Kultur Seit 50 Jahren auf der Bühne

Ireen Sheer feiert am Montag ihren 70. Geburtstag.
Ireen Sheer feiert am Montag ihren 70. Geburtstag.

Ireen Sheer macht klare Ansagen. Etwa: Der Brexit nervt und mache sie „fix und fertig“. Oder: „Ich muss mir nichts mehr beweisen.“ Der Satz aus einem Gespräch mit ihrem Produzenten hat ihr gut gefallen. Sie hat dann auch gleich ihr neues Album so benannt, das morgen erscheint. Ein Geschenk zu ihrem 70. Geburtstag am kommenden Montag.

Eine Talentshow der britischen BBC markiert den Startpunkt. Mit zwölf Jahren landet Ireen Wooldridge auf dem ersten Platz. „Das war für mich ein Schlüsselerlebnis, auf diese Bühne zu gehen und zu gewinnen“, erzählt sie. Es folgen Theaterschule, Gesangsunterricht - und eine Banklehre. Für die zahlreichen TV-Talentshows von heute hat sie nicht viel übrig. „Die Künstler erhoffen sich so viel“, würden andere Pläne oder Ausbildungen aufgeben, „aber dann kommt nicht immer der große Durchbruch“. Sheer weiß um die Unterschiede: „Die Zeiten haben sich seit Ende der 1960er Jahre geändert. Alles ist viel schnelllebiger.“ Sie selbst hat die Jahrzehnte ohne großen Karriereknick überstanden. In einer Zeit, als es für die Schallplattenindustrie mit Schlagern vielleicht nicht so gut gelaufen sei, habe sie viele Auftritte gehabt etwa mit Bigbands. „Das war eigentlich für mich immer das Wichtigste: auf die Bühne zu gehen und zu entertainen. Da gab es nie einen Abriss.“ „Ich hatte immer meine Nische“, sagt Sheer. Ihr Bereich sei die Mittel- bis Oberklasse. „Megastars sind da eine ganz andere Liga“, meint sie mit Hinweis etwa auf Helene Fischer. „Aber man muss 50 Jahre erstmal bestehen, und das habe ich auch. Wenn es gar nicht gelaufen wäre, dann säße ich wahrscheinlich jetzt zu Hause und würde etwas anderes machen.“ In der langen Karriere gab es Höhen und Tiefen für Ireen Sheer. Beim Grand Prix Eurovision de la Chanson (heute: Eurovision Song Contest) sicherte sie 1974 mit „Bye Bye, I Love You“ für Luxemburg Platz vier, 1978 („Feuer“) gab es für Deutschland Platz sechs. Sieben Jahre später landete sie – wieder für Luxemburg – mit „Children, Kinder, Enfants“ auf Platz 13. Bei zwei weiteren Versuchen kam sie 1976 und 2002 nicht über die Vorentscheidung hinaus. Sheer sang mit Chris Roberts, Gilbert Bécaud, Cliff Richard, ihrem ersten Ehemann Gavin du Porter. Sie spielte deutsche Coverversionen ein von „Tennessee Waltz“, „Xanadu“ oder „Du gehst fort“ mit Bernhard Brink, dessen französische Version „Tu t`en vas“ Alain Barrière und Noëlle Cordier bekannt gemacht hatten. Ihr neues Album interpretiert sie als „kleines Geschenk an meine Fans“. Einige „Eckpfeiler“ habe sie dafür frisch eingespielt. So finden sich neue Versionen von „Goodbye Mama“, „Tennessee Waltz“, „Heut` Abend hab ich Kopfweh“ oder „Xanadu“, das sie mit Ross Antony eingesungen hat. Die in Romford nordöstlich von London geborene Sheer ist seit 2010 mit ihrem Manager Klaus-Jürgen Kahl verheiratet. Seit drei Jahren lebt sie in Berlin, wo sie sich auf anstehende Tourneen vorbereitet. Dabei verliert sie ihre alte Heimat nicht aus dem Blick, auch ihr Bruder lebt mit Familie weiter in England. Die Brexit-Debatte verfolgt sie intensiv. Vielleicht beantrage sie noch die deutsche Staatsbürgerschaft, bis heute hat sie nur den britischen Pass. „Es gehört einfach zu mir“, sagt Sheer. Sie sei in England aufgewachsen und habe 24 Jahre dort gelebt. „Das ist ein Teil meines Herzens, und der anderer Teil schlägt für Deutschland.“

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