Beziehungstipp Offene Beziehungen: Nur etwas für notorische Fremdgänger?

Wer eine Beziehung mit mehreren Menschen führen will, sollte regelmäßig gemeinsam darüber sprechen, sagt Beziehungsberaterin Ste
Wer eine Beziehung mit mehreren Menschen führen will, sollte regelmäßig gemeinsam darüber sprechen, sagt Beziehungsberaterin Stefanie Ludwig.

Wer merkt, dass Monogamie doch nicht so gut zu einem passt, kann andere Beziehungsformen ausprobieren. Doch ganz so einfach ist das nicht, sagt Expertin Stefanie Ludwig.

Warum sind die meisten Leute eigentlich in einer monogamen Beziehung? Beziehungsberaterin Ludwig vermutet, dass viele das Konzept unbewusst wählen. Durch Traditionen und die Gesellschaft kennen viele erst einmal nur diese Form der Beziehungen. Wer dann merke, dass er oder sie damit nicht zurechtkommt, könne sich fragen, ob die Beziehungsform überhaupt passt. „Wenn jemand zum Beispiel immer und immer wieder fremdgeht, muss man sich fragen, ob Monogamie das Richtige ist.“

Doch was ist eine offene Beziehung überhaupt? „Eine schöne Definition habe ich bei Wikipedia gefunden“, sagt Ludwig. Dort steht, dass es sich um Beziehungen handelt, bei denen beide „die Freiheit haben, auch andere Partner, insbesondere Sexualpartner, zu haben“. Das Wort Freiheit sei hier wichtig, findet sie. Denn offene Beziehungen passten oft gut zu Menschen, die Freiheit und Vielfalt lieben. Ludwig fragt: „Wenn jemand freiheitsliebend ist, wieso dann überhaupt eine geschlossene Beziehung?“

Offene Beziehung als vorgeschobener Trennungsgrund

In ihren Beratungen erlebe sie, dass Menschen erzählen, sie haben einen tollen Mann oder eine tolle Frau kennengelernt, sind aber in einer Beziehung und wollen eigentlich treu sein. „Die wissen dann keinen Ausweg und kommen zu mir“, sagt Ludwig. Doch die Beziehung zu öffnen helfe in so einem Fall nicht unbedingt. Denn das sei viel Arbeit und bedarf sehr viel Kommunikation. Manchmal werde die Frage nach einer offenen Beziehung sogar als Trennungsgrund „missbraucht“, sagt sie. Wenn zum Beispiel jemand eigentlich die Beziehung nicht mehr will und dann sagt, „entweder wir öffnen oder ich mache Schluss“. „Das ist nicht fair“, findet Ludwig.

Beziehungsberaterin Stefanie Ludwig vom Verein Liebe(s)gesund e.V.
Beziehungsberaterin Stefanie Ludwig vom Verein Liebe(s)gesund e.V.

Wenn jemandem aber wirklich etwas in einer Beziehung fehlt und man das Gefühl hat, dass die eine Person ihm oder ihr nicht reicht, könnte eine offene Beziehung schon das Richtige sein. Dann solle man sich aber zunächst für sich klären, was man wirklich will. Man könne sich beispielsweise in Artikeln, Büchern oder durch Gespräche mit Freunden informieren. Es gebe auch immer mehr Stammtische, bei denen man sich mit Menschen austauschen kann, die schon Erfahrung mit dem Thema haben. Beispielsweise bei Polyamorie-Stammtischen.

Polyamorie bedeutet, dass jemand mehrere Menschen liebt – und alle davon wissen. Offene Beziehungen seien aber nicht gleichzusetzen mit Polyamorie, denn bei Ersterem müsse es nicht um Liebe gehen: „Meistens geht es um Sexualpartner“, sagt Ludwig. Aber auch das sei nicht gesetzt, manchmal seien es andere Bedürfnisse. Ludwig nennt ein Beispiel: „Wenn eine Person super gerne tanzen geht und die andere nicht, kann man für das Thema ja auch einen anderen Partner haben. Das kann auch eine Form offener Beziehungen sein.“

Spielregeln schriftlich ausarbeiten

Erst wenn man sich informiert hat und dann neugierig ist und es ausprobieren möchte, sollte man das Thema beim Partner oder der Partnerin ansprechen. Doch das sei nicht so einfach: „Es ist schwierig, wenn dir jemand sagt: Du reichst mir nicht.“ Die Reaktionen seien dann meist Schock, Vorwürfe und alte Verletzungen, die vielleicht wieder aufgerissen werden. Bei einem solchen Gespräch sei deshalb wichtig, transparent zu sein und klar zu machen, dass man vielleicht auch noch nicht weiß, wohin die Reise geht.

Dann gehe es darum, gemeinsam zu überlegen, wie es weitergeht. Ludwig empfiehlt sogar, einen Plan schriftlich auszuarbeiten, eine Art Strategiebuch mit Spielregeln. Denn es gebe sehr viel zu klären: Erzählen wir, mit wem wir uns treffen? Dürfen andere in die gemeinsame Wohnung kommen? Wie oft wollen wir darüber sprechen? Wem erzählen wir davon? Wie machen wir es mit Verhütung?

Oft viel Naivität

Dabei sei auch wichtig, dass man diese Regeln jederzeit überdenken kann. „Wenn ich merke, dass ich mich doch nicht wohlfühle, muss ich das sagen können“, sagt Ludwig. Spätestens hier werde klar: Eine offene Beziehung sei viel Arbeit. Für mehrere Partner brauche es mehr Energie, ein gutes Zeitmanagement und sehr viel Kommunikation. „Da wird oft mit viel Naivität rangegangen“, sagt Ludwig.

Mehr über die Expertin: Beziehungsberaterin Stefanie Ludwig: Über 300 ehrenamtliche Stunden im Jahr

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