Lagenwissen Teuflisch gut? Oder warum die Hölle beim Wein hin und wieder ins Spiel kommt

Sascha Nehb zwischen Himmel und Hölle: Seine Etiketten sind inspiriert von der Lage Höllenpfad.
Sascha Nehb zwischen Himmel und Hölle: Seine Etiketten sind inspiriert von der Lage Höllenpfad.

In der Regel wird Wein als Gottesgeschenk gepriesen. Aber Hölle und Höllenpfad sind in der Pfalz Lagennamen, und mitunter findet sich der Teufel als Motiv auf Etiketten. Was es damit auf sich hat.

Die Großlage Höllenpfad an der Mittelhaardt umfasst 570 Hektar und liegt 155 bis 323 Meter über Normal-Null mit der Neigung „hängig-steil“. Hier lebt und arbeitet Winzermeister Sascha Nehb, dessen Weine den Lagennamen originell abbilden. „Unsere Etikettenmotive waren nicht mehr zeitgemäß, so suchten wir etwas Passenderes“, erinnert sich der 49-Jährige. Und so griff man im Weingut Nehb in Grünstadt-Asselheim für die Etiketten die Symbolik „Engel und Teufel“ auf, die auch für zwei Tugenden der Philosophie beim An- und Ausbau der Weine stehen soll: Engel und Flügel für den ruhigen, ausgeglichenen „goldenen Himmel“, Teufel und Horn für die umtriebige, experimentierfreudige „Hölle“.

Inspiration dafür gaben die Einzellage Goldberg und besagte Großlage Höllenpfad, wo Trauben des Weinguts wachsen. Es gibt zwei Motive: Etiketten mit Flügel und Horn sowie für höherwertige Weine, etwa im Barrique ausgebauten Dornfelder, Cabernet Mitos und Schwarzriesling, Engel- und Teufelsgesicht.

Ausdrucksstarke Motive als Blickfang

Die Etiketten sind zugleich wirkungsvoller Blickfang. „Auch auf Messen ist zu beobachten, dass Weininteressierte gezielt wegen diesem Etikett zu unserem Wein finden“, freut sich der Winzermeister über die ausdrucksstarken Motive, die in Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur in Grünstadt entstanden sind. Auch Winzerkollegen sprechen Nehb auf das Motiv an.

Zusammen mit seiner Frau Katrin leitet er den Familienbetrieb, der auf eine lange Tradition zurückblicken kann und stets höchste Qualität anstrebt. Die Basis dafür liefern die Böden aus Kalkstein sowie die schweren Lehmböden; das milde Klima begünstigt den Weinbau hier zusätzlich. Die Weinberge liegen rund um das Weingut Nehb und verteilen sich auf Lagen wie Mühlheimer Grafenstück, Asselheimer Goldberg oder Höllenpfad. Sie bringen unter anderem Spät-, Grau- und Weißburgunder sowie Riesling, Schwarzriesling und Gewürztraminer hervor. Insgesamt finden in den Lagen des Weingutes Nehb 19 verschiedene Rebsorten, darunter moderne genauso wie traditionelle, beste Bedingungen vor.

Die Hölle in der Südpfalz

59 Hektar groß, 220 bis 280 Meter über Normal-Null, hängig-steile Neigung: Das ist die Einzellage Hölle in der Südpfalz. Regine Minges vom Weingut Theo Minges in Flemlingen erklärt: „Die Hölle ist eine besondere Lage. Hier gibt es verschiedene Böden von Kalk bis Buntsandstein. In der Nähe gibt es Quellen, so ist die Wasserversorgung der Reben gesichert.“ Die Nächte sind kühl, ideal für den Riesling. Das Weingut bewirtschaftet sieben Hektar auf der Einzellage.

Teuflisch schön: die Südpfälzer Weinlage „Hölle“.
Teuflisch schön: die Südpfälzer Weinlage »Hölle«.

