel in der Nähe von Neapel auf die große Bühne Hollywoods schaffte. Am Freitag wird sie 90.

Mit Filmen wie „Hochzeit auf Italienisch“ (1964) oder „Hausboot“ (1958) wurde Schauspielerin Sophia Loren zum Weltstar. Geboren wurde sie 1934 als Sofia Villani Scicolone in der süditalienischen Kleinstadt Pozzuoli bei Neapel. Ihre Mutter Romilda Villani war sehr jung und alleinerziehend. Als Kind wird Sophia noch wegen ihrer Figur als „Zahnstocher“ gehänselt – ausgerechnet sie, deren Kurven sie bald zum Sexsymbol ihrer Zeit machen sollten. Mit 14 Jahren gewinnt sie dann einen Schönheitswettbewerb. Der Preis: Eine Zugkarte nach Rom. Die Mutter Romilda, die selbst davon träumte, eine berühmte Schauspielerin zu werden, aber nur in einem einzigen Film mitspielte, bringt die Tochter in die dortige Filmstadt Cinecittà und lässt sie bei Castings vorsprechen. Der Produzent Carlo Ponti nimmt sie unter ihre Fittiche, sie ändert ihren schwer auszusprechenden Nachnamen in Loren und versucht, sich den neapolitanischen Akzent abzugewöhnen.

Erste Rollen erhält Sophia Loren dann auch, doch der erste berufliche Erfolg sind die in Italien zu dieser Zeit so populären „fotoromanzi“-Zeitschriften mit romantischen Fotoromanen, deren Titelseiten Sophia oft ziert. Sie verdient Geld, und kann so ihre Mutter und ihre zwei Schwestern unterstützen. „Ich möchte Schauspielerin sein und nicht Pin-up-Girl“, sagt Sophia in einer alten Filmaufnahme im Vorbeigehen zu einem Reporter. „Und ich hoffe, dass ich Schauspielerin sein werde, bis ich 90 Jahre alt bin.“ Mit 20 schafft die junge Frau ihren Durchbruch auf der Leinwand. In „Das Gold von Neapel“ von Regisseur Vittorio De Sica spielt sie eine leidenschaftliche Pizzabäckerin.

Die Liebe ihres Lebens

Mit De Sica wird sie später ihren größten Erfolg feiern. Für ihre Darbietung in dessen Kriegsdrama „Und dennoch leben sie“ (1960) erhält Sophia Loren den Oscar als beste Hauptdarstellerin – als erste Italienerin in der Geschichte des Filmpreises. Sie spielt in dem Film Cesira, eine junge Frau, die mit ihrer kleinen Tochter 1943 im besetzten Italien auf der Flucht vor Gewalt und Bedrohung ums Überleben kämpft. „Er war ein großartiger Mentor“, sagte Loren im Interview mit dem Magazin „Sette“ über De Sica. „Er hat mir beigebracht, wie ich mich selbst durch Rollen kanalisieren kann, er hat mir beigebracht, wie ich ehrlich und authentisch vor der Kamera bestehen kann: Er war in meinem Leben das, was einer Vaterfigur am nächsten kommt.“

Ihre große Liebe aber ist und bleibt Carlo Ponti. Auch wenn die beiden erst spät heiraten können: Ponti kann sich im Italien der 1950er Jahre nicht scheiden lassen. Erst 1966, nachdem sie die französische Staatsbürgerschaft angenommen hatten, können sie offiziell den Bund der Ehe eingehen. „Die Ehe ist der Traum meines Lebens“, sagt Sophia Loren einem französischen Journalisten. Das Paar bekommt zwei Kinder: Carlo und Edoardo. Die Geburt des ersten Sohnes wird von der Presse begleitet wie die eines Thronfolgers in einem Königshaus.

Der Produzent Ponti ist es auch, der Sophia Loren 1957 nach Hollywood bringt, wo sie endgültig zum Star aufsteigt. Sie dreht dort mit den ganz Großen – Marlon Brando, Clark Gable, Cary Grant. Monumentale Filme entstehen wie „El Cid“ (1961), „Die Millionärin“ (1960) oder „Stadt der Verlorenen“ (1957). Sophia Loren, die als Kind als Bastard beschimpft wurde, findet in Ponti, wie sie selbst einmal sagt, das, was sie immer gesucht habe: bedingungslose Liebe und eine wunderschöne Familie. Ponti stirbt im Jahr 2007.

Immer wieder Mastroianni

Jahrelang steht auch ein anderer Mann an ihrer Seite: In mehr als einem Dutzend Filme bilden Sophia Loren und Marcello Mastroianni über mehrere Jahrzehnte das Traumpaar des italienischen Films. In der Komödie „Schade, dass du eine Kanaille bist!“ (1954) stehen die beiden zum ersten Mal gemeinsam vor der Kamera. 1977 brillieren die zwei Ikonen in Ettore Scolas Tragikomödie „Ein besonderer Tag“: Sophia Loren spielt darin Antonietta, eine Hausfrau, die sich in Zeiten der Herrschaft des Diktators Mussolini mit ihrem Nachbarn anfreundet – einem politisch verfolgten Homosexuellen, gespielt von Mastroianni. 1961 hatte die Hochzeit von Lorens Schwester Anna Maria Villani Scicolone mit Mussolinis Sohn Romano Schlagzeilen gemacht. Sophia Loren ist die Tante von Alessandra Mussolini, die bis vor kurzem für die rechte Partei Forza Italia im Europaparlament saß.

Zwei Oscars und ein Wunsch

1991 erhält Sophia Loren einen weiteren Oscar – den für ihr Lebenswerk. Heute verbringt sie die meiste Zeit in Genf. Von einem Sturz vergangenes Jahr, nach dem sie an der Hüfte operiert werden musste, erholte sie sich wieder. „In einem Wimpernschlag lag mein Leben nicht mehr vor mir, sondern hinter mir“, sagte Loren vor ein paar Wochen italienischen Medien. Sie schlafe jeden Abend mit demselben Wunsch ein: „Dass ich morgen die Gegenwart genießen und jeden Moment in vollen Zügen auskosten kann.“

Sophia Loren 63 Jahre später während einer Veranstaltung in einem ihrer Restaurants.
Sophia Loren 63 Jahre später während einer Veranstaltung in einem ihrer Restaurants.
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