LEO-Interview Andy Kuntz von Vanden Plas

Hat „keine Angst vor bösen Geistern“: Vanden-Plas-Frontmann Andy Kuntz, hier im Video zu „Pushing through“.
Hat »keine Angst vor bösen Geistern«: Vanden-Plas-Frontmann Andy Kuntz, hier im Video zu »Pushing through«.

Er hat sich als Musicaldarsteller in die Herzen des Publikums weit über die Pfalz hinaus gespielt. Als seine „wahre Bestimmung“ empfindet Andy Kuntz aber das Singen, wie er sagt. Und so freut der Künstler aus Kaiserslautern sich besonders über sein neues Vanden-Plas-Album „Illumination“, Teil zwei von „The Ghost Xperiment“ nach „Awakening“. Warum es ihn schmerzt, damit nicht auf Promo-Tour gehen zu können und warum er Geistergeschichten mag, erzählt er im LEO-Interview.

Fast pünktlich zu Deinem Geburtstag ist das neue Album fertig geworden, das am 4. Dezember in den Handel kommt. Ein schönes Geschenk?

Wir sind stolz darauf, aber in erster Linie gespannt auf die Reaktionen. Im Moment stecken wir noch zu tief in der Nachbereitung und Promo-Arbeit, als dass wirkliche Freude aufkommen kann. Das ist schade. Man sollte im Leben auch seine Stationen feiern können und nicht immer schon über den nächsten Schritt nachdenken. Ich habe mir fest vorgenommen die Veröffentlichung zu feiern. Einfach mal innehalten und durchatmen. Mal sehen, ob das klappt …

Normalerweise geht man ja mit neuen Alben auf Promo-Tour. Fehlt da was?

Wir haben uns in diesem Fall ganz besonders drauf gefreut – weil wir unseren Fans ein ganz besonderes Geschenk machen und das zweiteilige Epos „The Ghost Xperiment“ in einem Guss auf die Rockbühne stellen wollten. Im Moment sind nicht einmal realistische Planungen dafür möglich… Das macht schon sehr traurig.

Wie kommst Du durch diese böse Zeit, in der Kultur nicht stattfinden darf?

Man hat nur die Chance, sich in Arbeit zu stürzen. Ich habe das Glück, dass meine Kreativität trotz wirklich schlechter Tage nicht sonderlich leidet. Wenn alle Stricke reißen, habe ich kein Problem damit, mich neu zu definieren. Schon früher musste ich zwischen Tour-Blöcken andere Arbeit annehmen, um durchzukommen. Da bin ich mir für nix zu schade. Es muss mir nur Spaß machen! Ich verkauf gerne wieder Heliumballons und blicke in lachende Kinderaugen für 10 Euro die Stunde. Mich in meiner Profession unter Wert verkaufen, werde ich aber auf keinen Fall. Wenn man sich diesen Stolz behält, kann eigentlich kommen, was will.

Was würdest Du Kollegen raten, die mit Existenzängsten kämpfen?

Das ist schwierig, weil jeder Mensch andere Dinge fürchtet. Dem einen ist die finanzielle Absicherung wichtig, dem anderen fehlen Applaus und der Kontakt zu künstlerischen Mitstreitern. Ich kann da meine Lebensphilosophie leider nicht als Muster anlegen. Ich denke aber, wir müssen alle endlich aufhören uns minderwertig, weil übersehen zu fühlen, uns trauen aufzustehen für unser Recht, dass sich endlich um uns gekümmert wird. Die Radios könnten helfen, indem sie mal drei Tage keine Musik spielen. Vielleicht würde sich dann in der Bevölkerung was rühren. Für die meisten der versprochenen Hilfen gibt es noch nicht mal Antragsformulare. Ich glaube, wenn sich jetzt nichts ändert, stehen wir sehr bald vor einem Zusammenbruch der Kultur über Jahre.

Düstere Aussichten ... War es einfacher für Dich, die melancholisch-düsteren Songs für die neue „Ghost Xperiment“ in der aktuellen Krise zu schreiben?

Der Grundpfeiler wurde weit vor Corona gesetzt. Ich bin von Natur aus ein eher nachdenklicher, melancholischer Mensch. Das spiegelt sich in der Musik und in meinen Texten wider. Mit meinen Geschichten erschaffe ich eine Welt, in die ich dann auch mühelos eintauchen kann. Dann ist es einfach, den Schmerz der Personen nachzuempfinden, über die ich singe.

Diesmal heißt der Protagonist Gideon Grace, ein Geist, der sich real fühlt. Woher stammt die Inspiration dazu?

Ich hatte schon lange Lust eine Geistergeschichte zu erfinden, die einem emotional ins Filmgenre der 1970er entführt. Dann bin ich über das „Philip-Experiment“ gestolpert. Es dokumentiert glaubhaft reale Erfahrungen eines Forschungsteams, welches versucht hat, mittels Gedankenkraft eine Art imaginären Geist zu erschaffen. So kam ich auf die Idee, meine Story aus Sicht eines Geistes zu erzählen, der glaubt ein realer Mensch zu sein.

Gibt es einen Grund dafür, dass die Geisterwelt eine wichtige Rolle in Deinen Songs und Rock-Opern spielt?

Mein Cousin Stefan Kuntz sagt immer, dass ich schon als Kind diese Affinität in mir trug. Der Schwarze Mann im Keller hatte sogar einen Namen: „Bember“… Ich hab diesem Typen aber halt von Anfang an klar gemacht, dass er mir gar nicht dumm kommen muss. Dadurch habe ich irgendwie die natürliche Angst vor gespenstischen Phänomenen verloren, gehe ihnen aber interessiert nach und ganz normal damit um.

Seit „Abydos“ stehst Du oft auf der Theaterbühne. Hast Du im Theater Deine wahre Bestimmung gefunden?

Nein, meine wahre Bestimmung ist Musiker und Sänger, alles andere ist für mich eine tolle Zugabe und die Möglichkeit, mich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Du bist ja viel unterwegs. Wo erreiche ich Dich gerade?

Ich pendele zwischen Kaiserslautern, München und Strinz Trinitatis, bin mitten in einer Produktion der alternative Folk-Band Wolfsherz. Während des Lockdowns halte ich mich aber vorsichtshalber meistens in K’Town auf.

Pfälzern sagt man ja eine große Heimatverbundenheit nach. Kennst Du sowas wie Heimweh?

Ich komme sehr gern heim nach KL und fühl’ mich hier auch sicher und geborgen. Aber ich kenne trotzdem eher das Fernweh.

Welche Projekte stehen 2021 an? Führt es Dich auch wieder ans Pfalztheater?

Ja, eigentlich hätten wir schon die Premiere der Rockoper „Last Paradise Lost“ hinter uns, welche auf dem epischen Gedicht von John Milton basiert. Sie ist jetzt auf Juli verlegt – danach geht’s nach Münster und Innsbruck. So Gott will …

Mit neuem Album „Illumination“ am Start: Vanden Plas, in der Mitte Andy Kuntz.
Mit neuem Album »Illumination« am Start: Vanden Plas, in der Mitte Andy Kuntz.
Das Geister-Experiment: Cover des neuen Albums „Illumination“:
Das Geister-Experiment: Cover des neuen Albums »Illumination«:
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