Bad Dürkheim Handball-WM: Als freiwilliger Helfer hautnah dabei sein

Einmal da sitzen, wo Bundestrainer Christian Prokop Platz genommen hat: Detlef Nehrdich im Raum für Pressekonferenzen.
Einmal da sitzen, wo Bundestrainer Christian Prokop Platz genommen hat: Detlef Nehrdich im Raum für Pressekonferenzen.

Deutschland ist im Handball-Weltmeisterschafts-Fieber. Viele sehen sich die Spiele im Fernsehen oder im Internet an, einige haben Karten und reisen zu den Spielen nach Berlin, München, Köln, Hamburg oder sogar nach Herning in Dänemark. Aber mal ganz nah ran an die Spieler kommen oder sogar hinter die Kulissen blicken, das kann man nur als Volunteer, als freiwilliger Helfer. Detlef Nehrdich aus Freinsheim war als solcher bei der Vorrunde in Berlin dabei.

Zwei Stunden vor Spielbeginn müssen die Kabinen fertig sein. Vier Kästen Wasser, Obst, Müsliriegel, 20 große und 20 kleine Handtücher, 15 Kilogramm Eis und eine Massageliege müssen darin sein. Dafür sorgt das Team Service und Logistik, für das Nehrdich in Berlin eingeteilt war. Kabinen herrichten, nachher aufräumen, auf den Tribünen Fähnchen verteilen, für Nachschub sorgen, Sonderwünsche der Teams erfüllen – dafür sind die Volunteers zuständig.

Hautnah dabei

Manchmal muss eben improvisiert werden. Zum Beispiel wenn kurz vor Trainingsbeginn die Franzosen Kentin Mahe, Dica Mem und Luc Abalo gleichzeitig die Toilette aufsuchen wollen, aber nur eine Örtlichkeit aufgeschlossen ist. Auch sonst waren die Franzosen besonders. Sie hatten bei den Spielen neben der üblichen Eistonne einen kleinen aufblasbaren Eispool in der Kabine. „Die brauchten natürlich immer 65 Kilogramm Eis,“ erzählt Nehrdich, „anscheinend haben die Eis-Partys gefeiert“! Auf die Idee, sich als Volunteer zu melden, kam der 54-Jährige im August, als er bei der Leichtathletik-WM in Berlin die freiwilligen Helfer sah. Da hat er sich für die Vorrunde mit dem deutschen Team in der Mercedes-Benz-Arena beworben. Vom 8. bis zum 17. Januar war er im Einsatz. Sich freizunehmen, war für den selbstständigen Unternehmensberater kein Problem, untergekommen ist er bei Freunden in der Hauptstadt. Denn die Volunteers müssen sich selbst um Anreise und Übernachtungsmöglichkeit kümmern. Vom Veranstalter bekommen sie nur zwei T-Shirts und eine Jacke, die sie zum Dienst tragen sollen, damit sie erkennbar sind. Mit ihrer Akkreditierung dürfen sie den Nahverkehr kostenlos nutzen. Die Verpflegung ist während der Einsatzzeiten ebenfalls geregelt. Dafür dürfen sie sich in ausgewiesenen Bereichen der Halle frei bewegen und auch außerhalb ihrer Schichtzeiten in der Halle bleiben. Nehrdich hat so alle Spiele der deutschen Mannschaft und viele andere Partien in Berlin live sehen können. „Schon für das Spiel gegen Frankreich hat sich der Aufwand gelohnt!“, schwärmt er immer noch von der tollen Stimmung in der Arena, mit Glück hat er das bis zur letzten Sekunde spannende Unentschieden aus der zweiten Reihe verfolgen können. „Die Stimmung, der Lärm, man war ganz dicht dran!“ Auch jetzt noch bekommt Nehrdich eine Gänsehaut, wenn er daran denkt.

Begegnungen, die in Erinnerung bleiben

Sehr entspannt seien die Frühschichten in den Trainingshallen gewesen. Da mussten die Kabinen nur rechtzeitig fertig sein. Dann haben die Volunteers die Teams in Empfang genommen und die Handballer von Nahem erlebt. Die koreanischen Trainer waren ganz angetan vom Fitnessraum, einige hätten ganz bewundernd die weichen Auflagen der Bänke angefasst. Als Dankeschön gab es einen Anstecker. Vor allem die Brasilianer haben es Nehrdich angetan. Die Jungs seien alle „total locker und entspannt drauf“ gewesen. Mit Musik und lockerem Hüftschwung hätten sie den Kraftraum „gerockt“. Improvisation war gefragt, als die Trainer nach einem Büro oder zumindest Tisch und Stühlen verlangten, um arbeiten zu können. Nehrdich suchte und wurde tatsächlich in einem Gang fündig. Nach kurzem Möbelrücken konnte die Videoanalyse beginnen. Nach dem Training bedankten sich die brasilianischen Co-Trainer noch einmal bei ihrem Helfer und verabschiedeten sich mit Handschlag. Nicht zuletzt deshalb ist er seither ein großer Fan der Brasilianer und hat sich sehr über deren Hauptrundensiege gegen Kroatien und Island gefreut, als er längst schon wieder auf dem heimischen Sofa in Freinsheim saß. Nicht nur an die Spieler kommt man nah ran, sondern auch an andere Prominente. Markus Baur, Weltmeister von 2007, konnte Nehrdich den Weg in die Halle zeigen. Es gab zwei Selfies, eins mit Dominik Klein und ein weiteres mit Kapitän Uwe Gensheimer. „Außer Kretzsche habe ich eigentlich alle mal gesehen, die mich interessiert haben, auch Heiner Brandt, Mimi Kraus und den IHF-Präsidenten Hassan Moutafa.“

Empfehlenswertes Engagement

Manche Volunteers haben das unentgeltliche Helfen bei Sportveranstaltungen zu ihrem Hobby gemacht und sind nicht zwangsläufig der Sportart Handball verbunden. So mancher reist dafür quer durch Europa und legt den Urlaub passend zu den jeweiligen Großereignissen. „Einige hatten überhaupt keine Ahnung vom Handball“, erzählt Nehrdich, „denen macht es einfach Spaß, so nah dabei zu sein.“ Er selbst ist allerdings eingefleischter Handballer, hat mehr als 20 Jahre selbst aktiv gespielt und sein 17-jähriger Sohn ist erfolgreich bei der HSG Eckbachtal. „Abgesehen vom teilweise wenig professionellem Einsatzmanagement der Volunteers war es wirklich eine tolle Aktion. Ich glaube, so etwas mache ich mal wieder und kann es nur weiterempfehlen“, sagt er. Gelegenheit dazu gibt es. 2024 findet in Deutschland die Handball-Europameisterschaft statt.

Selfie mit Uwe Gensheimer.
Selfie mit Uwe Gensheimer.
Ergometer stehen zum Warmmachen in der Mannschaftskabine bereit. Im Hintergrund sind Snacks und Getränke aufgereiht.
Ergometer stehen zum Warmmachen in der Mannschaftskabine bereit. Im Hintergrund sind Snacks und Getränke aufgereiht.
Blick in die Kabine der deutschen Mannschaft in der Mercedes-Benz-Arena.
Blick in die Kabine der deutschen Mannschaft in der Mercedes-Benz-Arena.
Auch Obst gab’s in der Kabine.
Auch Obst gab’s in der Kabine.
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