Bad Dürkheim Erweitertes Angebot im Einzelhandel

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Alfred Funk, Eigentümer des Hauses am Stadtplatz 6, hat sich lange bedeckt gehalten, was anstelle des Modeladens „Young People“ nach mehr als 30 Jahren neu im Erdgeschoss einzieht. Selbst die Handwerker, die dort seit Jahresbeginn hinter dichten Bretterverschlägen werkeln, wurden zu Stillschweigen vergattert – falls sie es überhaupt spitzgekriegt hätten. Der Durchblick kam jetzt quasi durch die Hintertür: Fielmann, der Branchenführer des deutschen Augenoptikhandels, sucht auf seiner Homepage und in Fachorganen je eine/n Augenoptiker/in und eine/n Augenoptiker-Meister/in für Bad Dürkheim ... In der „Szene“ vor Ort sorgt dies bereits für Aufregung, vor allem die Konkurrenzketten müssen sich den Erfahrungen aus anderen Städten wohl auf einen harten Preiskampf in Bad Dürkheim gefasst machen, derweil die eingesessenen Augenoptik-Fachgeschäfte den Dingen eher gelassen entgegenzusehen scheinen. Fielmann, aus eigener Sicht mit 17.000 Mitarbeitern in 700 Filialen bundesweit der Marktführer, zieht in ein nagelneu hergerichtetes Haus ein. 1951 von Funks Vater errichtet, sei es zuletzt 1985 renoviert worden, sagte Alfred Funk gestern freimütig, nachdem sich die Nachricht jetzt doch in der örtlichen Branche herumzusprechen begann. Das Haus sei jetzt 65 Jahre alt, es sei Zeit für einen neuerlichen Rundumschlag gewesen. Allein acht Wochen lang ist das Gebäude völlig entkernt worden, inzwischen sind neue Heizung und Fenster eingebaut und die drei Etagen frisch hergerichtet. In den beiden oberen Stockwerken, zuletzt von der Barmer Ersatzkasse gemietet, soll ein Ingenieurbüro einziehen, sagte Funk, der nach eigenen Angaben einen mittleren sechsstelligen Betrag in die Renovierung gesteckt hat. Im Erdgeschoss wird sich Fielmann gemäß den Firmenstandards selbst einrichten. Laut Funk ist die Eröffnung für spätestens Mitte Juni geplant. Bis dahin will Anna Alikhanjan schon viel Kaffee verkauft haben. Die gebürtige Armenierin hat vor, am 7./8. April „Annas Kaffeerösterei“ zu eröffnen – und später auch Dürkheimerin zu werden. Schon mit zehn Jahren habe sie zu Hause für Familien und Freunde Kaffee zubereitet. Jetzt mit 36 ist sie Röstmeisterin und Barista, sagte sie gestern am Telefon. Seit 2000 ist sie demnach in Deutschland, hat Kunst und Musik studiert und als Privatlehrerin Klavierunterricht gegeben. Vor sechs Jahren beschloss sie dann, ihre wahre Leidenschaft zum Broterwerb zu machen. In der offenen Manufaktur mit Verkostungsraum, wie sie ihr Konzept beschreibt, wird man „aus meinen eigenen Markenkaffees aus Peru, Guatemala, Äthiopien und Indien“ auswählen können oder sich auch nach Belieben seine eigene Mischung kreieren lassen – die Kaffeeberatung gehört dazu. Dazu serviert die 36-Jährige nach Wunsch hausgemachte Kuchen und Pralinen der Freinsheimer Chocolaterie Meier. Derzeit lebt Alikhanjan noch in Hockenheim, hat sich aber nach eigenen Worten als häufiger Gast in Bad Dürkheim „in die Stadt verliebt“, in der sie sich an ihren Heimatort erinnert fühle – daher wolle sie auch hierherziehen. Umziehen will die Buchhandlung Frank bis zum Sommer. Vom Kopf-ende des Stadtplatzes nur ein paar Schritte weiter in die Römerstraße, in die ehemalige Schlecker-Filiale. „Wir haben dort wesentlich mehr Platz“, sagte Mitarbeiter Timo Nadler gestern. So soll auch das Sortiment im Laden ausgeweitet werden. Ob der Buchhändler und seine Kollegin auch personell verstärkt werden, sei noch offen, so Nadler. Nach wie vor ihre eigenen Herrin ist Verena Grünewald. Sie hat nach nur anderthalb Jahren ihren früheren „Living Room“ in der Kurgartenstraße verlassen, um sich in der Weinstraße Nord von 35 auf 50 Quadratmeter zu vergrößern. Auch mit der Lage direkt gegenüber dem Schlossplatz ist sie glücklich: „Um Klassen besser!“ Die Ladenzeile auf der Westseite zwischen dem Salon Lerzer und dem Damenmodehaus Rissel scheint sich immer mehr zum Geheimtipp individueller Angebote zu mausern. „Laissez-faire – Café und mehr“ wird dann bald auch noch auf dem Firmenschild über dem Lädchen prangen, in dem die Kallstadterin seit der (W)Einkaufsnacht ihr früheres Sortiment an Wohnaccessoires und Geschenkartikeln jetzt im liebevoll restaurierten Ambiente des Ladenkleinods präsentieren kann, das die Besitzerfamilie Becker passend zur schönen Fassade des Wohn- und Geschäftshauses erhalten hat. Grünewald hat nach eigenen Angaben ein ähnliches Geschäftsmodell zehn Jahre lang in Altrip betrieben – „nur ohne Café“, das sich jetzt in einem gemütlichen Eckchen im Hintergrund findet. Im „Living Room“ wiederum will sich einer Information am Schaufenster nach demnächst ein Geschäft für Nageldesign niederlassen. Unklar ist derzeit nach Auskunft des städtischen Wirtschaftsförderers Marcus Brill im Rathaus, was in das zweite leerstehende Ladenlokal in der Leininger Straße einziehen wird, wo zuvor an der Ecke zur Marktgasse die Bausparkasse „Wüstenrot“ residierte. Ein ganz spezielles Geschäft für Bad Dürkheim findet sich neu am Römerplatz. In der Ladenzeile am Eissalon „Cortina“ hat sich das Ehepaar Nazan und Necdet Terzi unter dem Namen „Savarin“ ein zweites Standbein errichtet. So heißt auch ihr Restaurant am Schlossplatz mit „sattvischer sowie ayurvedisch-basischer Gourmetküche“ (sattvische Ernährungsweise gilt unter Yoga-Anhängern als gesund für Körper, Geist und Seele), das sie seit 2012 führen. Im neuen „Wellness & Beauty Store“ füllen laut Aushang vom Angelikawurzel- bis zum Zimtöl insgesamt 120 Sorten aus Pflanzen- und Wildkräutern die Regale im hellen Schichtziegel-Look, allesamt nach eigenen Angaben 100 Prozent rein und organisch. Hinzu kommen 60 Biotees, 80 Gewürzmischungen und eine Auswahl örtlicher Bioweine inklusive einer eigenen Edition unter dem Namen „Vinumdome“. Die Exklusivität hat freilich ihren Preis: 500 Milliliter Hasenherz-Öl, laut Necdet Terzi (noch ein gebürtiger Armenier) eine bestimmte Olivensorte, kosteten gestern im Angebot glatte 30 Euro.

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