Bad Dürkheim Die Angekommenen

Hier trifft sich die Bunte Runde: im Mehrgenerationenhaus Bad Dürkheim.
Hier trifft sich die Bunte Runde: im Mehrgenerationenhaus Bad Dürkheim.

«Bad Dürkheim.»Sie haben viel erlebt, sind vor Krieg und Gewalt geflohen. In Deutschland haben sie Zuflucht gefunden. Im Mehrgenerationenhaus trifft sich immer dienstags ein Kreis aus Flüchtlingen und Deutschen – von denen gerne mehr kommen könnten, so Initiatorin Kirsten Hinze.

Sayed Hashimi ist 24 Jahre alt. Er lebt seit 2016 in Bad Dürkheim. In Afghanistan war er auf der Universität und hat Anglistik studiert. Im Krieg verlor er seinen Vater. Er beschloss, das Land zu verlassen. Hier in Dürkheim ist er angekommen – wenn auch mit einigen Startschwierigkeiten. Deutsch hat er sich selbst beigebracht, mittlerweile macht er eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer. „Sayed ist besser als alle Deutschen“, sagen seine Lehrer über den wissbegierigen jungen Mann. Zur Bunten Runde kam er, um am Ball zu bleiben mit der deutschen Sprache, die er nach zwei Jahren erstaunlich fließend spricht. Gegründet wurde die Bunte Runde von Flüchtlingen, die einen Deutschkurs besuchten. Anschließend wollten sie sich noch weiterhin treffen, um die Sprache nicht zu verlernen. Viele junge Männer arbeiten mit Maschinen und haben im Berufsalltag oft keine Gelegenheit zum Reden. Kirsten Hinze vom Mehrgenerationenhaus hat sich der Gruppe angenommen und leitet sie federführend. Maream Abdulahi Mohamed kommt aus Somalia. Die 33-jährige Mutter ist vor zwei Jahren mit ihrem heute fünf Jahre alten Sohn geflohen. Ende Juli soll ihr zweites Kind auf die Welt kommen. Sie ist deshalb dringend auf der Suche nach einer neuen Wohnung. In der Bunten Runde trifft sie Menschen, die sie verstehen, die ihr versuchen zu helfen, mit denen sie reden kann. Neben ihr sitzt Ahmad Rezai, ein 24-jähriger Afghane, der vor gut zweieinhalb Jahren nach Deutschland kam. Sein Berufswunsch: Friseur. Momentan absolviert er ein Praktikum bei Friseurmeister Ralf Baier in Freinsheim, der auch mit am Tisch sitzt. „Ich habe eine Überraschung für dich“, verkündet er in der Runde. Er bietet dem jungen Mann einen Minijob an. Momentan beschränkt sich seine Tätigkeit noch auf Haare waschen, Kaffee kochen und Hilfstätigkeiten, aber: Wenn alles klappt, kann er im nächsten Jahr eine Ausbildung beginnen. Mohamad Ali Tatar hat eine Idee: Einmal im Monat könnte man doch landestypische Speisen mitbringen. „Jeder aus seiner Heimat“, so der 30-jährige Iraner, der in seiner Heimat als Schneider gearbeitet hat. Die Idee findet Zustimmung und ein Termin ist auch schnell gefunden. „Essen ist immer gut“, findet Sayed Hashimi. Abgemacht. Wenn es sprachliche Probleme gibt, kann Zohal Farahadi helfen. Die 15-jährige Afghanin spricht ganze sieben Sprachen: Türkisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Dari (Neupersisch), Pashto (Afghanisch) und Hindi. Im nächsten Jahr soll die junge Gymnasiastin zwei Klassen überspringen, erzählt Kirsten Hinze stolz. Zohal ist gerne in der Bunten Runde. „Ich bin jemand, der positiv denkt“, sagt sie. Sayed Hashimi erzählt: „Ich habe in Deutschland nur gute Erfahrungen gemacht.“ Er sehe nun endlich wieder eine Perspektive. In Afghanistan müsse man überall aufpassen. Viele scheinbar ungefährliche Mitmenschen seien Taliban, überall kann etwas passieren. „Ich habe jetzt meine Freiheit wieder“, sagt er – und plant mit den anderen ein Fest: am 11. August im Mehrgenerationenhaus. Er selbst wird dort auch Musik machen, denn er spielt nicht nur Gitarre und singt, sondern beherrscht auch das Spiel auf dem afghanischen Harmonium.

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