Und die 36-jährige Winzerin gerät ins Schwärmen, wenn es um die „Hölle“ geht: „Die Lage verströmt eine gewisse Aura, ein Energiefeld. Die Waldnähe und das Zwitschern der Vögel hat etwas Beruhigendes.“ Auch Sonnenaufgang und Sonnenuntergang hätten etwas Magisches, sie könne das genießen. Und zwar ungestört: Telefonisch ist sie dort nämlich nicht zu erreichen, die Südpfälzer Hölle ist ein Funkloch. Viele positive Aspekte also.

Faible für spezielle Lagen

Das war nicht immer so. Früher war die Lage, weil sie am Waldrand liegt, nicht so geschätzt. Theo Minges hat ein Faible für spezielle Lagen. Und so wurde die Hölle auch ein Markenzeichen des Weinguts Minges. Die Kunden schätzen laut Regine Minges den ungewöhnlichen Lagennamen und dass „das Qualitätsversprechen eingelöst wird“, hier Riesling auf höchstem Niveau entstehe.

Das familiengeführte VDP- und Bio-Weingut bewirtschaftet 25 Hektar und besteht seit acht Generationen. In heutiger Form wird es von Theo und Martina sowie von Regine Minges und ihrem Mann Fritz Hohlreiter geleitet. 1977 absolvierte Theo Minges als Zwanzigjähriger mit Erfolg seine Meisterprüfung als Winzer und übernahm bereits kurz darauf den Familienbetrieb. 2007 überließ er Regine den ersten Weinberg. Die Winzerin produzierte eine beeindruckende Scheurebe und überzeugte spätestens damit ihren Vater. Naturnah und Gefühlsmensch, so beschreibt sich Regine Minges. Und so präsentiert sie auch ihre Weine. In der guten Zusammenarbeit der Familienmitglieder vereinigen sich Tradition und Innovation in Harmonie. Das Ziel ist, den Trauben im Weinberg ein optimales Umfeld zu bieten, sodass sie im Keller zu ausdrucksstarken Charakterweinen heranreifen.

Der Wein-Teufelsweg

Um den Teufel und den Wein rankt sich auch eine Geschichte aus Mexiko: Die Welt war schon erschaffen, und Gott schickte sich an, einen Weinberg anzulegen. „Was tust du da?“, fragte der Teufel: „Ich pflanze Weintrauben“, entgegnete Gott, „es wird Zeiten geben, da braucht der Mensch Wein, damit es ihm wieder etwas besser geht“. Der Teufel bot seine Hilfe an. Gott dachte einen Augenblick nach, verwarf aber seine Zweifel. Was konnte schon Schlimmes passieren? Also antwortete er: „Von mir aus, du darfst helfen.“ Der Teufel machte sich augenblicklich an die Arbeit. Zuerst tötete er eine Spottdrossel und ließ das Blut in die Reihen tropfen. Dann tötete er einen Löwen und ein Schwein und sprengte ihr Blut von einem Ende des Weinberges bis zum anderen.

Das Ergebnis zeigt sich bis heute: Wenn die Menschen anfangen zu trinken, verspüren sie zuerst die Wirkung des Vogelblutes und fangen an zu singen. Trinken sie weiter, so kommt das Löwenblut zur Wirkung. Die Trinker fangen an, sich zu streiten und zu schlagen. Trinken aber die Menschen immer noch weiter, beginnt auch das Schweineblut zu wirken und die Zecher landen irgendwo in der Gosse.

Auch in der Pfalz sollte man Wein in Maßen genießen. Dann schmeckt und bleibt er göttlich – und das Teufelswerk hat keine Chance.

Häufiger Namensbestandteil für Weinlagen

Übrigens: Das Wort Hölle steht als Name oder Namensbestandteil für zahlreiche Weinlagen. Beispiele sind Gutenhölle, Hahnhölle, Höllenberg, Höllenbrand, Höllenpfad, Höllenweg, Katzenhölle, Langhölle, Mainhölle, Muckerhölle, Ritterhölle, Schlosshölle, Schönhölle, Vor der Hölle und Würzhölle. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom althochdeutschen „Helda“ für Halde oder Steilhang ab. Er kann aber auch auf klimatisch heiße Bedingungen durch täglich lange Sonneneinstrahlung hinweisen.

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An dieser Stelle finden Sie Umfragen von Opinary.

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