Bad Dürkheim Herbstblues und Sommersong

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Am Puls des Dialekts spüren die „Töpelkings“ den Rhythmen und Klängen im Kurpfälzischen nach. Ihre melodische Mundart begeisterte am Freitagabend das Publikum bei der Lebenshilfe Bad Dürkheim, wo die Siegmund-Crämer-Schule zum Programm „Mundart grooves“ eingeladen hatte.

Von den ersten Takten an ist klar: Hier bestechen drei Musiker mit packendem Sound und großartig fließendem Zusammenspiel. Erwin Ditzner am Schlagzeug und Michael Herzer am Kontrabass sind für Arnim Töpel weit mehr als nur Begleiter. Bekannte Programmteile, die er meistens als Solist darbietet, präsentieren die „Töpelkings“ vertraut und prickelnd frisch zugleich. Mit ihren locker schwingenden Arrangements lassen sie gemeinsam den Blues und Jazz leben und blühen. Zwanglos, aber konzentriert läuft das Trio schnell zu Hochform auf, befeuert sich gegenseitig und wirkt ansteckend von der Bühne herunter: Es dauert wenige Momente und das Publikum gerät in den Bann seiner vibrierenden Rhythmen. Da wird zwischen weichen und härteren Klängen pointiert, während immer neue Stimmungen durch das herbstlich geschmückte Schulfoyer ziehen. Wenn Arnim Töpel, längst gern gesehener Gast bei der Dürkheimer Lebenshilfe, sich singsangartig zwischen Herbstblues und Identitätssuche bewegt, meistert er mühelos die Wechsel von Rasanz zur Nachdenklichkeit, von abgründigem Witz zu tiefem Ernst. Zudem wandelt er immer wieder seine Sprache, bettet komische Episoden in seine Lieder ein und forciert bewusst den Kontrast von Hochdeutsch und Kurpfälzisch: Hier wirkt der Kabarettist wohlbedacht und kultiviert, dort impulsiv und herzhaft-urwüchsig. Zwischen diesen Polen findet Arnim Töpel reichlich Themen, die zum Philosophieren taugen. Was er auch anstimmt und wie er dabei auch gestimmt ist, er weiß sein Publikum zu ergreifen – selbst wenn viele Zuhörer dieses Abends die dargebotenen Titel längst kennen. Während der Künstler virtuos über die Tasten seines E-Piano wischt, schnipst oder resolut auf sie einschlägt, zeigt sich sein Sprechgesang überaus wandlungsfähig. Er babbelt, haucht, munkelt und feixt ins Mikrofon. Ob es nun um die 26 O-Laute im Kurpfälzischen geht oder um das gemächliche Ausrollen aus dem fossilen Zeitalter, Töpel fängt eindrückliche Bilder ein und skizziert sie mit der großen Kunst kleiner Andeutungen. Längst nicht alles braucht dieser Mann auszusprechen. Manchmal reicht ein mimischer Wink oder Kommentar, der das Publikum mit lachendem Einverständnis auf seine Seite zieht. Er hebt Dinge hervor, aber er lässt auch die Wörter im fließenden Vortrag schleierhaft zerrinnen. Manche herkömmliche Lebensweisheit wird überraschend umgedreht – „man weiß von einem Menschen oft mehr, bis man ihn kennenlernt“. Gehämmert und gestampft wird das bekannte „Fa umme“. Die unverbindliche Vereinzelung einer verdüsterten „Singlewelt“ tritt zutage und im Gegensatz dazu träumt einer in zarten, lyrischen Tönen dem viel gesuchten Glück nach. Töpels besondere Stärke ist bei alledem seine versöhnliche Art von Satire. Er legt keine spöttische Geringschätzung an den Tag. Auch wenn seine kabarettistische Schlagkraft zielsicher bleibt: Statt zu verunglimpfen, öffnet er Türen für die versteckte Poesie, für alltägliche Nischen, in denen überraschend tiefe Gefühle zuhause sind. „Kä Frooch“: Das hochkarätige Trio der Töpelkings sorgt für spritzigen Genuss. Während Arnim Töpel sich beim Klatschen des Taktes selbst zum Resonanzkörper macht, verschmelzen mit seiner Stimme Herzers brillante Saitentechnik und Ditzners Schlagzeugspiel, einschließlich herrlich wischender Jazzbesen und wirbelnder Soli. Angemerkt sei noch, dass die groovige Mundart auch dem Nichtpfälzer viel sagen kann. Töpels Dialekt kommt nicht laut brüllend oder mit dumpfer Derbheit daher. Vielmehr vermittelt er heimatliche Wärme und Halt in einer allzu unterkühlten und beliebigen Lebenswelt. Als eine der heftig erklatschten Zugaben erklingt das Lied vom vergangenen Sommer. Die melancholische Melodie mit dem geraunten „allweil rum“ dürfte so mancher Zuhörer mit in den dunklen Herbstabend hinaus genommen haben.

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